Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Frau Prinz pfeift nicht mehr

Titel: Frau Prinz pfeift nicht mehr
Autoren: A Scheib
Vom Netzwerk:
mehr in ihre Wut hinein. Sie habe von Anfang an gewußt, daß er zu nichts tauge. Sie wisse
     inzwischen, daß auch seine Mutter keinen guten Ruf gehabt habe, und nun mache er den alten, untadeligen Namen Prinz, der in
     Nymphenburg den besten Klang habe, zunichte.
    Berthold Papke hörte nicht mehr, was sie noch alles aus sich herausschrie, er behielt nur in seinem benebelten Hirn, daß sie
     es wagte, seine Mutter zu beschimpfen, seine Mutter, die soviel tausendmal besser war als diese unnütze Mischung aus Arroganz
     und Einfalt, die sich durch ihr Leben geschnorrt hatte, die nichts konnte, als anderen Menschen übel mitzuspielen.
    Mit einem Satz war er bei ihr, stieß ihren fetten Körper so heftig an, daß sie gegen den Rahmen des Garderobenspiegels prallte,
     mit einem Schrei hinfiel. Berthold setzte ihr |167| nach, packte sie beim Hals und fühlte im selben Moment, wie er zurückgerissen wurde. Es war Ingrid, die vom Lärm aufgewacht
     war und nun verkündete, daß sie Berthold hasse. »Und ich will, daß du hier verschwindest. Und zwar so bald wie möglich!«
    Ohne ein weiteres Wort war Ingrid wieder ins Bett gegangen. Berthold und Brunhilde Prinz standen sich gegenüber wie zwei Kampfhunde,
     die man getrennt hat – hechelnd von Haß.
     
    »Sie wissen schon«, sagte Kemper zu Papke, »Sie wissen schon, daß Sie fast ein Geständnis gemacht haben. Ich könnte ohne weiteres
     einen Haftbefehl gegen Sie erwirken.«
    »Und wenn schon«, sagte Papke gleichgültig, »denken Sie, was Sie wollen. Sie haben mich schon lange auf dem Kieker. Jetzt
     soll ich die Frau am Kanal schon umgebracht haben, da kommt es auf eine mehr oder weniger nicht an.«
    Kemper sah Papke freundlich an. »Kann es sein, daß Sie zuviel ins Kino gehen?«
    Papke erwiderte: »Ich sagte Ihnen doch schon: Denken Sie, was Sie wollen.«

|168| 14
    Am nächsten Morgen ging Berthold Papke zur U-Bahn -Station Gern. Mit einer gewissen Wehmut sah er, wie Autofahrer zentimeterdicke Hüte von ihren Autos herunterkehrten, die
     vereisten Scheiben abkratzten. Berthold dachte an seinen BMW, der jetzt in einer anderen Garage stand, einem anderen gehörte,
     wer weiß wem. Wenn Berthold auch wußte, daß dieser teure Wagen niemals zu seinen Verhältnissen gepaßt hatte, empfand er es
     dennoch als Unrecht, als Benachteiligung, daß er ihn verkaufen mußte. Es gabohnehin so viele Leute, die dümmer waren als er,
     und sie fuhren trotzdem teure Autos und konnten sich Reisen in die ganze Welt leisten. Berthold hatte sich das auch gewünscht,
     aber je größer seine Wünsche gewesen waren, desto kleiner wurden seine Möglichkeiten. Jetzt schien er ganz am Ende. Keine
     Arbeit, kein Geld, kein Zuhause. Er wußte, Ingrids Hinauswurf war endgültig, und er war nicht traurig, im Gegenteil. Er |169| mochte Ingrid nicht mehr sehen. Je eher er dieses versiffte Haus verließ, desto besser. Nur wußte er nicht, wie es weitergehen
     sollte.
    Er tat vor sich selber so, als wolle er wie jeden Morgen in seinen Supermarkt fahren. Geld hatte er bis auf vierzig Mark keines
     mehr, im »Werkstattkino« wurde renoviert, im »Fraunhofer« machten sie erst um halb fünf Uhr am Nachmittag wieder auf. Also
     würde er bei »McDonald’s« am Rotkreuzplatz frühstücken.
    Plötzlich sah er unter den Wartenden im U-Bahnhof Gern Agnes Molden. Haß schoß in ihm hoch, würgte ihn schier. Sie war es, die Molden, die für seine elende Situation verantwortlich
     war. Diese Wichtigtuerin. Sie spielte sich auf als Robin Hood für Aussiedler, sie war schuld, daß ihm im Supermarkt gekündigt
     worden war. Daß seine Stief-Schwiegermutter ihn hätte erpressen können. Sein Chef im Supermarkt wollte ihn ja schonen, wenn
     er das Geld zurückzahlte, doch seine Schwiegermutter schonte ihn nicht, sie hatte ihm gedroht, die Polizei zu informieren,
     wenn er |170| nicht freiwillig aus ihrem und Ingrids Leben verschwinden würde.
    Alles das hatte die Molden ihm eingebrockt. Doch nun war sie fällig. Wie praktisch für ihn, die arrogante Rover-Fahrerin begab
     sich in die Niederungen des Münchner Verkehrsverbunds. Sicher traute sie sich bei dem Schnee nicht ins Auto.
     
    Berthold Papke hatte lange Zeit nicht genau gewußt, warum er die Moldens nicht mochte, sie waren ihm ziemlich gleichgültig
     gewesen, bis zu dem Tag, als er zufällig sah, wie sie und ihr Mann sich umarmten und küßten. Von Ingrid und ihrer Stiefmutter
     hatte er mehrfach gehört, daß die Moldens sich nicht anständig benehmen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher