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Fressen ihn die Raben - Alpen Krimi

Titel: Fressen ihn die Raben - Alpen Krimi
Autoren: Prolibris Verlag Rolf Wagner
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doch für die Strapazen des Auf stieges, oder?«, wollte Hubert wissen. Und er legte vorsichtig sei ne Finger auf Elkes Nacken. Wie beim Schießtraining, blitzte ein Gedanke in ihr auf. Der Trainer hatte sie gelobt und sich ganz nah zu ihr hingestellt, dann war die Hand gekommen. Sie hatte unangenehme Nähe gefühlt, aber keine Gefahr. Mit der Waffe im Anschlag und einem dankbaren Lächeln, sie grinste bei der Erinnerung daran, hatte sie sich zu ihm hingedreht. Wie schnell der auf Distanz gewesen war und diese gehalten hatte.
    Sie schüttelte sich und griff ihren Rucksack. Mit Schwung setzte sie ihn auf und stieß dabei gegen Huberts Schulter. Wortlos ging sie zum Hauseingang, vorbei an Bergwanderern, die auf Holzbänken an rohen Tischen saßen und versonnen ins Tal schauten.
    Im Öffnen der Tür fiel ihr Blick auf ein Durcheinander von Wanderern, die sich in Richtung zur Küche knubbelten. Gleichzeitig polterten zwei Gäste mit je einem Glas Weizenbier in der Hand an ihr vorbei nach draußen. Mit einem der Männer stieß sie kurz zusammen. Bier schwappte zu Boden. Als Elke unwillkürlich nach unten sah, der andere war schon mit einem »nix passiert« vorbeigegangen, stutzte sie. Zwischen den Gummirippen einer großen Fußmatte zum Abtreten der Bergschuhe, schimmerte etwas Grünes aus dem Halbdunkel. Sie bückte sich, und ihre Finger griffen einen kleinen, zylindrigen Türkis mit rauer Oberfläche, etwa von der Stärke eines Kugelschreibers. Sie sah erstaunt auf ihren Fund in der Hand und reihte sich in die Warteschlange vor ihr ein. Das, dachte sie, erwartet man kaum, in den Alpen zu finden, schon gar nicht in einer Wanderhütte. In einer Mischung aus Skrupel und Besitzerstolz ließ sie den Stein in die Hosentasche gleiten. In dem Durcheinander hatte sie niemand beobachtet.
    Die Anmeldung und Küchenausgabe waren eins. Während die einen bereits erste Essenbestellungen aufgaben, versuchten andere noch, ein Quartier zu bekommen. Dazwischen verließen weitere Gäste die danebenliegende Stube, um ein Getränk zu bestellen oder nach draußen zu gehen. Jeder war dem Anderen im Weg. Geduldig wartete sie, bis sie sich zur Küchen-Rezeption vorgearbeitet hatte.
    »Hast du reserviert«, fragte die kräftige Frau mit einem offenen Lächeln und strich sich über den Zopf. Elke legte ihren Beleg vor und nickte. »So ist’s recht«, lobte Gundi Oberer, die Hüttenwir tin. »Du kriegst die Fünfzehn. Du bleibst doch einige Tage, richtig? Dann bist da ungestört. Wir sind heuer ziemlich voll. Die Lagerplätze hab ich fast vergeben, aber Bettenzimmer gehen immer erst an die Reservierer, verstehst?«
    Elke nickte. Wie gut, dass sie vorher gebucht hatte.
    »Und du, was bekommst du?« Gundi wandte sich an Elke vorbei an jemanden hinter ihr. »Bist wieder mal zu uns raufgekom men, so ist’s recht. Warst doch schon vor zwei Wochen hier. Hubert, ich geb dir auch die Fünfzehn. Stammgäste haben Sonderkonditionen. Bist mit der«, und dabei sah sie noch mal auf die Reservierung, »Elke auf einem Zimmer. Passt schon!« Die Genannte holte Luft, setzte zum Protest an. »Abendessen ist ab sechse, also, bis nachher.« Und damit glitt Gundis Blick zum nächsten Kunden, der sie sofort mit einer Getränkebestellung beschäftigte.
    Elke griff ihren Rucksack und versuchte, sich im Flur zu orientieren.
    »Die ist ja ganz schön handfest, diese Wirtin«, murmelte sie zu Hubert.
    »Die Gundi? Aber ja. Das musst du bei so einem großen Haus auch sein. Sonst tanzt dir die Gästeschar auf der Nase. Allerdings macht die das hier nicht allein. Ihr Bruder hilft ihr. Sind beides Bauernkinder, harte Arbeit sind die gewohnt. Trotzdem konnten die Eltern ihren Hof nicht halten. Die Plackerei brachte nur einen kargen Verdienst. Sogar eigenen Rohmilchkäse haben’s gemacht, richtig bekannt war der im Tal. Aber reich geworden sind sie nicht damit.« Er zuckte mit den Schultern.
    »Dann war auch mal in einem Jahr die Milch völlig verkeimt. Die Molkerei machte ja Eingangsuntersuchungen und drohte mit Vertragskündigung. Das Ganze konnte sich keiner erklären, so sauber wie die Oberers immer gearbeitet haben, hat’s geheißen. Kurze Zeit später kam der Hammer. Im Käse der Familie fand das Gesundheitsamt Listerien. An diesen Drecks-Bakterien kannst ja sterben. Na, das war es aus mit dem guten Ruf und dem Kas. Die Molkerei nahm die Milch von ihrem Hof nicht mehr. Find mal so schnell einen neuen Abnehmer. Das Vieh mussten sie reduzieren, und irgendwann war’s aus
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