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Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi

Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi
Autoren: Eva Rossmann
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weg. Ich war dem Zusammenbruch näher denn je. „Ich hatte ein Aufnahmegerät in der Tasche, aber jetzt ist es weg“, murmelte ich.
    Vesna sprang auf und begann, den Boden abzutasten. „Wir brauchen Taschenlampe“, sagte sie. „Nein, stopp, ich habe es.“
    Sie hatte es wirklich gefunden. Wir setzten uns einfach in das feuchte Gras. Ich konzentrierte mich. Jetzt bloß die richtige Taste drücken. Rücklauf. Wiedergabe. Knarren. Ein Schlag. Rauschen. Und dann, undeutlich aber verständlich, Bernkopfs Stimme: „Warum sollst du es eigentlich nicht erfahren?“
    Es war alles auf Band. Ich begann wieder zu weinen. Vesna und Oskar stützten mich. Sirenen heulten auf, dann sahen wir auch die Blaulichter. Polizisten in Uniform rannten an uns vorbei, ließen die Autos mit den sich weiter drehenden Blaulichtern mitten in der sonst so ruhigen Birkengasse stehen. Sie schienen genau zu wissen, wo sie hin wollten. Fenster wurden geöffnet. „Was ist da los?“, schrie Ministerialrat Bernkopf mit autoritärer Stimme.
    Das würde er bald erfahren. Vom Park her näherten sich drei Männer, der mittlere von ihnen schien nicht freiwillig mitzugehen. Die Uniformierten übernahmen ihn.
    Wir gingen ihnen nach zur Vorderseite des Hauses.
    Im harten Licht der Lampe des Hauseingangs sah Bernkopf junior starr und trotzig geradeaus. Zuckerbrot hatte einige Schrammen abbekommen. Vergönnt. Außerdem bot ich selbst mit Sicherheit einen viel schlimmeren Anblick. „Wie geht es Ihnen?“, fragte er mich. Es klang beinahe freundlich.
    „Jetzt gut“, antwortete ich.
    Frau Bernkopf kam aus dem Haus gestürzt. Sie stellte keine Fragen. Sie schrie sofort los: „Er hat es nicht getan, ich hab von nichts gewusst, von gar nichts, lassen Sie ihn los, sofort, sonst wird mein Mann Sie klagen.“
    Bernkopf junior sah sie böse an. „Ihr habt mich doch hingeschickt um mit ihr zu reden.“
    „Das ist alles nicht wahr“, schrie seine Mutter weiter, „er weiß nicht, was er sagt, wahrscheinlich haben Sie ihn geschlagen, oh Gott, mein armer Sohn, ich weiß von nichts. Gar nichts. Ich habe keine Ahnung.“

[ 21. ]
    Wir saßen in meiner Wohnung. Das Stiegensteigen war eine Tortur gewesen. Aber jetzt stand ein Whiskey vor mir und zwei besorgte Gesichter sahen mich an. Selbst Gismo strich vorsichtig wie selten um meine Beine.
    „Ob sie wusste, dass ihr Sohn die beiden ermordet hat?“
    Oskar schüttelte zweifelnd den Kopf.
    „Sie wollte nicht wissen, also hat sie nicht gewusst“, erwiderte Vesna.
    Ich kramte in meiner Tasche und lächelte dann. „Er hat den falschen Brief genommen. Irgendeine Rechnung in einem Umschlag. Janes Briefkuvert war größer.“
    Gemeinsam lasen wir den letzten Brief von Jane noch einmal. Wie arglos sie daran geglaubt hatte, mit den Bernkopfs über das Haus reden zu können.
    Wie es wohl Hannis Mutter gelungen war, einen letzten Brief aus Auschwitz herauszuschmuggeln? Auf welchen Umwegen der Brief wohl nach New York gelangt war?
    Ich würde nach New York fahren und Janes Eltern die Briefe bringen, oder zumindest Kopien davon. Ich würde den alten Mann in der Fifth Avenue besuchen und ihm von Jane und ihrem Mörder erzählen. „Magst du New York?“, fragte ich Oskar.
    „Ich liebe New York“, erwiderte er. Vielleicht würde er mitkommen. Vielleicht würde ich mit ihm sogar ins Veneto fahren. Die Reisetasche war schon gepackt gewesen, als Ulrike damals anrief.
    Ein warmes Gefühl durchströmte meinen Magen. Wahrscheinlich der Whiskey, oder doch auch noch etwas anderes? Man würde sehen. Alles schien auf einmal so viel Zeit zu haben.
    Ich nahm den Brief von Hannis Mutter, Janes Urgroßmutter, heraus und strich das graue Papier glatt.

[ Danke! ]
    Herzlichen Dank an Clemens Jabloner, Eva Blimlinger und Brigitte Bailer-Galanda von der HistorikerInnenkommission. Sie haben mir entscheidende Einblicke in die ganz realen Auswirkungen so genannter „Arisierungen“ vermittelt. Sie haben mir auch deutlich gemacht, dass es um viel mehr geht als um die selbstverständliche finanzielle Entschädigung. Es geht darum, die Mechanismen der Nazizeit zu begreifen. Nicht mehr länger mit erbarmungsloser Phantasielosigkeit so zu tun, als ob es im Krieg eben allen schlecht gegangen sei. Opfer und Täter zu benennen. Indifferenz für nicht zulässig zu erklären.
    Vielen Dank auch an die Direktorin des Freud-Museums, Inge Scholz-Strasser. Sie und ihre MitarbeiterInnen standen mir von Anfang an mit wichtigen Informationen zur Verfügung. Ihr
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