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Fremd fischen

Fremd fischen

Titel: Fremd fischen
Autoren: Emily Giffin
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Darcy weint immer noch nicht. Sie holt tief Luft.«Rachel … ich muss dir was sagen.»Ihre Stimme klingt ruhig. Sie hält sich nicht an das Drehbuch für die verstoßene Braut. Irgendetwas stimmt hier nicht. Eine Sekunde lang glaube ich, sie wird mir sagen, dass sie alles weiß, dass sie es versteht, dass wahre Liebe siegen muss. Dass Dex und ich einfach zusammengehören.
    « Ja?», frage ich verwirrt.
    « Es fällt mir sehr schwer, es dir zu erzählen. Noch schwerer als damals, als meine Bewerbung von Notre Dame angenommen wurde», fährt sie fort.
    Das ist das erste Mal, dass sie von Notre Dame anfängt – das erste Mal seit Anfang der neunziger Jahre –, und in Anbetracht meiner jüngsten Erkenntnisse ist es verrückt. Dieses Gespräch ergibt nicht den geringsten Sinn. Vielleicht will sie mir beichten, dass sie damals auch abgelehnt wurde. Dass sie ihr ganzes Leben lang mit mir konkurriert hat. Und dass sie endlich ihre Niederlage eingestehen muss.
    « Erinnerst du dich, wie ich dir von meinem verlorenen Ring erzählt hab?»
    « Ja?»
    « Dass ich ihn bei einem Kollegen zu Hause verloren hab?»
    Jetzt bin ich völlig durcheinander. Aber Dex kapiert wahrscheinlich noch weniger. Er weiß ja nichts von dem Ring. Ich bin froh, dass ich es ihm nicht erzählt
habe. Er hat die Hochzeit abgesagt, ohne davon zu wissen.
    « Dass ich was mit diesem Typen angefangen und dabei den Ring verloren hab?»
    Es ist wie eine Folge von Three’s Company , wenn Jack und Chrissy miteinander reden, während Janet sich irgendwo versteckt und ein Gespräch voller Missverständnisse und Doppeldeutigkeiten belauscht. Ich sehe Janets Gesicht in der Nahaufnahme, schockiert und empört. Aber hier in meinem Apartment gibt es keine Missverständnisse. Was sie sagt, kann nur eines bedeutet, und Dex versteht sie richtig: Sie hat ein Verhältnis mit einem anderen angefangen. Ich stelle mir vor, wie wir nachher darüber diskutieren. Warum hast du mir nichts gesagt?, wird er fragen, vielleicht sogar vorwurfsvoll. Es hätte alles viel einfacher gemacht, wird er sagen. Und ich werde sagen, dass ich es nicht richtig fand, ihn so zu beeinflussen. Vielleicht findet er mich dann edel. Und sieht desto klarer, dass Darcy nicht die Richtige war.
    « Na ja, aber eigentlich hab ich gar nichts mit einem Arbeitskollegen angefangen.»Sie spricht langsam und betont jede Silbe.
    « Du hast deinen Ring nicht verloren?»Will sie etwa einen Versicherungsbetrug gestehen?
    « Der Typ, mit dem ich zusammen war, war kein Kollege. Es war jemand anders.»
    « Wer denn?»
    « Es war Marcus», sagt sie.
    « Marcus?»Ich bin platt.
    « Dein Marcus. Ja.»
    Natürlich. Mein Marcus. Ich bin über den Atlantik geflogen, um über ihn hinwegzukommen. Der Marcus.

    « Hasst du mich jetzt?», fragt sie seelenvoll.«Bitte sag was.»
    « Du warst mit Marcus zusammen, als du deinen Ring verloren hast? Du hast ihn bei ihm zu Hause verloren? »Ich brauche Klarheit für mich und für Dexter.
    Sie nickt. Und dann kommt ein flüchtiger Moment, in dem sie mich von der Seite anschaut – ihre Augen funkeln, und ihre Mundwinkel bewegen sich kaum merklich nach oben. Sie genießt den Augenblick. Er gehört ihr, sie hat mich schockiert und überstrahlt. Sie hat wieder gewonnen.
    Ich gebe ihr, was sie will. Ich spiele die Besiegte. Ich bin wieder einmal die würdevolle Verliererin.
    « Du hast also mit ihm geschlafen?»Ich achte darauf, dass es nicht vorwurfsvoll klingt – nur gekränkt.
    « Ja.»
    « Mehr als einmal?»
    « Ja», flüstert sie so leise, dass Dex es nicht hören kann.
    Also frage ich laut und deutlich:«Wirklich?»
    « Ja», sagt sie.
    Ich tue, als müsste ich das alles erst mal verdauen. Tatsächlich muss ich es auch, aber auf einer Ebene, von der Darcy nichts ahnt.«So», sage ich.«Soso.»
    Ich verlange keine weiteren Erklärungen, aber sie gibt mir trotzdem eine.«Es fing am Wochenende um den vierten Juli an. Wir kamen aus dem ‹Talkhouse›. Wir hatten getrunken, und eins führte zum andern.»
    « Am vierten Juli?», frage ich.
    Das wird ja immer besser.
    « Ja – aber ihm war schrecklich zumute. Und wir haben uns geschworen, dass es nicht wieder vorkommen sollte. Aber wir standen total aufeinander. Es war intensiv … Wir konnten einfach nicht voneinander lassen.
Wir fingen an, uns zum Lunch zu treffen, manchmal nach der Arbeit. Und jedes Mal hatten wir ein schlechtes Gewissen, wegen Dex – und wegen dir. Aber dann ist es immer wieder passiert … Hasst du mich?»
    Ich bin
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