Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Friesenrache

Friesenrache

Titel: Friesenrache
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
Schreiben bewies eindeutig, dass er in den Mordfall Kalli Carstensen verwickelt war. Zu diesem Schluss kam jedenfalls Thamsen, nachdem er einen Blick auf das Stück Papier geworfen hatte.
      »Herr Dr. Münsterthaler«, schaltete er sich nun ein, »ich muss Sie leider festnehmen. Es besteht der begründete Verdacht, dass Sie den Landwirt Kalli Carstensen ermordet haben.«
      Wie aus heiterem Himmel drehte der Jurist sich plötzlich auf dem Absatz um und ergriff unvermittelt die Flucht. Alle waren völlig perplex und blickten dem Anwalt zunächst nur sprachlos hinterher. Die eiligen Schritte hallten laut über den Asphalt.
      Wieder war es Haie, der den Schreck über Martin Münsterthalers Reaktion als Erster überwand.
      »Mensch, der haut ab!« Er stieß dem Kommissar mit dem Ellenbogen in die Seite und nahm im gleichen Augenblick die Verfolgung auf. Thamsen, der durch den Seitenhieb endlich reagierte, spurtete ebenfalls los, gefolgt von Tom und Marlene.
      Doch Martin Münsterthaler hatte bereits einen guten Vorsprung. Durch einige kleinere Nebenstraßen und den Kreishafen war er Richtung Hochbrücke gerannt. Beinahe bedrohlich ragte das riesige Eisenkonstrukt – das Wahrzeichen Rendsburgs – nur wenige Hundert Meter von ihm entfernt in den Himmel.
      Völlig außer Atem hielt er einen kurzen Moment inne und starrte auf den Koloss aus Stahl und Eisen, ehe er dann auf einen der Brückenpfeiler zustürmte.
      Thamsen hatte den Hausmeister in der Zwischenzeit überholt und war Martin Münsterthaler ziemlich dicht auf den Fersen. Als er den flüchtenden Anwalt auf den Eisenträger zurennen sah, erkannte er sofort, was dieser vorhatte. In 40 Metern Höhe lag hier eine über 187 Stufen zu erreichende Aussichtsplattform. Ihm war klar, dass der Flüchtige in seinem gegenwärtigen Zustand wahrscheinlich stark selbstmordgefährdet war und vermutlich versuchen würde, sich von der Plattform in die Tiefe zu stürzen. Bei dem Gedanken an den fallenden Körper durchzuckte Thamsen ein Adrenalinstoß, und seine Füße verselbstständigten sich geradezu, als er sah, wie der mutmaßliche Täter den Aufgang erreichte.
      Der Treppenaufgang war überraschenderweise nicht wie üblich verriegelt, doch Martin Münsterthaler registrierte diesen Umstand gar nicht. Er hatte keinerlei Gedanken daran verschwendet, wie er hinaufgelangen wollte. In seinem Kopf drehte sich alles einzig und allein um die Frage, wie er dieser unerträglichen Situation entkommen konnte. Er hatte sowieso nichts mehr zu verlieren. Das Einzige, was ihm überhaupt jemals etwas bedeutet hatte, war ihm genommen worden. Was hatte sein Leben jetzt noch für einen Sinn? Zwei Stufen auf einmal nehmend, preschte er die Treppe zur Aussichtsplattform hinauf, bis sein Weg plötzlich durch eine korpulente alte Dame versperrt wurde, die nach Atem ringend mitten in dem engen Treppenaufgang saß. Mit hochrotem Kopf und großen Augen blickte sie ihn an.
      »Sie haben ja gar keinen Helm auf«, rügte sie ihn und tippte dabei mit ihrem Zeigefinger gegen ihre signalgelbe Kappe. Anschließend vollzog ihre Hand einen Richtungswechsel und deutete auf seinen Kopf. Martin Münsterthaler fühlte sich von dem demonstrativen Fingerzeig wie aufgespießt. Eine Hitzewelle durchfuhr seinen Körper, zornig blitzte er die anklagende Frau an.
      »Lassen Sie mich vorbei!«, zischte er.
      Doch sein Gegenüber ließ sich von seinen wütenden Blicken und dem bedrohlichen Unterton in seiner Stimme nicht beeindrucken. Demonstrativ erhob sich die Dame und betonte ihre unumstößliche Absicht, ihn ohne Helm nicht auf die Plattform zu lassen, durch ein resolutes Verschränken ihrer Arme.
      »Ohne Helm darf hier niemand rauf. Das ist polizeilich verboten.« Der Mann war mit der Konfrontation total überfordert. Plump versuchte er, sich an der Gegnerin vorbeizuzwängen, doch ohne Erfolg. Die Frau blieb standhaft und hinderte ihn mit ihrer nicht unbeachtlichen Leibesfülle am weiteren Aufstieg.
      Dirk Thamsen war es unterdessen gelungen, die letzten Absätze beinahe geräuschlos zu überwinden und sich so dem Anwalt unbemerkt zu nähern. Er hatte bereits einige Treppenstufen unterhalb des Abschnitts, in dem der Verfolgte auf ein scheinbar unüberwindliches Hindernis gestoßen war, die Chance erkannt, den Flüchtigen endlich überwältigen zu können.
      »Und die Polizei ist auch schon da«, knüpfte er an die vorangegangene Standpauke an. Erschrocken fuhr Martin Münsterthaler
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher