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Frauen sind auch nur Männer (German Edition)

Frauen sind auch nur Männer (German Edition)

Titel: Frauen sind auch nur Männer (German Edition)
Autoren: Hellmuth Karasek
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Braten sitzen.
    Nächste Woche möchte ich berichten, wie ich mir zur Zeit des Rinderwahnsinns Markknochen aus Italien einschmuggelte; dabei möchte ich die Frage stellen, ob Vegetarier wirklich die besseren Menschen sind.

29 . Januar 2011

Auch Hitler aß gefüllte Täubchen
    Von einem denkwürdigen Bollito misto in Zürich und der Frage, ob Vegetarier oder Fleischesser die besseren Menschen sind
    Wie versprochen, hier der Markknochen. Er fiel dem Rinderwahn zum Opfer, nachdem in England bei Rindfleischessern angeblich Fälle des Creutzfeldt-Jakob-Syndroms auftauchten. Nun begann ein Wüten und Hauen und Stechen gegen die Paarhufer, Wiederkäuer und Hornviecher.
    Ich selbst hatte das Vergnügen, an einer der Fernsehdebatten bei Sabine Christiansen teilzunehmen, und als ich am nächsten Mittag gedankenverloren im Borchardt ein T-Bone-Steak bestellte und das Blut aus dem saftigen Fleisch über meinen Teller floss, guckten mich vom Nebentisch zwei Damen mit einer Mischung aus Ekel und Bewunderung an. So muss ein Jagdflieger des Zweiten Weltkriegs während der mörderischen Luftschlachten angehimmelt worden sein. Der Zufall wollte es, dass ich die Woche drauf nach Zürich musste, wo es in der Kronenhalle an einem bestimmten Wochentag das berühmte Bollito misto vom Wagen gab, also gemischtes Siedfleisch, das sich aus folgenden Bestandteilen zusammensetzt (empfindsame Gemüter bitte weglesen!): Rindsschulter respektive Tafelspitz, Kalbszunge, Kalbsbacke, gefüllter Schweinsfuß, Zampone genannt, Cotechino-Würste, Markknochen und Poularde. Alles in einer herrlichen Brühe gar geköchelt, wozu dann Meerrettich und grüne Soße gereicht werden, dazu (hier können alle wieder mitlesen!) wunderbare Möhren, Sellerie und anderes Suppengemüse, das der Brühe eine schwach vegetarische Note verleiht.
    Ich kam also aus dem Norden, sah mein Lieblingsgericht auf der Speisekarte, und ohne mit der Wimper zu zucken, servierte mir der Ober vom Wagen auch herrliche Markknochen. In einem Lokal, in dem Dürrenmatt, Frisch und Bondy gespeist hatten, und das zu einer Zeit, als aus deutschen Fleischtheken in Kaufhäusern nicht nur das Rindfleisch, sondern vor allem die Knochen und die besonders gefährlichen Markknochen entfernt waren. Ich dachte mit einer gewissen Logik (aber vielleicht war ich, ohne dass ich es wusste, in Wahrheit schon längst vom Rinderwahn befallen): Die Schweizer, vor allem in Zürich und im renommiertesten Lokal der Stadt, die achten doch auf ihre Gesundheit. Hat die Schweiz nicht das Bircher Müsli erfunden? Und die Toblerone? Na also! Da ich damals öfter nach Zürich musste, habe ich im Unterschied zu meinen Landsleuten im tapferen Selbstversuch als Ich- AG in Serie Markknochen gegessen.
    Ich wollte als Totschlagargument gegen den Vegetarismus (letzte Woche angekündigt) Hitler anführen, der Vegetarier war. Aber »Spiegel TV « hat mir das Thema zerstört. Hitler aß neben Apfelstrudel und Graupensuppe auch gefüllte Täubchen und Schweinswürste. Vegetarier war er nur zeitweise, wegen seiner Blähungen. Seither weiß ich: Auch wir Fleischesser sind keine besseren Menschen als Karen Duve.

5 . Februar 2011

Das Volk, zerreißend seine Kette
    Und jetzt Ägypten. Was uns die Weltgeschichte über das Ende von Revolutionen lehrt. Ein Blick zurück im Zorn
    Revolutionen gelten in der Historie als Purgatorien: reinigende Fegefeuer der Weltgeschichte. Sie sprengen altes, erstarrtes Unrecht in einer gewaltigen Explosion aus Blut und Pulverdampf hinweg, sie brechen verkrustete soziale Strukturen auf, sie schaffen, wenn auch blutig, Bahn für das Neue: »Durch Nacht zum Licht« oder, wie es Marx und Engels im »Kommunistischen Manifest« für die Entrechteten, Enterbten und Unterdrückten als Schicht und Klasse formuliert haben: »Ihr habt nichts zu verlieren als eure Ketten.« Mit Schillers Worten: »Das Volk, zerreißend seine Kette, zur Eigenhilfe schrecklich greift!« Delacroix’ berühmt-pathetisches Bild »Die Freiheit führt das Volk an« ist das Bild der Revolution schlechthin: Marianne mit entblößter Brust und gereckter Trikolore sich aus einem Berg von Leichen erhebend.
    Erleben wir jetzt eine solche Befreiung? Und können wir ihr leuchtenden Auges sogar bequem aus dem Fernsehsessel folgen?
    Ein Tyrann wird gestürzt, ein kleptokratisches, dreißig Jahre erstarrtes Regime aus blinder Gier und korruptem Terror von der Straße durch die Straße weggefegt. Ist das so, im Moment in Ägypten und in Tunis? Wir
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