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Friesenluege - Ein Nordfriesland Krimi

Friesenluege - Ein Nordfriesland Krimi

Titel: Friesenluege - Ein Nordfriesland Krimi
Autoren: Sandra Duenschede
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›Betreten Sie diesen Bereich bitte nur mit Schutzkleidung‹ verkrampfte sich sein Körper vollends. Es war nicht das erste Mal, dass er einer Obduktion beiwohnte, aber die Vorstellung der vielen toten Menschen hinter dieser Tür machte ihn beklommen. Und es waren wirklich viele. Zwischen 3.000 und 4.000 Tote durchliefen das größte Leichenschauhaus Deutschlands jedes Jahr. Hamburg gönnte sich den Luxus, jeden unerklärlichen Todesfall in der Rechtsmedizin untersuchen zu lassen. Bei dem Gedanken an die zahlreichen Leichen konnte einem mulmig werden.
    Er betrat den kleinen Nebenraum, in dem Kittel und weitere Schutzkleidung bereitgehalten wurden. Vor einem der Waschbecken stand Herr Holst, der Sektionsassistent.
    »Geht gleich los«, kündigte er an, als er den Kommissar sah. Nielsen zog sich einen der grünen Kittel über und nahm sich ein paar Schutzüberzieher für die Schuhe. Herr Holst reichte ihm einen Mundschutz, den Peer anlegte, während er dem Assistenten zum Sektionsraum folgte.
    »Ich hole ihn dann mal«, kündigte Herr Holst vor den Kühlfächern an. Er öffnete eine der schweren Metalltüren und zog einen der vier Toten heraus. Auf einer Bahre schob er den Körper dann in den gegenüberliegenden Raum. Nielsen wartete, bis der Assistent die Leiche auf den Sektionstisch gehievt hatte, und trat dann neben den Toten.
    In dem grellen Licht und der beklemmenden Atmosphäre hätte Peer den Mann beinahe nicht wiedererkannt. Er zog das Bild aus seiner Tasche und hielt es neben den Kopf.
    »Oh, haben Sie die Identität feststellen können?« Dr. Choui und sein Kollege Dr. Lutz betraten den Raum.
    »Ist nur ein Verdacht.« Doch der Tote auf dem Tisch ähnelte dem Foto schon sehr.
    »Na, dann wollen wir mal«, kündigte der Rechtsmediziner an und streifte sich ein paar Latexhandschuhe über. Peer Nielsen trat einen Schritt zurück, während Dr. Choui sich an der Leiche zu schaffen machte. Er klopfte dem Toten mehrmals heftig auf den Schädel, dann wendete er den Körper mithilfe des Assistenten. Dr. Lutz sprach währenddessen das Protokoll in ein Diktiergerät. »Die Kopfschwarte im hinteren Bereich unter einer äußerlich recht unscheinbaren Riss-Quetschwunde kräftig feucht-schwärzlich unterblutet in einem bis zehn Zentimeter messenden Areal.«
    Herr Holst begann mit der Schädelöffnung und schnitt hierfür die Haut zwischen Hinterkopf und Scheitel bis knapp unterhalb der Ohren ein. Das anschließende Geräusch der elektrischen Säge fuhr Peer durch Mark und Bein.
    »Mhm«, kommentierte Dr. Choui das freigelegte Hirn. »Geschwollen, aber fast gar nicht erweicht.«
    »Was heißt das?« Peer war mit Kopfverletzungen nicht vertraut. Seine letzten Mordopfer waren erschossen oder vergiftet worden.
    Der Rechtsmediziner zuckte mit den Schultern. »Sehen wir mal weiter.« Ganz offensichtlich wollte er keine voreiligen Schlüsse ziehen und machte sich daher daran, den Leichnam mit einem Schnitt von der Brust bis zum Schambereich zu öffnen. Peer schluckte, als der Mediziner die Organe entnahm und untersuchte, und hoffte, dass es nicht allzu lange dauerte. Sein Müsli von heute Morgen meldete sich in seinem Magen. Zwanghaft versuchte er, an etwas anderes zu denken. Bloß nicht übergeben. Er schaute zur Seite, doch der Blick aus der Glasscheibe des Sektionssaales war auch nicht besser. Frau Schiller, eine weitere Sektionsassistentin, schob gerade eine verkohlte Brandleiche vorbei.
    »Also«, Dr. Choui riss sich die Latexhandschuhe herunter. »Wir müssen die Ergebnisse der toxikologischen Untersuchung abwarten. Aber wenn sich da nichts findet, würde ich sagen, der Mann ist an der Schlagverletzung gestorben. Obwohl die nicht tödlich gewesen sein kann.« Er kratzte sich am Ohr.
    »Wann kann ich damit rechnen?«
    »Naja, heute ist Freitag«, bemerkte der Rechtsmediziner, während sie gefolgt von Dr. Lutz den Sektionsraum verließen. Zurück blieb Herr Holst, der nun die Schnitte der Obduktion vernähen und den Leichnam säubern würde. »Eventuell morgen Nachmittag. Ich schaue mal, was sich machen lässt.« Gemeinsam entledigten sie sich der Schutzkleidung und gingen hinauf ins Erdgeschoss. Für Peer war es wie ein Auftauchen aus einer anderen Welt. »Ich melde mich«, verabschiedete sich der Rechtsmediziner und winkte kurz, als Nielsen das Institut verließ. Draußen atmete er tief durch. Erst jetzt bemerkte er den leicht süßlichen Geruch, der an ihm zu haften schien.

5. Kapitel
    Thamsen legte seinen Finger auf den
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