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Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi

Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi
Autoren: Eva Rossmann
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Katze mit dickem Kopf. Ich lockte sie und sie starrte mich unbewegt an. Es war ein milder Abend für Mitte April, gerade richtig für einen abenteuerlustigen Kater. Ich drehte an dem Türknopf der kleinen Gartentüre. Sie war versperrt. Diskret eingelassen in einem gemauerten Pfeiler ein Klingelbrett mit Namen. „Rosa Nawratil“ stand da. Der ursprüngliche Name daneben war mit „Fallada+Zitz+Mayer“ überklebt. Offenbar eine Wohngemeinschaft, wahrscheinlich Studenten. Vielleicht hatte die Tote eine Wohnung gesucht? Ich las weiter: „Mag. Obermüller“, „Fam. Fleischmann“ und dann, doppelt so groß wie die anderen Schilder, „Ministerialrat Bernkopf“. Der Herr Ministerialrat hatte also, wenn ich rechnen konnte, gleich zwei Wohnungen.
    Im Erdgeschoss brannte noch Licht, sonst waren alle Fenster dunkel. Kein Wunder, es war halb zwei in der Nacht. Über dem Hauseingang prangte ein Löwenkopf mit aufgerissenem Maul, die hohen Fenster waren mit glatten Stuckwülsten verziert. Der Kater sprang geräuschvoll von der Mülltonne auf einen umgedrehten Metalleimer. Ich zuckte zusammen. Was wollte ich hier? Höchste Zeit, heimzufahren.
    Morgen würde ich die Leute aus der Wohngemeinschaft fragen, ob jemand von ihnen den Zettel im Freud-Buch vergessen hatte. Oder ob sie eine junge Frau kannten, die vielleicht ein Zimmer gesucht hatte. Und dann würde ich meine Story schreiben und damit Ende. Mehr konnte ich zur Aufklärung des Mordes im Freud-Museum nicht beitragen. Dafür war schließlich die Polizei zuständig, Zuckerbrots fleißige Mordkommission. Auch wenn sie heute Abend ganz schön lange gebraucht hatte, bis sie am Tatort erschienen war.
    Am kommenden Wochenende sollte der Tanzpalast eröffnet werden. Das waren meine Geschichten. Ein riesiges Tanzlokal, in das niemand unter fünfunddreißig eingelassen werden sollte. Eine Marktlücke, mit Sicherheit. Da beinahe die gesamte Prominenz und erst recht die Schickimickis von Wien das Zulassungsalter schon überschritten hatten, würde die Eröffnungsparty zu einem unvermeidlichen Objekt meiner Berichterstattung werden. Man denke sich bloß: Der ehemalige Bürgermeister, Burgtheaterschauspielerinnen, die Gattin des größten Wurstfabrikanten und jede Menge Menschen, die nach Publicity gierten, auf einer Tanzfläche.
    Leider aber war ich neugierig. Wer, verdammt noch einmal, war die Tote in Freuds Vorzimmer?

[ 2. ]
    Mein Herz raste. Ich schreckte aus dem Schlaf auf. Die Beine waren verkrampft. Es ist nichts, Mira, sagte ich mir, gar nichts. Ich war schweißgebadet. Der Radiowecker stand auf 4 Uhr 55. Durchatmen. Das war kein Herzanfall, ich war viel zu jung für einen Herzanfall. Aber das Herz klopfte immer schneller. Und die Beine waren vor Anspannung fast gelähmt. Wenn es dich jetzt erwischt, wird es Tage dauern, bis dich jemand findet. Ruhig durchatmen. Ich kannte das ja schon und noch nie war ernstlich etwas passiert. Und die Zeit war auch immer dieselbe: fünf Uhr in der Früh. Durchatmen. Und aufstehen. Auf und ab gehen, bis das Herz wieder normal schlägt.
    Ich kletterte vorsichtig aus dem Bett, jeden Moment gewärtig, dass ich zusammenbrechen könnte, dass die Beine nachgeben, dass das Herz von hundert auf null geht, dass mir eine Ader im Hirn platzt und vor meinen Augen alles schwarz wird.
    Ich tappte zitternd ins Wohnzimmer und nahm einen großen Schluck aus der Whiskey-Flasche. Mein Lieblingswhiskey, irischer Jameson. Ich ging im Licht der ersten Dämmerung im Zimmer umher, noch immer mit heftig schlagendem Herzen. Ich sah aus dem Fenster um mich abzulenken. Dass um diese Uhrzeit schon Menschen auf der Straße waren … Ich nahm noch einen Schluck. Warm rann mir der Whiskey in den Magen. Ich entspannte mich allmählich. Warum hatte ich das, was ich „meinen Zustand“ nannte, ausgerechnet heute Nacht wieder bekommen? Die Tote im Freud-Museum. Wahrscheinlich. Aber ich hatte gar nicht den Eindruck gehabt, dass mich die Sache sonderlich aufgeregt hätte. Ich war doch robust, konnte leicht mit etwas fertig werden. Und so wollte ich auch weiterhin erscheinen. 39 Jahre alt, Single, mit langem schwarzen Haar, einen Meter zweiundsiebzig, vierundsiebzig – manchmal auch sechsundsiebzig, aber das ging ja niemanden was an – Kilo schwer. Immer bereit für einen Scherz, ein gutes Essen und mit einem Faible für die Verlockungen der Umgebung von Venedig. Das war ich, nicht dieses bibbernde Elend um fünf Uhr morgens.
    Ich drückte meine Stirn an die Scheibe. Das
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