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Friesenkinder

Friesenkinder

Titel: Friesenkinder
Autoren: Sandra Duenschede
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als eindeutig. Oder glaubst du etwa, eine der Patientinnen hat was damit zu tun?« Haie grinste bei dem Gedanken daran, wie eine Hochschwangere versuchte, den Arzt umzubringen. Er hatte in den letzten Wochen hautnah miterlebt, wie Marlene immer runder geworden war. Zum Schluss hatte sie sich kaum noch vom Sofa wälzen können.
    »Also ausschließen können wir es momentan jedenfalls nicht. Auch wenn es sehr unwahrscheinlich ist.«

7.
     
    Haie war an diesem Montagmorgen wie immer bereits früh auf den Beinen. Er wusste nicht, ob es am Alter lag, aber egal zu welcher Jahreszeit oder an welchem Tag, er wachte immer um 5:30 Uhr auf. Dann musste er in der Regel auf die Toilette und anschließend schlurfte er in die Küche und stellte die Kaffeemaschine an.
    Noch bis vor einigen Jahren war er eher ein Langschläfer gewesen, aber im Lauf der Zeit war er immer früher wach geworden, da ihn der Harndrang aus dem Bett trieb.
    Nach dem Frühstück machte er sich auf zur Arbeit, diesmal, wie gewohnt, auf dem kurzen Weg an der Wehle vorbei. Es war noch dunkel und der schmale asphaltierte Streifen war nur bis zum Klärwerk beleuchtet und dann erst wieder auf dem Abschnitt direkt zur Schule. Aber Haie hatte letztes Jahr in eine zusätzliche Lichtquelle investiert und war jetzt im Winter besonders dankbar dafür. Die Stirnlampe wirkte zwar etwas albern, leistete aber gute Dienste. Der Weg vor ihm war hell erleuchtet.
    An der Schule war es noch ruhig. Für gewöhnlich war er der Erste. Er trabte vom Fahrradständer durch die Trinkhalle und steuerte auf den Eingang zu. Sein morgendlicher Kontrollgang begann im Hauptgebäude. Er überprüfte insbesondere im Winter, ob die Heizung lief, und schaltete überall das Licht an. Als er jedoch heute auf die Eingangstür zusteuerte, blieb er plötzlich stehen.
    Jemand hatte an die gläserne Eingangstür ein Hakenkreuz geschmiert. Die weiße Sprühfarbe leuchtete selbst in dem noch schummrigen Licht. Haie rieb sich seine Augen, als traue er ihnen nicht, und ging dann langsam auf die Schmiererei zu. Die Farbe roch ganz frisch. Haie streckte den Finger aus und berührte die Zeichnung. Die Farbe war noch nicht getrocknet, sein Finger hinterließ einen Abdruck. »Mist!«, fluchte er und das weniger aufgrund seines dreckigen Fingers, sondern vielmehr, weil er wie ein Laie Spuren an einem Tatort verwischt und seine eigenen hinterlassen hatte. Er schaute sich nach allen Seiten um, denn theoretisch konnte der Täter noch anwesend sein. Eine Weile horchte er in die Dunkelheit, doch da war nichts zu hören.
    Er lief hinüber zur Turnhalle und holte sich aus dem Raum mit den Putzmitteln ein Paar Einmalhandschuhe und eine Schnur. Dann kehrte er zurück zum Eingang, sperrte die Tür auf und ging den Flur entlang zum Lehrerzimmer. Eilig wählte er Dirk Thamsens Nummer, aber dort meldete sich niemand. Er legte auf und wählte erneut. Diesmal die Nummer der Zentrale.
    »Herr Thamsen ist noch nicht im Haus«, lautete die Antwort auf Haies Frage nach dem Kommissar.
    »Es muss aber dringend jemand herkommen«, entgegnete der Hausmeister und berichtete von den Schmierereien. Die Stimme am Telefon versprach, möglichst schnell einen Kollegen vorbeizuschicken.
    »Bis dahin bitte nichts anfassen«, erklärte der Polizist und Haie schämte sich unweigerlich für sein Malheur mit dem Fingerabdruck.
    »Ja, aber beeilen Sie sich. Die ersten Schüler trudeln bald ein.«
    Er legte auf und nahm die Schnur mit zum Eingang. Dann sperrte er so gut wie möglich den Bereich ab und stellte sich davor.
     
    Wie gewohnt, betrat Thamsen am Montagmorgen als einer der Ersten den Besprechungsraum. Unter dem Arm die Berichte der Kollegen aus Kiel, in einer Hand eine Kaffeetasse balancierend.
    Den gestrigen Tag hatte er allein mit seinen Kindern verbracht, da sich weder die Husumer Kollegen noch jemand aus der Niebüller Dienststelle gemeldet hatten. Sie waren mit dem Zug nach Westerland gefahren und verbrachten den Sonntag in der Sylter Welle, einem großen Freizeitbad mit Wellenbad und Riesenrutsche. Anschließend hatten sie bei McDonald’s in der Friedrichstraße gegessen und waren dann wieder nach Hause gefahren. Um diese Zeit war der Zug nicht besonders voll, es gab nur noch wenige Touristen, daher machte Thamsen solche Ausflüge auch lieber in dieser Jahreszeit, wenn die Insel ruhiger war, und grundsätzlich nicht im Sommer.
    Er blickte auf seine Uhr und ärgerte sich über die erneute Verspätung der Husumer. Allerdings war auch
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