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Friesenschnee

Titel: Friesenschnee
Autoren: Gmeiner-Verlag
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die Jungs nicht von der Stange rutschen. Wir wollen gemeinsam ein wenig Demokratie wagen.«
    Ohmsen war geplättet. Demokratie und der Präsi, das schloss sich aus. Er konnte nur vorsichtig nachfragen. »Du hast die Macht aus deinen Händen gegeben?«
    Der Präsi ruderte jedoch sofort zurück. »Nein, es geht bei mir nicht viel anders als bei dir. Du musstest ja auch deine Arbeit notgedrungen auf breitere Füße stellen. Erst Pimmel, danach Halbedel, und jetzt dieser kleine blonde Hase, der selbst bei Lollo durchgefallen ist. Bist du dir sicher, dass du alles noch fest im Griff hast?«
    Natürlich hatte Ohmsen zurzeit nichts mehr richtig im Griff außer zuvor das Lenkrad des klapprigen Transit, der abseits der Hünengräber abgestellt war. Dem Präsi schien nicht entgangen zu sein, dass er ein wenig neben der Spur lag. Aufmunternd klopfte er ihm deshalb auf die Schulter. »Mensch, H 2 O, ich habe alles genau wie du gemacht. Wir haben hier sozusagen einen Rat gebildet, dem Doc und ich angehören. Ein bisschen so wie früher bei Perry Rhodan. Im Rat werden alle grundlegenden Dinge beschlossen, die ich vorschlage.«
    Ohmsen blieb skeptisch. »Und wenn Doc anderer Ansicht ist als du?«
    »H 2 O, also wenn du denkst, dass wir beide im Rat ehrlose Lumpen sind, dann hast du ein völlig schiefes Bild gewonnen. Warum soll nicht einmal jemand im Rat eine andere Meinung vertreten?«
    »Weil du nicht mehr das alleinige Sagen hast. Du weißt doch am besten, wie schnell es gehen kann, wenn du dich nicht mehr durchsetzen kannst.«
    Der Präsi beäugte ihn misstrauisch. »Wie kommst du denn auf die Idee, dass ich mich nicht mehr durchsetzen kann? Wenn Doc eine andere Meinung hat, bekommt er einfach kein Geld mehr von mir. Der ist dann ganz schnell wieder meiner Meinung.«
     
    Das konnte Ohmsen sich lebhaft vorstellen. Er nickte zustimmend, um keine schlechte Stimmung aufkommen zu lassen. Misstrauisch beäugte er das immer kräftiger werdende Feuer und nutzte es, um das Thema zu wechseln. »Ihr lasst die Funken aber ganz schön hoch fliegen.«
    Der Präsi blickte jetzt mit einem dämonischen Gesichtsausdruck zurück. »Die müssen auch hoch fliegen, um zu zeigen, dass wir Hualewjonken fest zu den Traditionen unserer Insel stehen. Wenn nur ein einziger Funke davon das Strohdach der Villa gegenüber erwischen würde, dann wäre in Utersum niemand böse darüber. Die Hausbesitzerin hat ihren Protztempel nämlich genau auf die Ecke eines unserer Hünengräber gesetzt. Wenn der Besitzer ein Kerl wäre, dann hätten wir ihm längst die Klöten abgeschnitten. Aber die Besitzerin soll eine verhuschte Rheinländerin sein. Kann nicht schaden, wenn sie sich vor Angst ein wenig in die Windeln scheißt.«
    Überraschend stand jetzt der Präsi auf, um weiter Öl in das Feuer zu gießen. Er feuerte seine Leute rhythmisch an. »Lauter, lauter. Härter, härter!«
    Ein wildes Gejohle verriet, dass seine Leute diese Ansage verstanden hatten und auch liebten. Neben Gegröle und Gesang wurde jetzt alles betrommelt, was Lärm erzeugen konnte.
    »Was wird denn hier gefeiert, wenn man fragen darf?«
    Der Präsi grinste breit. »Darfst du. Wir sind dabei, das Fell von jemandem zu versaufen, der uns über den Tisch ziehen wollte.«
    Wenn der Präsi so um den heißen Brei herumredete, dann bedeutete das nichts Gutes. Hans-Harald Ohmsen blickte sich vorsichtig im Kreis der Feiernden um, bevor er gegenüber dem Präsidenten zur Sache kam.
    »Der Doc bedeutete mir, dass ich Pimmel hier finden würde. Doch wo ist er? Unter uns, ich habe mindestens zwei Rechnungen mit ihm offen.«
    Der Präsi tat desinteressiert. »So, du siehst Pimmel also nicht. Die Rückseite vom Mond kannst du auch nicht sehen, aber es gibt sie. Sei versichert, Pimmel weilt friedlich nicht weit von uns.«
    Ohmsen begann ungeduldig zu werden. »Versteh mich nicht falsch, Präsi, aber ich muss Pimmel zur Rechenschaft ziehen. Es geht um viel Geld von mir, mit dem er auf der Reise ist. Alte und neue Kohle, das ist kein Pappenstiel. Das ist doch auch wichtig für euch, schließlich verdient ihr daran.«
     
    Der Präsident stierte auf seine gammeligen Fingernägel, als wenn er zum ersten Mal Unebenheiten daran entdecken würde. »Ich kann dich verstehen, H 2 O. Auch wir sind in gewisser Weise von Pimmel enttäuscht.«
    Es fiel Ohmsen schwer, sich darüber klar zu werden, worin seine Enttäuschung gelegen haben könnte. Ohmsen musste in die Offensive gehen. »Nun, Präsi, ich bin mir ziemlich
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