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Fremder in einer fremden Welt

Fremder in einer fremden Welt

Titel: Fremder in einer fremden Welt
Autoren: Robert Heinlein
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angetanen Schimpf vergessen. Aber du würdest verdammt gut daran tun, mich vorher in dieses Krankenzimmer einzuschmuggeln.«
    »Ben, das hört sich beinahe an, als meintest du es ernst. Wirst du es wiederholen, wenn ich nach einem Unparteiischen Zeugen telefoniere?«
    Caxton seufzte. »Jill, du bist ein harter Verhandlungspartner. Laß den Zeugen kommen!«
    Jill stand auf. »Ben«, sagte sie leise, »ich werde dich nicht beim Wort nehmen.« Sie küßte ihn. »Mach vor einer alten Jungfer keine Witze über das Heiraten!«
    »Es war kein Witz.«
    »Na, na. Wisch dir den Lippenstift ab! Ich werde dir alles erzählen, was ich weiß, und dann wollen wir überlegen, wie du es verwenden kannst, ohne daß ich auf jene Stange komme. Ist das fair?«
    Sie gab ihm einen ausführlichen Bericht. »Ich bin sicher, daß er nicht unter Drogen stand. Ebenso sicher bin ich, daß er bei Verstand war - obwohl er auf die seltsamste Weise sprach und mir die verflixtesten Fragen stellte. Aber ich bin mir absolut sicher. Er ist nicht psychotisch.«
    »Es wäre noch seltsamer, wenn er nicht seltsam gesprochen hätte.«
    »Wieso?«
    »Benutz mal deinen Kopf, Jill. Wir wissen nicht viel über den Mars; aber wir wissen, daß Marsianer, was auch immer sie sein mögen, jedenfalls nicht menschlich sind. Stell dir vor, du wärest bei einem Stamm abgesetzt worden, der so tief im Dschungel lebt, daß er nie Schuhe gesehen hat. Wären dir die unverbindlichen Redensarten geläufig, die sich nur aneignet, wer ein Menschenalter innerhalb einer bestimmten Kulturgemeinschaft verbringt? Das ist noch ein harmloser Vergleich; die Wahrheit ist mindestens vierzig Millionen mal phantastischer.«
    Jill nickte. »Das habe ich mir auch gesagt. Darum habe ich ihm diese eigentümlichen Bemerkungen nicht übelgenommen. Ich bin ja nicht dumm.«
    »Nein, du bist sehr intelligent - für eine Frau.«
    »Hättest du diesen Martini gern in deinem Haar?«
    »Ich entschuldige mich. Frauen sind klüger als Männer; das beweist schon der Aufbau unserer Gesellschaft. Gib her, ich gieße nach.«
    Jill akzeptierte die Friedensgabe und fuhr fort: »Ben, diese Anordnung, nach der er keine Frauen sehen darf, ist töricht. Er ist kein Wüstling.«
    »Sicher soll er nicht zu viele Schocks auf einmal bekommen.«
    »Er hat keinen Schock bekommen. Er war nur. interessiert. Es war gar nicht so, als sehe mich ein Mann an.«
    »Wahrscheinlich hättest du alle Hände voll zu tun gehabt, wenn du ihm seine Bitte erfüllt hättest. Ich nehme an, daß er noch die notwendigen Instinkte besitzt - aber keine Hemmungen.«
    »Ich glaube nicht. Vermutlich hat man ihn über Männer und Frauen unterrichtet; er wollte einfach sehen, inwiefern Frauen anders sind.«
    »>Vive la difference!<«, rief Caxton begeistert.
    »Sei nicht ordinär.«
    »Ich? Das war ein Ausdruck der Ehrerbietung. Ich dankte dafür, daß ich als Mann und nicht als Marsianer geboren bin.«
    »Sei ernst.«
    »Ich bin nie ernster gewesen.« »Dann sei ruhig! Er hätte mir keinen Ärger gemacht. Er wäre mir wahrscheinlich überaus dankbar gewesen. Du hast sein Gesicht nicht gesehen - aber ich.«
    »Was ist mit seinem Gesicht?«
    Jill wußte nicht recht, wie sie sich ausdrücken sollte. »Ben, hast du schon einmal einen Engel gesehen?«
    »Dich, Cherub. Sonst noch nicht.«
    »Nun, ich auch nicht - aber so sah er aus. Er hatte alte, weise Augen in einem vollkommenen unbewegten Gesicht, einem Gesicht von unirdischer Unschuld.« Sie erschauderte.
    »>Unirdisch< ist genau richtig«, meinte Ben bedächtig. »Ich würde ihn gern sehen.«
    »Ich wünschte, das hättest du. Ben, warum hält man ihn gefangen? Er würde keiner Fliege was zuleide tun.«
    Caxton legte die Fingerspitzen zusammen. »Nun, man will ihn schützen. Er ist in der Schwerkraft des Mars aufgewachsen; wahrscheinlich ist er schwach wie ein neugeborenes Kätzchen.«
    »Aber Muskelschwäche ist nicht gefährlich. Myastenia gravis ist viel schlimmer, und wir kommen damit ganz gut zurecht.«
    »Ja, natürlich. Das konnte man ihm ansehen. Abgesehen davon soll er sich nichts einfangen. Er ist wie diese Versuchstiere in Notre Dame; er ist nie unserer Umwelt ausgesetzt gewesen.«
    »Sicher, sicher - keine Antikörper. Aber nach dem, was ich rund um die Kantine höre, hat Dr. Nelson, der Schiffsarzt der Champion, dagegen schon auf dem Rückflug etwas unternommen. Austauschtransfusionen, bis er ungefähr die Hälfte seines Blutes ersetzt hatte.«
    »Kann ich das benutzen, Jill? Das ist
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