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Frauen sind auch nur Männer (German Edition)

Frauen sind auch nur Männer (German Edition)

Titel: Frauen sind auch nur Männer (German Edition)
Autoren: Hellmuth Karasek
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Stunden, also sechs Kilometer pro Stunde!
    Das lag am furchtbaren Zustand der Straßen. Fürs Übernachten in den primitiven Wirtshäusern mussten die Reisenden ihre Betten mitbringen. Unfälle und Räuber drohten auf der Strecke, vor jeder Fahrt machte man wohlweislich sein Testament. Mit sieben Jahren, man schrieb das Jahr 1763 , fuhr der kleine Wolfgang mit Schwester und Eltern von Salzburg nach München. Am ersten Reisetag brach ein Rad, das man nur durch ein geborgtes kleineres ersetzen konnte. Der Vater und der Diener, Sebastian Winter, legten die fünfundsechzig Kilometer bis Wasserburg zu Fuß zurück, um die windschiefe Kutsche zu schonen. Wolfgang Amadeus stützte sich, um den wunden Po zu schonen, während der Fahrt auf beide Hände, mit denen er anschließend musikalische Wunder zu vollbringen hatte.
    Im Dezember 1769 überquerten die Mozarts den Brenner für eine Florenzreise. Vater Leopold schrieb nach Hause: »Kein warmes Zimmer, verfrieren wie ein Hund, alles, was ich nur berühre, ist Eys!« »Eys« schrieb sich das Eis in der angeblich so guten alten Zeit. Mozarts Gesicht und Hände waren so gerötet von der Kälte und von den Feuerstellen, denen er sich auf der Suche nach etwas Wärme zu sehr genähert hatte, dass er sie allabendlich mit einer Salbe einrieb, die ihm eine mildtätige Mantuanerin geschenkt hatte.
    Mozart musste reisen, um als Wunderkind seine Familie zu ernähren und Fürsten und Bischöfe mit seinem Klavierspiel zu ergötzen. Das Wasser in den frostigen Herbergen war übrigens so dreckig (heute würden wir sagen: kontaminiert), dass es nur mit Wein zu genießen war, krank wurde man trotzdem meistens.
    Wer das liest, verzeiht der Bahn gerne, dass sie wegen ein paar verwehter Weichen vom Reisen abrät. Sie hat ja so recht! Und auch fliegen ist ja nicht schöner, wenn es stürmt, blitzeist und schneit.
    Ich denke, wer kein Wunderkind ist, sollte es mit Ringelnatz und seinem Ameisenpaar halten: »In Hamburg lebten zwei Ameisen,/die wollten nach Australien reisen./Bei Altona auf der Chaussee,/da taten ihnen die Beine weh./Und da verzichteten sie weise/auf den letzten Teil der Reise.« Und Ringelnatzens Quintessenz: »So will man oft und kann doch nicht/und leistet dann recht gern Verzicht.«

3 . Januar 2011

Die guten schlechten Zeiten
    Vergangene Jahre sind wie alte Handschuhe – zum Wegwerfen eigentlich zu schade
    Kaum ist das alte Jahr vorbei, da wünschen sich die Menschen schon ein neues. Rücksichtslos, pietätlos. Statt das alte Jahr zu behalten, in die Reinigung zu bringen oder in die Änderungsschneiderei, zum Kunststopfen nicht nur der Finanzlöcher, böllern sie sich ein neues Jahr herbei, als ob sie nicht wüssten, dass es bestimmt nicht besser als das alte ist, sondern von einem gewissen Alter (für Männer ab achtundzwanzig, für Frauen ab neunundzwanzig) nur noch abwärtsgeht.
    Jedes neue Jahr wird schlechter als das alte, bestenfalls nimmt man an Gewicht zu, was man an Intelligenz einbüßt, und gewinnt an Lebensweisheit, was man an Lebensfreude verliert. Dabei wäre es doch schön, dem alten Jahr nachzuhängen und es zu bewahren. Vielleicht geht der hartnäckige Fleck von der Weihnachtsgans aus der Krawatte raus. Vielleicht wird aus Westerwelle, wenn wir ihn zum Änderungsschneider bringen, doch noch ein beliebter Außenminister.
    Denn Westerwelle hatte offensichtlich Kleidersorgen, als er ex officio in die Türkei reiste und zur Sicherheit erklärte: »Ich bin hier nicht als Tourist in kurzen Hosen unterwegs, sondern als deutscher Außenminister. Das, was ich sage, zählt.« Inzwischen ist die Zahl drei Prozent das Einzige, was er zählen muss, und gezählt sind seine Tage im Amt. Und die FDP versucht ihn gern und vergeblich zu entsorgen wie Berlusconi den Müll von Neapel.
    Alle wollen das Alte wegwerfen, als wäre es ein Dreck. Da mir in diesem Jahr und im letzten aus gegebenem Anlass immer Ringelnatz eingefallen ist, will ich das neue Jahr mit einer Warnung vor dem Wegwerfen des Alten beginnen. Ringelnatz hat bekanntlich, ebenso wie Schiller, eine Ballade vom Handschuh und vom Wegwerfen desselben geschrieben. »Als ich den einen verlor,/Da warf ich den andern ins Feuer/Und kam mir wie ein Verarmter vor./Schweinslederne sind so teuer.//Als ich den ersten wiederfand:/Shake hands, du ledernes Luder!/Dein eingeäscherter Bruder/Und du und ich –: im Dreiverband,/Da waren wir reich und mächtig,/Jetzt sind wir niederträchtig.«
    Ich habe in den vergangenen
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