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Fronttheater

Fronttheater

Titel: Fronttheater
Autoren: Heinz G. Konsalik
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abend bibbern werden in diesem Kostümchen?«
    Die Generalprobe ist beendet. Sonja steht im kurzen Röckchen und einem engen Blüschen vor Walter Meyer.
    Walter Meyer tröstet seine Kollegin. »Wenn das Haus voll ist, wird's schon mollig werden! Menschliche Wärme, verstehst du?«
    »Soll das 'ne Einladung sein?« fragt Sonja und legt schmachtend den Kopf schief.
    »Reden führst du!« tadelt Meyer. »Die Neuen denken bestimmt, du wärst so, wie du redest …«
    Die ›Neuen‹, das sind Irene und Erika. Seit drei Wochen sind sie bei der Theatertruppe. Seit drei Wochen proben sie täglich zehn bis zwölf Stunden für das neue Programm.
    Jetzt ziehen sie sich in den engen Umkleideräumen dicke Pullover und lange Hosen an.
    Nur Lore sitzt noch in ihrem dünnen Kostüm auf einer Kiste. Sie starrt vor sich hin.
    »He – Lorchen!« Erika stößt ihre Kollegin an. »Willst du gleich so bleiben? Premiere ist erst in zwei Stunden!«
    Und dann sieht sie, wie Lore die Tränen über das Gesicht kullern. Lautlos weint das junge Mädchen vor sich hin.
    Erika wird sofort aktiv.
    »Komm, Irene, pack mal mit an!«
    »Keine Widerrede!« kommandiert sie die Weinende.
    Die beiden Schwägerinnen ziehen gemeinsam die schluchzende Lore um. Wie ein Kind.
    Lore läßt alles mit sich geschehen. Aber ihre Tränen hören nicht auf, über das schmal gewordene Gesicht zu rollen.
    Erika und Irene arbeiten schweigend. Erst als Lore fertig angezogen ist, sagt Erika – und sie gibt Lore dabei einen aufmunternden Klaps: »Wein dich ruhig aus – und dann vergiß endlich diesen Herrn namens Jupp!«
    Lore sieht ihre Kolleginnen fragend an. »Ihr wißt?«
    »Fritz Garten hat es uns erzählt. Wir wollten wissen, warum du immer so traurig bist«, erklärt Irene.
    Lore ist schon wieder in ihre Lethargie versunken. »Ich weiß nicht einmal seinen ganzen Namen«, murmelt sie. »Er ist der erste Mensch, den ich geliebt habe – der erste …«
    Garten kommt herein. Er hat die letzten Worte gehört.
    »Komm, Lore!« Er faßt das Mädchen am Arm und führt sie zur Tür. »Jetzt legst du dich noch eine Stunde hin.«
    Lore nickt und weint noch immer.
    »Ich habe ja an die Einheit von deinem Jupp geschrieben«, sagt er, »aber wahrscheinlich sind sie im dicksten Einsatz. Da dauert die Post schon länger als gewöhnlich.«
    Irene nimmt Garten das weinende Mädchen ab. »Ich nehme sie mit zu mir«, sagt sie. »Ich glaube, sie möchte nicht allein sein.«
    Garten und Erika bleiben in der Garderobe zurück. Eine Weile schweigen sie. Erika ordnet ihre Schminkutensilien. Zwischen Puderdose, Augenbrauenstift, Wimperntusche und Schwamm steht ein kleiner Stoffhase.
    Garten sieht das kleine Tier. »Ein Talisman?« fragt er.
    Erika nickt.
    »Von lieben Händen?« fragt Garten.
    »Ja«, antwortet sie lauter als notwendig. »Von sehr lieben Händen.« Und nach einer kleinen Pause: »Ich bin verlobt.«
    Garten nimmt sich eine Zigarette, er fingert ein Feuerzeug aus der Tasche und dreht an dem kleinen Rädchen.
    »Darf ich helfen?« fragt Erika und will nach dem widerspenstigen Feuerzeug greifen.
    »Nein – danke.« Es klingt fast grob und feindselig.
    Erika starrt Garten betroffen an.
    »Entschuldigung«, murmelt er. »Es ist nur – ich will keine Hilfe. Ich muß lernen, mit einer Hand auszukommen.«
    Endlich springt der Funken an den Docht.
    »Na also«, sagt Garten und versucht ein Lächeln. »Es geht alles, man muß nur wollen.«
    Erika sieht nachdenklich auf Gartens leeren Ärmel. »Ich würde Sie gern etwas fragen«, sagt sie leise.
    »Nur Mut!« fordert Garten sie auf und lächelt sie an.
    »Wir kennen uns noch so wenig. Und Sie – Sie …« Erika stockt. Dann gibt sie sich einen Ruck. »Wollen wir uns duzen?« fragt sie. »Bei der Arbeit duzen wir uns doch auch meistens …«
    Garten nimmt ihre Hand. »Gern«, sagt er, »sehr gern – wirklich.«
    Erika hat alle Burschikosität verloren. Sie ist sogar ein wenig rot geworden. »War das Ihre – Verzeihung – deine schwierige Frage?« erkundigt er sich.
    »Nein.« Sie setzt sich auf einen Hocker und sieht zu ihm auf. »Es ist keine Neugier – oder doch. Aber es ist mehr. Ich möchte so gern wissen, wie das alles …« Sie nimmt Gartens leeren Ärmel und hält ihn hoch, »… und Miriam …«
    Garten zieht ihr langsam den Ärmel aus der Hand. »Walter hat gequatscht, was?« fragt er. Aber seine Stimme klingt warm.
    »Du darfst es ihm nicht übelnehmen. Ich habe ihm sehr zugesetzt. Eine halbe Flasche Wodka mußte ich
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