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Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi

Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi
Autoren: Eva Rossmann
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Mord.“
    „An jedem Mord ist etwas faul, Vesna.“
    Ich ließ sie in der Küche stehen, schlüpfte in meine Turnschuhe, packte eine dünne Jacke und meine Handtasche und ließ die Tür hinter mir ins Schloss fallen.
    Jedenfalls hatte mir Vesna meine Energie wieder gegeben.
    Ich läutete bei „Fallada+Zitz+Mayer“.
    „Ja?“, fragte eine Frauenstimme.
    „Ich komme wegen eines Zimmers.“
    „Bei uns ist alles voll.“
    „Könnte ich trotzdem einen Moment hereinkommen?“
    Die Antwort war ein elektrisches Summen, ich drückte die Gartentüre auf. Blitzsauber war alles hier, da hatte das Licht der Straßenlaternen nicht getrogen. Keine einzige verblühte Blume, kein Blatt Papier, kein noch so kleiner Riss in der Fassade. Ich ging unter dem Löwenmaul durch die Eingangstür, dann einige Stufen nach oben. In der offenen Tür stand eine Frau, etwa zwanzig Jahre alt. Sie sah mich fragend an.
    Ich lächelte entschuldigend. „Können wir drinnen reden?“
    „Ich sag es Ihnen lieber gleich, Geld, um uns irgend etwas andrehen zu lassen, haben wir nicht.“
    Im Vorraum lehnten zwei Fahrräder, der Boden war mit einem Kunstgrasteppich belegt. Diese grüne Idee gefiel mir.
    Ich beschloss, ihr die Wahrheit zu sagen. Sie war sich sicher, die Tote nie gesehen zu haben. Um ein Zimmer habe auch niemand gefragt. Ihre beiden Mitbewohnerinnen seien zur Zeit auf Studienaufenthalt in Spanien. Alle drei studierten Kunstgeschichte.
    „Und dass sonst eine Wohnung oder ein Zimmer im Haus frei ist?“
    Sie schüttelte energisch den Kopf. „Auf keinen Fall. Untervermieten ist streng verboten. Die Hauseigentümer wohnen auch hier, Ministerialrat Bernkopf. Außerdem geben sie Wohnungen ausschließlich an gute Bekannte. Wir haben die Wohnung nur bekommen, weil Susis Vater Sektionschef im Landwirtschaftsministerium ist. Sein unmittelbarer Vorgesetzter also.“ Sie grinste. „Da traut er sich nicht viel zu sagen, zumindest nicht zu Susi.“
    Fehlanzeige also. Ich wollte es trotzdem noch bei den anderen Hausparteien probieren. „Die meisten sind jetzt nicht zu Hause“, half mir die Studentin. „Unsere Nachbarin ist schon über neunzig. An einem guten Tag ist sie völlig klar und man kann wunderbar mit ihr reden. Aber sie hat nicht viele gute Tage. Sie ist ziemlich verkalkt.“
    „Und die im oberen Stock?“
    „Der Obermüller ist ein Dozent an der Technischen Universität. Geschieden. Und fast nie daheim. Die Fleischmanns sind ein älteres Ehepaar, das seit ein paar Wochen in Italien auf Kur ist.“
    „Haben sie Kinder?“
    „Falls ja, sind sie schon groß und leben nicht bei ihnen. Die Eigentümer wollen keinen Krach im Haus. Der eigene Sohn ist inzwischen auch schon erwachsen. Er ist ein Wunderknabe. Verdient jede Menge Geld, fährt einen offenen BMW und hält sich für unwiderstehlich.“ Sie verzog das Gesicht.
    „Und er wohnt da?“
    „Nein, er hat in der Innenstadt irgendein schickes Penthouse.“ Sie kicherte. „Er hat versucht, Susi damit zu beeindrucken. Aber das ist gründlich schief gegangen. Susi ist auf der Anti-Kapitalismus-Welle. Ich nicht, aber mich turnt ein solcher Idiot auch nicht an. Immerhin ist unsere Wohnung gut, wirklich gut. Das schon.“ Sie schien es zu bereuen, mir so viel erzählt zu haben.
    Trotzdem: „Was ist mit den Bernkopf-Eltern? Außer dass sie keine Kinder mögen, keine Fremden ins Haus nehmen und offenbar ziemlich viel Wert auf Sauberkeit legen?“
    Sie kicherte wieder. „Was wollen Sie noch mehr? Das ist eine perfekte Beschreibung der Bernkopfs. Tüchtig, sauber, anständig, selbstgerecht. Sie ist Hausfrau, stammt aus guter Familie und kümmert sich ständig um irgendwelche karitativen Projekte. Er ist Ministerialrat im Landwirtschaftsministerium und tut so, als ob er Minister wäre. Würdig. Aber irgendwie sind die beiden auch ganz in Ordnung. Wenn man sie nicht aufregt, dann lassen sie einen in Ruhe. Und mit den Mietabrechnungen ist auch immer alles ganz korrekt. Soll ein jeder leben, wie er will.“
    „Sind sie zu Hause?“
    „Wahrscheinlich ist sie einkaufen. Oder in der Kirche. Oder sonst wo. Er kommt erst gegen Abend.“
    Ich bedankte mich, ließ ihr für alle Fälle meine Visitenkarte da und lobte die Idee mit dem Kunstgrasboden. Sie steckte die Karte in ihre Jeans und lächelte zum Abschied. „Die alte Frau Nawratil ist sicher zu Hause. Sie kann nur mehr mit ihrer Heimhilfe außer Haus gehen. Aber wie gesagt: Die Frage ist, ob sie einen klaren Tag hat.“
    Ich atmete tief durch
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