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Frösche, die quaken, töten nicht: Roman (German Edition)

Frösche, die quaken, töten nicht: Roman (German Edition)

Titel: Frösche, die quaken, töten nicht: Roman (German Edition)
Autoren: Vera Sieben
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war aber todsicher, dass
sie zu ihrem Kaffee nur ein Brötchen mit Nusscreme genossen hatte – eine kleine
Abweichung von ihrem üblichen Frühstück, das gewöhnlich aus Cola und Schokolade
bestand.
    Das Büfett
in der Mitte des Raumes war ästhetisch und sauber angerichtet: ordentlich in einer
Reihe stehende Glaskannen mit Flocken neben den Körnern, dem Müslimix und den verschiedenen
Quarksorten. Die Ananasstücke, Apfelscheiben, Orangen- und Melonenschiffchen bildeten
erfrischende Farbkleckse. In der Mitte ein Düsseldorfer Radschläger aus Marzipan,
von dem Liv gern genascht hätte. Stattdessen schlich sie weiter um den Tisch herum,
als wäre der Täter darin versteckt. Irgendwie war er es auch. Das sagte ihr ihr
Bauchgefühl. Auf diese innere Stimme konnte sie sich meist verlassen – bis dato
zumindest.
    Langsam
ging sie weiter durch den Raum. Wie an einer Linie ausgerichtet, standen die Tische
mit weißen Decken, Stoffservietten und blank poliertem Besteck. Nur der Tisch des
Toten war verschoben. Sicher hatte er ihn mit seinem schweren Leib beim Vornüberkippen
verrückt. Jedes Detail begutachtete sie fotografisch mit Kopf und Kamera.
    Das energische
Öffnen der Tür erschreckte Liv nur kurz. Gekonnt und geübt verschwand das iPhone
in Windeseile erst in ihrer Hand, dann unbemerkt in der Hosentasche. Schritte folgten.
Die Polizei und die Spurensicherung okkupierten, sternförmig ausscherend, den Raum.
Zwei kamen schnurstracks auf Liv zu.
    »Ach, du
dickes Elend!«, schnellte es aus ihrem Mund. Sie schaute genauer hin. »Alles, nur
nicht der, bitte nicht!«, flüsterte sie und schaute dem Feind ins Auge.

6
     
    Voran schritt zielstrebig ein sehr
großer, schlanker Mann. Liv hielt seinem Blick stand.
    ›Er sieht
immer noch verdammt gut aus.‹
    Ihr Gesicht
verzog sich zu einem breiten Lächeln. Seine aufgerissenen Augen zeigten seine Überraschung,
Liv hier zu sehen.
    »Ich ahne
nichts Gutes«, sagte er, als er, die Hände in die Hüften gestützt, vor ihr stehen
blieb. Er ließ den Blick nicht von ihr, auch nicht, als er sie lapidar seinem Kollegen
vorstellte: »Finn, das ist Liv Oliver, sie ist Kriminalreporterin. Sei vorsichtig
mit dem, was du sagst, sie schreibt über unsere Arbeit für Zeitungen und Magazine.
Sie denkt von sich, dass sie objektiv und fair berichtet, dabei ist sie nicht immer
liebevoll zu uns. Halte sie in Schach! Bis ich mit ihr rede, kann sie vorerst noch
hier im Raum bleiben. Aber, Liv, beweg dich nicht vom Fleck, ich bin gleich wieder
bei dir.«
    »Zu Befehl,
Herr Kommissar!«, sagte Liv leicht anzüglich.
    Finn blieb.
Liv konnte die Gedanken des jungen Assistenten lesen: ›Was macht sie hier? Wieso
ist sie vor uns hier? Was hat sie mit dem Toten zu tun? Wieso kennt der Chef sie?‹
    »Ich mache
hier Wellness-Urlaub«, sagte Liv ungefragt. Finn nickte und behielt jede ihrer Bewegungen
– wie ihm geheißen – weiter schweigend im Auge.
    Liv grinste
in sich hinein, ihre Arme hinterm Rücken verschränkt, und beobachtete. »Hallo, Liv,
na, hast du Lunte gerochen?«, fragte einer der Männer im weißen Overall im Vorbeigehen.
Liv erinnerte sich nicht an seinen Namen. Er erwartete keine Antwort.
    Sie sah
dem Kommissar nach.
    ›Es ist
ein bisschen wie damals, als wir uns kennenlernten. Eine wirklich nette Erscheinung,
kein Wunder, dass ich mich schon einmal in ihn verliebt habe. Fünf Jahre her ist
es, da stand er in Niederkassel neben einer Leiche, der das Messer noch im Rücken
steckte. Er ragte aus den vielen Menschen heraus, nicht nur wegen seiner Größe.
Er hat irgendwie das gewisse Etwas.‹
    Liv betrachtete
die eineinhalb Jahre mit Frank im Rückblick als schön und wild. In der hart erkämpften
gemeinsamen Freizeit ging es mit seinem Motorrad auf Kurztrips nach Kaiserswerth
zum Bummel durch die historische Altstadt oder zum Benrather Schloss oder vor die
Stadtgrenzen ins Neanderthal-Museum. In einer ihrer Wohnungen in Büderich oder Oberkassel
versuchte Frank damals, Liv durch neue Kochrezepte von gesunder Kost zu überzeugen,
oder Liv las ihm aus Büchern mit Reiseberichten vor. Trotz diverser Gegensätzlichkeiten
hielt die Beziehung länger als gewöhnlich für zwei Arbeitstiere, die Berufen mit
unmöglichen Arbeitszeiten nachgingen. Letztlich haperte es wohl nicht nur an den
Gegensätzen, sondern an der Gemeinsamkeit, dass jeder von ihnen seine Arbeit mit
der ihm eigenen Besessenheit ausführte – dumm halt, dass sie im Grunde auf verschiedenen
Seiten arbeiteten und auf
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