Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fronttheater

Fronttheater

Titel: Fronttheater
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
…«
    »Heil Hitler, Herr Bereichsleiter«, sagte Erika kühl.
    Planitz' Begeisterung verzischte wie unter einem kalten Wasserstrahl.
    »Aber warum denn diese Förmlichkeit?« stotterte er, aus seinem wohldurchdachten Konzept gebracht. »Wir sind doch nicht in der Reichstheaterkammer.«
    »Das sehe ich.« Erika betrachtete nachdenklich die Horsd'oeuvres: kleine Porzellanmuscheln mit kulinarischen Köstlichkeiten. Im schmeichelnden Licht der Kerzen glänzte mattes Silber.
    Zögernd nahm sie Platz.
    »Rhein- oder Moselwein für die gnädige Frau?« fragte der alte Ober, nachdem er vorgelegt hatte.
    »Bringen Sie, was Sie wollen«, befahl Planitz ungeduldig.
    Der Ober nickte. Er verließ das Séparée und schloß leise die Tür.
    »Laßt euch mit dem Hauptgang für Nummer drei reichlich Zeit«, telefonierte er in die Küche.
    »Was haben Sie inzwischen erreichen können?« fragte Erika Nürnberg nach den Horsd'oeuvres. »Können Sie Irene Berthold und mich zusammen einsetzen, Herr Bereichsleiter?«
    Planitz stellte das Weinglas auf den Tisch zurück und rückte seinen Stuhl näher an den ihren. »Sagen Sie doch nicht immer Herr Bereichsleiter zu mir«, bat er leise. »Ich liebe diese Förmlichkeiten gar nicht. Ich heiße Kurt Planitz.« Er griff nach ihrer Hand. »Meine Freunde nennen mich Kurti.«
    »Sie haben mir meine Frage noch immer nicht beantwortet«, stellte Erika sachlich fest. »Komme ich nun mit Irene zusammen zum Einsatz oder nicht?«
    Kurt Planitz stellte sein Glas so heftig auf den Tisch zurück, daß der Wein überschwappte. »Zum Donnerwetter! Ich biete Ihnen hier edelsten deutschen Wein, und Sie kommen mir mit Ihrem Einsatz in Rußland. Sie scheinen wirklich völlig amusisch zu sein.«
    Erika Nürnberg sah ihn amüsiert an. Wie ein ärgerlicher kleiner Affe im Zoo kam er ihr vor. Sie wußte jetzt, daß sie ihr Ziel erreichen würde. Aber ohne den Preis zu zahlen, den sich dieser Mann dafür ausgedacht hatte.
    »Darf ich noch um ein Glas Wein bitten?« fragte sie mit kokettem Augenaufschlag.
    »Aber natürlich, mein Kind, selbstverständlich.« Planitz' Verstimmung war wie weggeblasen. Eifrig beugte er sich über ihre Schulter, als er das Glas nachfüllte. Der Duft ihres Parfüms stieg in seine Nase.
    Mit einer hastigen Bewegung stellte er die Flasche auf den Tisch, riß Erika in seine Arme und drückte einen Kuß auf ihren Hals.
    Erika bog den Kopf zurück und stieß ihm den Ellbogen in den Bauch. Es wirkte fast unabsichtlich, daß ihre linke Hand das Weinglas umwarf und sich auf den Klingelknopf stemmte.
    Als Planitz den Kellner bemerkte, ließ er von Erika ab. Schwer atmend stützte er sich auf eine Stuhllehne und starrte den Kellner wütend an. »Was wollen Sie denn hier!« keuchte er.
    Der Kellner betrachtete den Bereichsleiter nachdenklich. Planitz' Anzug war zerknittert. Die sorgfältig gebundene Krawatte hing schief.
    »Auf Wiedersehen, Herr Bereichsleiter«, verabschiedete sich Erika höflich. »Und vielen Dank für Ihr Entgegenkommen.«
    »Und was machen wir nun mit dem Diner?« fragte der Ober mit geschult unbewegtem Gesicht.
    »Stiften Sie's der Winterhilfe!« schrie Planitz und flüchtete aus dem Séparée.
    Die Leitstelle der Fronttheater im Bereich Ost, Unterbereich Mittelabschnitt, lag in einem alten Mietshaus gegenüber dem Stadttheater von Smolensk.
    Vor den verhängten Fenstern pfiff ein eiskalter Nordwind und trieb den Schnee fast waagrecht durch die Straßen. Ein Kradmelder der Ortskommandantur schlitterte mit seiner Maschine vor die Haustür.
    »Fernschreiben für Garten, Fritz«, sagte er, als er in das überheizte Zimmer trat.
    »Geben Sie her.«
    Garten quittierte und wartete, bis der Mann wieder gegangen war. Dann riß er den Umschlag auf und zog das Telegramm heraus. »Aus Berlin. Von Planitz«, sagte er über die Schulter. Walter Meyer schwang seine Beine vom Bett und kam neugierig näher. »Was will er denn? Sollen wir vielleicht auch noch die ›Jungfrau von Orleans‹ für die Landser spielen?«
    Fritz Garten grinste vergnügt. »Nee. Im Gegenteil.« Er schob Meyer das Telegramm über den Tisch.
    »SOFORT ABSETZEN FAUSTAUFFÜHRUNGEN STOP VORBEREITET KABARETTPROGRAMM STOP NICHTGEEIGNETES PERSONAL NACH BERLIN ZURÜCKSENDEN STOP TRUPPE WIRD VON HIER AUFGEFÜLLT – PLANITZ!«
    »Mensch«, sagte Walter Meyer. »Daß wir das noch erleben!«
    Fritz Garten sprang auf und begann aufgeregt im Zimmer auf und ab zu gehen. »Weißt du, was das bedeutet, Walter?« Sein hageres Gesicht
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher