Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fromme Wünsche

Fromme Wünsche

Titel: Fromme Wünsche
Autoren: Sara Paretzky
Vom Netzwerk:
Untersuchungen gleich
dutzendweise abzuwürgen. Ich würde nur zu gern morgen mit Derek zum Kloster
rausfahren, aber er hört ja nicht mal auf mich, wenn die Sterne günstig stehen
- geschweige denn heute. Mit Bobby ist es das gleiche.“
    Ich hatte einen entmutigenden Nachmittag am Telefon
hinter mir. In einem längeren Gespräch hatte mir Bobby ein Kapitel aus dem
Strafgesetzbuch mit der Überschrift „Begünstigung“ vorgelesen, weil ich Novick
nicht früher ans Messer geliefert hatte. Er wollte nichts von meiner
Geschichte wissen und lehnte es ab, den Erzbischof und Pelly verhören zu lassen.
Bei der Beschuldigung von Mrs. Paciorek blieb ihm einfach die Luft weg. Bobby
war erzkatholisch; er legte sich nicht mit einem Kirchenfürsten an. Und auch
mit keiner Fürstin.
    Derek Hatfield hatte sich
noch weniger hilfsbereit gezeigt. Mein Vorschlag, O'Faolins Abreise wenigstens
um achtundvierzig Stunden hinauszuzögern, stieß auf frostige Ablehnung. Wie
schon oft im Laufe unserer Beziehungen beendete ich die Diskussion mit einer
rüden Bemerkung, worauf er den Hörer auflegte.
    Das Gespräch mit meinem Anwalt Freeman Carter
verlief erfolgreicher. Er war genauso skeptisch wie Bobby und Derek, aber er
versprach zumindest, mir ein paar Namen zu besorgen.
    „Ich werde rechtzeitig im Kloster sein“, versprach
Murray.
    „Nichts für ungut, aber ein Dutzend Männer mit Colts
wäre mir lieber.“
    „Meine liebe Miss Warshawski, unterschätzen Sie
nicht die Macht der Feder.“ Ich lachte ein bißchen gezwungen. „Wir nehmen's auf
Tonband auf“, versprach Murray. „Und zum Fotografieren ist auch jemand da.“
    „Dann muß uns das eben reichen... Und Onkel Stefan
nimmst du mit zu dir?“
    Murray verzog das Gesicht. „Nur, wenn du die Beerdigungskosten
übernimmst, falls Lotty mir auf die Schliche kommt.“ Er war Lotty oft genug
begegnet, um ihre Wutausbrüche zu fürchten.
    Ich sah auf die Uhr: kurz vor sechs. Es wurde Zeit,
Freeman in seinem Club anzurufen, bevor er zu seinem Arbeitsessen ging. Sal
ließ mich das Telefon in dem Kabuff benutzen, das sie als Büro bezeichnet: ein
fensterloses Zimmerchen gleich hinter der Bar. Durch einen Spion konnte man den
gesamten Barraum überblicken. Was Freeman zu sagen hatte, war kurz und bündig.
Er nannte zwei Namen: den von Mrs. Pacioreks Anwalt und den ihres Maklers. Der
Makler hatte für Corpus Christi Ajax-Aktien im Wert von zwölf Millionen Dollar
erworben.
    Ich pfiff vor mich hin, als Freeman aufgelegt hatte.
Das war ja hochinteressant. Mir blieb noch Zeit für einen Anruf bei Ferrant im
Büro. Er hörte sich sehr müde und abgekämpft an. „Ich habe heute mit der
Geschäftsleitung gesprochen und dringend gebeten, so schnell wie möglich einen
endgültigen Nachfolger für mich zu benennen. Sie brauchen einen, der sich um
die Versicherungsgeschäfte kümmert, sonst geht alles in die Binsen. Ich
vergeude meine ganze Kraft bei Besprechungen mit Rechtsverdrehern und
Finanzgenies, und für meine Maklertätigkeit habe ich keine Zeit, obwohl das
mein Fachgebiet ist.“
    „Roger, vielleicht habe ich die Lösung für dein
Problem. Ich möchte dir nichts verraten, weil du sonst deinem Partner und der
Geschäftsleitung Bescheid sagen müßtest. Möglich, daß es nicht klappt, aber je
mehr Leute davon wissen, desto geringer ist die Chance.“
    Er überlegte offensichtlich. Als er wieder sprach,
klang seine Stimme plötzlich fast so energisch wie früher. „Ja, du hast recht.
Ich werde dich nicht drängen... Könnten wir uns heute abend sehen? Vielleicht
zum Essen?“
    „Aber erst spät. Sagen wir um zehn?“
    Das paßte ihm gut, denn seine Besprechungen würden
sich noch mehrere Stunden hinziehen. „Kann ich der Geschäftsleitung Hoffnung
machen?“
    „Solange du nicht verrätst, woher du's hast...“
    Als ich zum Tisch zurückkam, hatte Murray auf einem
Blatt eine kurze Mitteilung für mich hinterlassen; er sei unterwegs zu Gil, um
ihn für unseren Plan zu gewinnen. Er wolle es noch bis zur Spätausgabe
schaffen.
    Es war inzwischen Februar, doch das Wetter hatte
sich nicht wesentlich geändert. Es war eisig. Ich genoß den einzigen Vorteil,
den der Toyota im Vergleich zu meinem eigenen Fahrzeug bot: Die Heizung
funktionierte. Ich überlegte während der Fahrt, ob es zu riskant wäre, direkt
vor der Haustür der Pacioreks zu parken. Gesetzt den Fall, Dr. Paciorek war
genau wie O'Faolin der Meinung, daß ich umgelegt werden müßte? Damit konnte er
unter Umständen den Ruf
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher