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Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi

Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi
Autoren: Eva Rossmann
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jünger als das Vorzimmer.
    „Sie ist sicher tot?“ Ich flüsterte auch.
    „Ich habe sie geschüttelt und dann habe ich gesehen, dass sie ganz blau am Hals ist. Und dann habe ich sie wieder hingelehnt. Und dann habe ich …“
    Ich ging ganz nahe zu der jungen toten Frau hin. Eine unwirkliche Szene. Teil einer Inszenierung. Erlebnismuseum. Heutzutage will man ja aus allem ein Erlebnis machen, egal ob im Schwimmbad, beim Essen, im Urlaub oder eben in einem Museum. Es fiel mir leicht, sie zu betrachten. Blaue Flecken am schlanken weißen Hals, erst dann sah ich ihre weit geöffneten Augen. Braune Augen wie aus Glas.
    Mir wurde kalt, überdeutlich nahm ich wahr, wie sich an Rücken und Armen jedes kleine Härchen aufstellte. Der Eindruck des Unwirklichen war verschwunden. Realität war, dass diese junge Frau bis vor kurzem noch gelebt hatte.
    „Wer ist sie?“
    Ulrike zuckte die Schultern. „Keine Ahnung, ich habe sie, glaube ich, schon einmal im Museum gesehen, aber keine Ahnung, wer sie ist. In den letzten Tagen lief hier ein japanisches Kamerateam herum, und das war neben dem Normalbetrieb schwierig genug.“
    Ich kramte nach einem Taschentuch und öffnete vorsichtig den Zippverschluss ihres Rucksacks.
    „Das darfst du nicht“, protestierte Ulrike.
    „Wir müssen wissen, wer sie ist. Wir müssen die Angehörigen verständigen. Wer weiß, wann die Polizei auftaucht.“ Vorsichtig sah ich mir das wenige, das sich im Rücksack befand, an. Ein Stadtplan. Sie war wohl keine Wienerin gewesen. Eine Haarbürste. Eine angebrochene Packung Taschentücher. Ein Lippenstift, der schon lange in dem Rucksack zu liegen schien. Keine Geldtasche. Kein Terminkalender. Kein Ausweis. Vorsichtig zog ich den Zipp wieder zu. „Du warst ganz allein, als du sie entdeckt hast?“
    Ulrike lehnte in der Türe zum Museumsvorraum und ich bemerkte erst jetzt, wie bleich sie war. Ich führte sie nach draußen. „Können wir uns irgendwo hinsetzen?“
    Sie deutete auf einen Nebenraum. Der Museumsshop. Sie ließ sich auf den Sessel hinter der Kassa fallen, ich zog mir den zweiten Sessel heran.
    „Also“, begann sie, „wir haben hier im Shop Inventur gemacht. Wir sind länger geblieben als üblich. Zu dritt. Das Museum sperrt ja schon um fünf. Und als wir fertig waren, ist mir eingefallen, dass mich ein Student gebeten hatte, ein paar Seiten aus unserem Katalog für ihn zu kopieren. Also gingen die zwei anderen und ich versprach ihnen, die Schlussrunde zu machen. Ich habe kopiert und dann bin ich durch die Museumsräume gegangen. Und da habe ich sie gefunden.“
    „Und mich gleich angerufen?“
    „Nein, zuerst habe ich versucht, unsere Chefin zu erreichen. Aber sie war nicht da. Dann habe ich die Polizei angerufen und dann dich. Gefunden habe ich sie um 19 Uhr 44. Ich habe auf die Uhr gesehen, ich weiß, dass so etwas wichtig ist.“
    Ich nickte. Keine Ahnung, ob das wichtig war. „Und es war niemand mehr im Museum? Niemand hatte die Chance, das Museum durch einen anderen Ausgang zu verlassen? Oder sich zu verstecken?“ Liebe Güte, vielleicht war der Mörder jetzt noch im Haus.
    Aber Ulrike schüttelte den Kopf. „So groß ist das Museum nicht. Nach fünf ist jedenfalls niemand mehr gekommen. Kann sein, dass ein paar Besucher länger geblieben sind, weil wir noch da waren. Wir haben nicht darauf geachtet. Aber verstecken kann man sich hier fast nicht. Am ehesten noch in der Toilette, aber da habe ich nachgesehen. Und wir haben eine Alarmanlage, die auf Bewegungen reagiert. Ich habe sie für einige Minuten eingeschaltet. Nichts.“
    Also war sie doch nicht so durcheinander. In der Schule war sie dafür berühmt gewesen, bei jeder Kleinigkeit die Nerven wegzuwerfen. Gut, Menschen verändern sich. Ich konnte nun nichts anderes tun, als mit ihr auf die Polizei zu warten.
    „Gibt es irgendwo ein Fenster, das auf die Straße hinaus geht?“
    Ulrike führte mich in einen anderen Ausstellungsraum. Bilder einer jungen Frau mit intelligentem, lebendigem Gesicht. „Anna Freud“, las ich. Durch die hohen Fenster sah ich auf die Berggasse.
    „Ich habe einen Bekannten bei der Kriminalpolizei. Zuckerbrot. Er ist Leiter der Mordkommission. Ich rufe ihn an.“
    Ein roter Renault, der mit quietschenden Bremsen in zweiter Spur hielt. Dahinter ein Golf Kabrio. Zu allem Überfluss auch noch schwarz. Den Typen, der aus dem Renault sprang, kannte ich. Zu prähistorischen Zeiten hatte ich ihn sogar einmal näher gekannt, jetzt arbeitete er als
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