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freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani

Titel: freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani
Autoren: Claudio Paglieri
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die gelben Wachtürme und das graue Dach des Gefängnisses auftauchten. Man sah Arme und Gesichter,
     die sich durch die Gitter der engen Fenster zwängten. Sie versuchten ein wenig frische Luft oder einen flüchtigen Gruß von
     irgendeinem Passanten zu erhaschen, der auf dem Weg zur Nordtribüne war.
    Marco Luciani verweilte mit dem Blick noch einmal auf dem Stadion. Seit mindestens fünfzehn Jahren war er nicht mehr dort
     gewesen, seitdem der Fußball sich so plötzlich aus seinem Leben verabschiedet hatte, wie ein Verwandter, der einer schnellen
     tödlichen Krankheit zum Opfer fällt. Er hatte dieses Spiel mit totaler Hingabe geliebt – nun haßte er es mit totaler Hingabe,
     und er empfand Mitleid für die Menschenmenge, die über die Bürgersteige strömte, knallbunte idiotische Schals am Hals, traurig
     dreinblickende Männer mit Zigarette im Mundwinkel und einem mißglückten Haarschnitt, der ihnen wohl von der Frau am heimischen
     Herd verpaßt worden war, ältere Frauen, die laute Selbstgespräche führten, und Kinder, die, an die Hand des Vaters geklammert,
     mit einem Fähnchen einherstolzierten.
    Schlachtvieh, dachte Marco Luciani, während die Funkstreife an den Mannschaftswagen der Polizei und an den Absperrungen zwischen
     den Fanblocks vorbeikam. Schließlich fuhren sie auf die Rampe, die zu den Umkleidekabinen führte. Eine Viehherde, die sich
     mit Zeitlupenanalysen und |15| Montagstalkshows berieseln ließ, um die endlosen Diskussionen später im Büro fortzusetzen. Er schüttelte den Kopf, öffnete
     den Wagenschlag und dachte, daß dies wahrlich kein Glückstag war. Aber als er die Menschentraube vor den Kabinen sah, die
     Fotografen und die Kameraleute, die sich an die Absperrungen drängten, und als er in der Luft diese knisternde, angstvolle
     Erwartung spürte, als er bemerkte, wie sich die Gesichter zweier Beamter bei seiner Ankunft entspannten, da fühlte er sich
     wie ein Held in der Arena, die Menge teilte sich, harrte seiner in blindem Vertrauen. »Kommissar Luciani kommt!« Das Adrenalin
     verjagte die trüben Gedanken und gab ihm seinen kalten klaren Blick zurück.
     
    Ein Beamter, den er nur vom Sehen kannte und der offensichtlich gerade Stadiondienst hatte, lief Luciani entgegen, bahnte
     ihm einen Weg. Sie kamen durch den Eingangsbereich der Kabinen, dann durch einen langen Korridor, bis in eine Sporthalle,
     die seit Jahren verlassen schien. Der unverwechselbare Geruch nach Turnmatten, Staub und vergammelten Seilen. Sie mußten mittlerweile
     unter der Nordtribüne angelangt sein, als sie schließlich einen Beamten sahen, der eine Tür bewachte.
    Sie betraten einen tristen, ziemlich düsteren Raum. Durch ein enges hohes Fenster fiel spärliches Licht herein. Anwesend waren
     Lucianis junger Stellvertreter Giampieri, Inspektor Calabrò und ein Schiedsrichter, der auf einem Tisch in der Mitte des Zimmers
     lag. Mausetot. Giampieri machte Eintragungen in sein Notizbuch. Er schien überrascht, den Kommissar zu sehen, und auch eine
     gewisse Enttäuschung konnte er nicht verhehlen. Er fing sich aber sofort wieder, schob die Brille an die Nasenwurzel und griff
     mit einer beherzten Geste nach der Hand des Vorgesetzten.
    »Ach, du bist also doch da.«
    |16| »Komm mir nicht zu nah, Nicola, ich habe eine Stunde Dauerlauf hinter mir.« Und wenn ihr einunddreißig Minuten später gekommen
     wärt, dachte er, hätte ich diese vermaledeite Schallmauer geknackt.
    »Ich habe es bei dir zu Hause probiert, aber du warst nicht da. Dann auf dem Piepser. Und da du kein Handy hast, wußte ich
     nicht, wie ich dich erreichen soll. Wie hast du’s erfahren?«
    »Iannece hat mich aufgegabelt. Ich war am Corso Italia. Im Notfall weiß er immer, wo ich zu finden bin.«
    Giampieri kratzte sich mit dem Kugelschreiber den fast kahl geschorenen Schädel, dann den schmalen Kinnbart.
    »Gut, dann kannst du dir den Tatort noch in jungfräulichem Zustand anschauen, so wie du es am liebsten hast.«
    »Hat er sich umgebracht?«
    »Scheint so, allerdings … Sieh es dir selbst an. Wir haben nichts angefaßt, nur den Leichnam, den haben die Sanitäter heruntergeholt.«
    »War er da schon tot?«
    »Ja, jedenfalls nach Meinung des Mannschaftsarztes. Aber das konnten sie nicht mit Sicherheit feststellen. Sie kamen rein,
     haben ihn da hängen sehen und sofort heruntergeholt. Ach ja, sie erwähnten, daß seine Hände auf dem Rücken gefesselt waren.
     Die haben sie gelöst, um Erste Hilfe zu
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