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Frisch gemacht!

Frisch gemacht!

Titel: Frisch gemacht!
Autoren: Susanne Fröhlich
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runter. Ich packe sie und halte sie so weit von mir weg wie möglich. »Los geht’s«, gebe ich das Startzeichen. Es passiert nichts. »Ich kann nicht«, jammert sie. Da setzte ich unser beider Leben aufs Spiel, und Claudia hat Ladehemmung. »Wieso denn nicht?«, entfährt es mir genervt. »Weil alle gucken«, beginnt sie zu weinen. Eins ist damit klar – zum Exhibitionismus neigt dieses Kind mit Sicherheit nicht. »Claudia, keiner kann dich sehen, die Mama steht doch mit dem Rücken zur Fahrbahn.« Ich kenne keine Schamgrenze und mache Animationsgeräusche
untermalt durch: »Na los jetzt, mal feste drücken.« Meine Anspornversuche bleiben nutzlos. Nichts geschieht. Keinerlei Resultat. Meine Arme werde schwer. Claudia wiegt etwa 16 Kilo, und die so ohne weiteres minutenlang so weit wie möglich von sich entfernt über den Boden zu halten, ist nicht ganz einfach. »Ich will wieder ins Auto, alle sehen meinen Popo«, geniert sich meine Tochter. »Nein«, ich bleibe hart. »Claudia, du musst, wir haben gehalten, dann leg auch los, ich möchte noch vor Einbrauch der Dunkelheit wieder im Auto sitzen.« Wir legen eine Pause ein, zur Entspannung, und ich setze sie kurz ab. Da bekommen wir auch schon Gesellschaft. Die Polizei.
     
    Na toll. »Kommen wir jetzt ins Gefängnis?«, fragt Claudia direkt den Ersten, der aus dem Wagen springt. »Nein«, sagt der Schnauzbartträger, »aber Sie wissen sicher, dass das hier nicht der geeignete Rastplatz ist. Man darf hier nicht einfach so halten.« Er guckt streng, und ich nicke eifrig. Polizei ruft bei mir, trotz nahezu jeglicher Gesetzestreue, sofort ein schlechtes Gewissen hervor. Gehen meine Blinker, habe ich alle Papiere, ist mein TÜV abgelaufen, habe ich ASU , oder war ich mal wieder zu schnell? Ich habe ehrlich gesagt einen kleinen Hang zum schnellen Fahren. »Meine Tochter muss nur mal«, entschuldige ich mich beim Gesetzeshüter Nummer eins. Die Kollegin ist mittlerweile auch ausgestiegen. »Ja dann aber flott, ich kenne das«, übt sie sich in Frauensolidarität. »Sie kann nicht mehr, weil alle ihren Po sehen können«, erkläre ich die problematische Situation. »Was machen wir denn da?«, überlegt der Bärtige. »Ich hab’s«, sagt die Kollegin, deren Pferdeschwanz neckisch unter der Schirmmütze hervorlugt.
    »Wir fahren dichter an Sie heran, und dann bist du ganz geschützt und keiner kann deinen Po sehen«, macht sie Claudia einen Vorschlag. »Macht ihr auch euer blaues Licht an«, stellt meine Tochter noch Bedingungen. »Machen wir«, lacht der Bartträger, und tatsächlich, er tut es. Claudia ist verzückt. »Ihr müsst aber weggucken«, erweitert sie ihren Verhandlungskatalog. »Selbstverständlich«, antworten die zwei. Gesagt, getan. Und Claudia macht. Mit Blaulicht und unter Polizeibewachung. Die nette Polizistin hilft mir sogar noch mit einem Päckchen Tempos aus. Dann winken sie uns sogar wieder auf die Autobahn zurück. Zehn Minuten Standstreifen haben mein Bild von der Polizei entscheidend verändert. Wer ab jetzt Freund und Helfer beleidigt, kriegt es mit mir zu tun. Der einzige Nachteil der Geschichte: Claudia wollte tagelang am liebsten nur noch mit Blaulicht aufs Klo.
     
    Christophs Biorhythmus hat es sich überlegt, er geht doch joggen. Ich mache mich an Claudias Zimmer. Aussortieren für den Flohmarkt. Das Zimmer selbst sieht wie ein Flohmarkt nach einem verheerenden Unwetter aus. Claudia hat, bevor sie aus unserem Badezimmer ein Exotarium gemacht hat, diverse Gehege in ihrem Zimmer errichtet. Langeweile habe ich so die nächste Zeit jedenfalls nicht. Mit zwei blauen Müllsäcken verbringe ich zwei Stunden in Claudias Chaos. Jedes Kleinteil, das ich entsorgen will oder für den Flohmarkt rauslege, wird heftig umkämpft. »Nicht das, ich will das behalten, das ist mir«, zetert meine Tochter. Egal, ob es sich um zerfledderte Juniortütenpräsente oder Babyrasseln handelt. Wie jedes Mal nehme ich mir
auch diesmal vor, ab jetzt jeden Monat ordentlich auszumisten. Mindestens. Ich ködere meine Tochter damit, dass ich ihr anbiete, vom Flohmarkterlös was tolles Neues zu kaufen. »Geht eine Barbie?«, will sie wissen. »Klar«, sage ich und verkneife mir zu sagen, dass wir schon 12 nackte Barbies mit abgeschnittenem Haar in einem ihrer Spielkästen liegen haben. Ein Phänomen bei Barbies ist die Tatsache, dass Barbies immer sofort ausgezogen werden und seltenst wieder angezogen. Schon weil das für dreijährige Kinder eine fast unlösbare Aufgabe ist.
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