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Frisch gepresst: Roman (German Edition)

Frisch gepresst: Roman (German Edition)

Titel: Frisch gepresst: Roman (German Edition)
Autoren: Susanne Fröhlich
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stellt und brüllt: »Max, komm sofort her«, hat ratz-fatz ein Dutzend Kinder an der Backe. Und wer möchte schon, daß das eigene Kind Dutzendware ist? Keiner, oder? Absolut unmöglich sind ja diese ›Hey, was bin ich aber kreativ‹-Eltern, die ihr Kind Samsara, Roxalla oder Turgor nennen. Weils auf indianisch »aufgehende Sonne« oder »strahlende Stute« heißt. Oberpeinlich. Allein die Vorstellung: »Das sind Uschi und Hartmut und ihre Tochter Samsara Julietschkah (mit h hinten).«
    Was tut man so einem armen Wesen nur an. Mit diesem Namen ist ein biederes Leben fast unmöglich. Da muß man es mindestens zur Künstlerin mit zwei schneeweißen Angorakatzen bringen, sonst führen solche Namen garantiert direkt auf die Couch. Zur Analyse. Was das kostet, wissen alle, die schon mal eine gemacht haben.
    Die Ausgabe kann man sich und dem Kind ja nun ersparen.
    Ich habe neulich sogar eine ehemalige Schulkameradin getroffen, die ihren Sohn Andrea genannt hat. Andrea. Erst war ich geschmeichelt. Ich heiße nämlich selbst so. Bis mir einfiel, daß da geschlechtermäßig was nicht stimmt. »Hör mal, Gudrun«, versuchte ich es taktvoll, »Andrea ist ein Mädchenname.«
    »Aber nicht in Italien«, konterte sie geübt. Da war ich richtiggehend baff. Hatte sich die Akne-Gudrun doch echt einen Italiener geangelt. Gewußt wie. Stille Wasser und so. »Und zieht ihr auch runter? Wohnt ihr am Meer?« Gudrun guckt doof, war schon immer eins ihrer Spezialgebiete. »Wieso Meer? Wieso runterziehen? Wir wohnen immer noch bei den Eltern, unterm Dach, der Jürgen und ich. Den Jürgen kennst du doch, der aus der Parallelklasse mit dem grünen Mokick.« Logisch erinnere ich mich an den Jürgen. Feuchter Küsser, aber super Mokick. Immerhin. »Und warum heißt euer Kind nicht Andreas – mit einem s?« »Weil’s langweilig ist, so heißt doch jeder. Wir wollten was Besonderes. Schließlich ist unser Kind auch was Besonderes.« »Wieso, hat’s zwei Pimmel?« will ich fragen, halte mich aber etwas zurück. Sein Leben lang wird dieser Bub blöd angeguckt. Erst von seiner Mutter, die ja gar nicht anders gucken kann, und dann von allen, denen er sich vorstellt. Wenn der sich mit 24 irgendwo namentlich präsentiert, denkt doch jeder gleich an Transsexualität oder Hormonprobleme. So Eltern und so ein Name. Das Leben kann scheißbrutal sein.
    Christoph hat diese Geschichte nur mäßig überzeugt. »Nur weil du schlicht Andrea heißt wie der Sohn von dieser Gudrun, muß doch unser Erstgeborenes nicht gerade Claudia heißen. Ich sehe sie vor mir, furztrocken, langweilig, schlechte Dauerwelle, Bankangestellte«, hat er rumgenölt. Das kann er übrigens super. Nicht richtig ausrasten, toben, streiten und schimpfen, sondern eher larmoyant lamentieren. War mir aber egal. Über Kleinigkeiten diskutiere ich nicht gerne. Wo kommen wir denn da hin. Wir sind ja nicht mal verheiratet.
    Wenn er mir in zwei Jahren durchbrennt, sitze ich mit einer Anna Lisa da und wollte eigentlich ’ne Claudia. Nee.
    Dr. Wiedmann ist fertig mit Nähen. »Nadelarbeit hab ich schon immer gemocht«, versucht er zu scherzen. »Schön, daß ich Ihnen doch noch so eine Freude bereiten konnte«, versuche ich einen ironischen Konter, der aber leider verhallt, dawir, die neue Kleinfamilie, Vati, Mutti und das Kind, in einen sogenannten Aufwach- und Ruheraum geschoben werden.
    »Ich will nicht ruhen, sondern essen, und gib das Baby her«, raunze ich Christoph an. Er legt mir unsere Tochter auf den Bauch. So gewaschen und angezogen sieht sie schon besser aus. Schulnote 3– würde ich sagen. Viele Haare, aber auch viel Nase. Modell Steckdose. Volle Lippen. Glück für das Kind. Ich habe dieses Modell Strich im Gesicht. Schmale Lippen eben. Was das bedeutet, weiß jede: »Ich bin nicht wild und leidenschaftlich, Sinnlichkeit ist mir fremd, ich bin kalt, berechnend und liebe die Macht.« Ist nicht von mir, habe ich aus einem Psychotest – »Was mein Gesicht über mich verrät«. Danke, Gesicht, wirklich toll, so eine Ausstrahlung.
    »Christoph, ich habe Hunger, einmal die Eins und dazu das ein oder andere Blatt Salat«, beauftrage ich meinen Lebensgefährten.
    »Wie kannst du in einem solchen Moment an Essen denken, in diesen ersten Minuten unserer neuen Familie. Soviel Romantik und Emotion, und du willst dich schon wieder vollfressen, unglaublich«, antwortet der Mann, der es sonst mit Romantik und ähnlichem nicht so hat. Typisch. »Und außerdem, wolltest du nicht direkt nach der
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