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Frau Prinz pfeift nicht mehr

Titel: Frau Prinz pfeift nicht mehr
Autoren: A Scheib
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rabiat. Wie die Jungen heute so sind. Letzte Woche, als es
     so heiß war, hat sie den Garten gesprengt. Mit dem Schlauch, wissen Sie. Da hat die Prinz rübergebrüllt, daß die Molden stinkfaul
     sei, den Garten verkommen ließe, aber kostbares Wasser vergeuden, für das die Leute in Afrika stundenweit laufen müßten, das
     könne sie. Daraufhin hat die Molden einfach den Schlauch auf die Prinz gehalten, die hätten Sie mal hören sollen, wie die
     gekreischt hat. Sie hat die Molden bei der Polizei angezeigt |23| . Man weiß noch nicht, was dabei herauskommt. Aber ich kann die Molden verstehen, ich hätte die Prinz auch ganz gern umgebracht,
     die hat uns allen die Freude am Garten vermasselt, die hat gepfiffen wie ein Flötenkessel. Und gesungen. Uraltes Volksgut,
     Bierzeltmischung, nicht zum Aushalten. Immer durch die Gärten, gnadenlos. Und immer schlecht geredet über die junge Molden.
     Dabei war sie nur neidisch, daß sie eine Matrone ist und die Molden jung und bildschön. Und über ihn hat sie verbreitet, daß
     er was mit einer Patientin hat. Er ist Heilpraktiker, wissen Sie, kein richtiger Doktor, aber er sieht knackig aus.«
    Die beiden Beamten stiegen in ihren Wagen, sie gaben nicht zu erkennen, ob sie die Familienverhältnisse der Moldens interessant
     fanden. Kemper gabStrobl ein Zeichen loszufahren. Strobl hätte fast Frau Tinius mit dem automatischen Fensterheber den Hals
     eingeklemmt, weil sie unbedingt noch die Information loswerden wollte, daß die Frau Molden ihre Zwillinge nicht richtig erziehe.
     »Die ist selber fast noch ein Kind! Ich könnte Ihnen Geschichten erzählen über |24| die   ... Wenn Sie Informationen wollen, Tinius mein Name, Max-Ernst-Straße 73, ich habnämlich die tote Prinz gefunden!«
     
    »Die Tinius und die Schwinghammer wären eine Bereicherung für jede Geisterbahn«, sagte Strobl mürrisch, doch Kemper ging nicht
     darauf ein, und Strobl überlegte laut, wie alt diese Molden wohl sein könne. Höchstens Mitte Zwanzig, vielleicht auch jünger,
     meinte Kemper, aber ihn interessiere lediglich die Frage, warum der Tod ihrer Nachbarin sie so kalt gelassen habe.
    »Ob das ein Unfall war?« fragte Strobl gedehnt. »Es könnte doch auch Totschlag sein, vielleicht sogar Mord.« Kemper schwieg,
     und Strobl sah ihn ungeduldig an. »Glaubst du, daß die Molden etwas damit zu tun hat?«
    »Keine Ahnung, warum sollte sie, vielleicht wegen des geklauten Bonsai?«
    »Na ja«, sagte Strobl in plötzlich aufwallendem Mitgefühl, »wenn die Prinz die Moldens immer provoziert hat, da kann sich
     im Laufe der Zeit schon Haß entwickeln.«
    |25| Kemper sah grübelnd an Strobl vorbei, er versuchte, sich zu erinnern.
    »In diesem Haus war schon mal was los. Ein Unfall. Sturz oder so was. Jedenfalls ein Toter. War lange vor meiner Zeit, ich
     habe es aber noch so am Rande mitgekriegt. Vielleicht müssen wir uns mit der Vergangenheit beschäftigen. Du weißt doch, wenn
     es um Tötungsdelikte geht, und das nehme ich jetzt mal an, dann müssen wir uns immer mit deren Psychologie beschäftigen. Das
     heißt, wir bewegen uns in einem Raum, der unscharf begrenzt ist und viele Perspektiven zuläßt. Sieh mal, Strobl, wir kennen
     den Tathergang nicht, oder nur ungenau, wir kennen den Täter nicht, und über das Opfer, diese Prinz, wissen wir nichts. Wir
     haben es vielleicht mit einer weitverzweigten Vorgeschichte zu tun   ... «
    »Da magst du recht haben, aber deine Vorträge hältst du besser in der Polizeischule. Ich kapier das alles nicht. Und überhaupt
     – ich bin ab morgen sowieso für die Kindesentführung eingeteilt. Die haben noch keine brauchbare Spur, und das Kind ist schon
     einen Tag lang verschwunden.«
    |26| »Dann wünsche ich dir viel Glück«, sagte Kemper, und Strobls mürrisches Gesicht hellte sich für einen Moment auf.

2
    Kommissar Kemper parkte vor dem Steuerbüro, in dem Ingrid Prinz-Papke als Steuergehilfin angestellt war. Das Büro lag am Oskar-von-Miller-Ring,
     in der Nähe der Matthäus-Kirche, und Kemper dachte mit einer kleinen Verlegenheit, daß er dort drinnen auch schon lange nicht
     mehr gewesen sei. Dabei war er in dieser Kirche konfirmiert worden. Wie lange war das jetzt schon her? Mehr als dreißig Jahre,
     dachte Kemper – was soll’s. In Kempers Augen wirkte die rote Backsteinkirche merkwürdig verlassen, obwohl sie an einer stark
     befahrenen Straße lag, und Kemper dachte, daß er war wie viele Leute auch – er drängte sich in Ausstellungen,
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