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Frau Prinz pfeift nicht mehr

Titel: Frau Prinz pfeift nicht mehr
Autoren: A Scheib
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verqueren Taxler, denen offenbar der Teufel das Hirn zugegipst hatte. Da fachsimpelte Lersch lieber mit dem Apotheker
     über die Gehirnmasse, die unter der rechten Ohrenklappe der prinzlichen Mütze heraustrat. Frau Schierl ließ von Lersch abund
     formulierte schon einmal vor, was sie ihrem Mann berichten würde, der in der Wirtschaft Strauß beim Schafkopfen |14| war. Frau Tinius tippte leicht an ihre Schläfe, weil die Schierl sich immer mehr in ihren Ausländerhaß hineinsteigerte, doch
     niemand achtete auf die beiden Frauen, man wartete gebannt, was der Kommissar, offensichtlich der Hauptkommissar, jetzt tun
     würde.
     
    Kommissar Konstantin Kemper läutete an der Klingel, auf der Prinz stand, und dann an der zweiten mit dem Namen Prinz-Papke.
     Im Haus rührte sich nichts, und Frau Schierl und Frau Tinius riefen fast synchron und sich überschlagend vor Eifer, daß da
     niemand daheim sei, die Papkes gingen beide in die Arbeit, die kämen immer erst am Abend heim.
    »Den Tag über war Frau Prinz immer allein zu Haus«, rief Frau Schierl anklagend.
    »Immer ganz schön einen gehoben hat die«, merkte Frau Tinius an.
    Kommissar Kemper sah sich um in dem trostlosen Vorgarten, auf dessen grauem Beton die tote Frau lag. Ihr Kopf unter der Schildmütze
     sah ziemlich beschädigt aus, |15| und Frau Schierl informierte ihn von ihrem Beobachterposten aus, daß das die Frau Prinz sei und sie wohne schon immer in der
     Max-Ernst-Straße, aber so etwas sei hier noch nie passiert.
    »Und schon gar nicht Frau Prinz, schließlich ist sie Witwe, schon seit vielen Jahren. Der Mann ist verunglückt, der einzige
     Sohn auch – und jetzt das. Ist ja kein Wunder, bei all den Auswärtigen, die heutzutage überall herumlungern.«
    Die anderen Passanten schienen zu akzeptieren, daß Frau Schierl und Frau Tinius ihr Herrschaftswissen ausbreiteten, und beschränkten
     sich darauf, den Fortgang des Geschehens stumm zu beobachten.
     
    Der jüngere Beamte, Obermeister Strobl, klingelte an der 73, worauf ihm Frau Tinius zurief, das sei ihr Haus, er könne sie
     alles fragen, dazu sei sie schließlich als Nachbarin da. Strobl winkte ab, schaute mürrisch zu Kemper, der bei der 77 schellte,
     einem Haus, das ähnlich aussah wie die 73 und die 75, aber völlig eingerüstet war. Offensichtlich war das Dach neu gedeckt
     worden und |16| die Arbeiten noch nicht beendet. Die Häuser in der Max-Ernst-Straße waren fast ohne Ausnahme Reihenhäuser im Jugendstil, die
     um die Jahrhundertwende erbaut worden waren und damals meist Malern als Wohnung und Atelier gedient hatten. Daher trugen viele
     Straßen im Viertel die Namen berühmter Künstler, obschon keine mehr dort lebten. In der 77, wo jetzt Kemper klingelte, rührte
     sich zunächst nichts, und wieder fühlte sich Frau Tinius berufen, den Kommissar mit ihrem Wissen zu unterstützen. »Da wohnen
     die Moldens, sie ist Sozialarbeiterin oder so was, kümmert sich um Asoziale, er ist Heilpraktiker, aber kein Doktor.« Alle
     sahen nun zu der Tür, die sich nach kurzer Zeit einen Spalt öffnete.
     
    Die junge Frau hatte eine Brille in ihre dunkellockigen Haare geschoben, trug ein sehr kurzes Kleid und sah Kemper, der seinen
     Ausweis hochhielt, feindselig blinzelnd an. »Was ist los? Sie haben mich bei einem wichtigen Telefongespräch unterbrochen.«
    Kempers Gesicht wirkte für einen Moment verblüfft, unwillig, dann mißtrauisch.
    |17| »Hören Sie, ich komme von der Mordkommission, Hauptkommissar Kemper.«
    Immer noch gleichgültig, aber etwas aufmerksamer, die Frau: »Und was wollen Sie?«
    »Nebenan liegt eine Frau mit eingeschlagenem Schädel. Und ich wüßte ganz gern, obdas ein Unfall war oder ein Mord.«
    Die Frau trat jetzt hinaus auf die Treppe, sah die Menschen am Zaun, sah die Leiche, und sie wurde noch blasser, als sie ohnehin
     schon war.
    »Nun«, fragte Kemper ungeduldig, »kennen Sie die Tote?«
    »Leider. Sie ist unsere Nachbarin«, sagte die Frau, der sichtlich speiübel war, die aber sonst merkwürdig ungerührt wirkte.
    In die Stille rief plötzlich triumphierend Frau Tinius: »Frau Molden, jetzt ist alles vorbei – Frau Prinz pfeift nicht mehr.«
    Frau Molden schaute nochmals kurz zu der Leiche, sah dann Kemper zum erstenmal offen und erbittert an. »Sehen Sie, die hat
     wieder ihre Hand in unserem Vorgarten. Schon ehe wir hier eingezogen sind, hat sie einen Bonsai durch den Zaun hindurch abgebrochen |18| und gestohlen. Unsere Handwerker haben es gesehen, sonst hätte
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