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Frisch gepresst: Roman (German Edition)

Frisch gepresst: Roman (German Edition)

Titel: Frisch gepresst: Roman (German Edition)
Autoren: Susanne Fröhlich
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wie im neunten Monat. Ich bin dick. Erst eine Entbindung und dann das. Phantastisch.
    »Gestern«, knurre ich sie an und schlurfe weiter. Auf dem Gang geht’s zu wie am Hauptbahnhof. Alle huschen aufgeregt herum, und hinter mehr oder weniger geschmacklosen Tankstellensträußen nuscheln irgendwelche strahlenden Kerle: »Wo bitte gibt’s denn Vasen?«
    Sehe ich vielleicht aus wie Krankenhauspersonal oder wie die Fleuropsachverständige der Station? Wer weiß. Im Toilettenvorraum herrscht Discowaschraumstimmung. Heiteres Bademanteltreffen der jungen Mütter. Hier wird richtig angegeben. Durchschnittskindergebärerinnen haben kein leichtes Spiel. Über 9 Pfund oder Frühchen. Das kommt an, erregt Interesse. Heldinnen sind die »Ohne-Narkose-Frauen«. Eine im garantiert ungebleichten Baumwollmantel haut richtig auf den Putz: »Diese PDA -Frauen sind doch Waschlappen.« »Na«, sage ich, »dann machen Sie einer echten Waschläppin mal Platz, meine Blase ist nämlich mittlerweile aus der Narkose aufgewacht.«
    Kleiner Lacher für mich. Waren doch wohl noch mehr PDA -Frauen dabei. Mit der PDA ist es ähnlich wie mit dem Lifting. Gibt’s eine zu, sind alle erleichtert. Nachdem ich mich erleichtert habe, wage ich einen ersten prüfenden Blick in den Spiegel. Wie sehe ich als Mutter aus? »Gesicht 97 werde ich damit nicht«, denke ich und watschle von dannen. »Ein paar Stunden Schlaf, und das Leben ist vielleicht wieder mein Freund«, informiere ich meine Zimmergenossinnen, um die nächste Zeit ein bißchen meine Ruhe zu haben. Ich sehe gerade noch, wie die Tratschner vom Fenster und die Waschbecken-Inge sich quer über mein Bett Blicke zuwerfen, und ziehe die Decke bis zu den Ohren. Unter der Bettdecke halte ich es leider nicht lange aus. Zu warm. Ich habe Hitzewallungen, als wäre ich direkt vom Entbinden in die Wechseljahre eingetaucht. Kaum habe ich meinen Kopf wieder ordentlich auf das Kissen gebettet, geht’s los. Erst Frau Tratschner und ihr spektakulärer Kaiserschnitt und dann Inge, die partout im Vierfüßlerstand entbinden wollte und empört ist, daß »so ein High-Tech-Krankenhaus noch nicht mal Fußbodenheizung hat«.
    Ich nicke zustimmend, verzichte auf weitere Nachfragen, und da ich wenig Lust habe, das gerade Erlebte noch mal im Detail zu schildern, fange ich mit den elementarsten Krankenhausfragen an: »Wie ist das Essen, warum haben wir kein Fernsehen auf dem Zimmer, und wo kann man rauchen?«
    »Das Essen ist Geschmackssache«, meldet sich Inge, »aber immerhin reichlich.« »Also, mir langt’s nicht, aber unten im Erdgeschoß gibt’s einen Kiosk für die Extrakalorien, wir stillenden Mütter brauchen doch Kraft«, unterbricht sie Frau Tratschner und schlürft schnell noch ein Schlückchen Malzbier. »Das gibt eins a Milch«, sagt sie und schaut dabei voller Glück auf ihre Oberweite. Neunzig, Doppel D – mindestens.
    Wem’s gefällt. Aber selbst meine sonst eher bescheidenen Brüste haben fatale Ähnlichkeit mit denen von Pamela Anderson. Ein ganz neues Gefühl.
    Es klopft. Christoph erscheint. Er hat es tatsächlich geschafft! In seiner Hand ein gigantischer, wundervoller Pappkarton. Was kann allein der Gedanke an eine Pizza für eine Freude machen. »Ich hole dir schnell einen Teller und Besteck«, grinst Christoph und drückt mir den Karton in die Hand. Ich murmele ein »Danke schön« und fange schon mal an. Wäre ja schade, wenn die schöne Pizza kalt würde, nur weil Teller und Besteck nicht rechtzeitig da sind. Und eigentlich essen sowieso nur Leute wie Christoph Pizza mit Messer und Gabel.
    Da sind Sardellen drauf. Seit wann hat die Pizza Nummer eins Sardellen? Egal, ich picke die Sardellen runter und lagere sie erst mal auf meinem Nachtschränkchen. Nicht gerade appetitlich, aber besondere Umstände erfordern besondere Maßnahmen.
    Da poltert die Oberlippenbartschwester ins Zimmer. Im Arm ein Baby. Bestimmt meins. Nicht, daß ich es sofort erkannt hätte, aber da aus den anderen Betten keine Reaktion kommt, muß es wohl meins sein. »Claudia, bist du es?« Ich rücke etwas, und die Schwester legt Claudia neben mich. Die Haare, die Steckernase, sie ist es wirklich. »Aber keine Pizza fürs Kind«, reißt die dralle Huberta ein Witzchen. »Ne, die kriegt nur die Sardellen, habe ich ihr schon reserviert«, scherze ich zurück und gewinne wenigstens eine Freundin. »Stück Pizza, Schwester Huberta«, frage ich der Form halber meine neugewonnene Freundin, und zu meinem Entsetzen antwortet sie
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