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Fratze - Roman

Titel: Fratze - Roman
Autoren: PeP eBooks
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Rachen, den Sie nach oben gehen fühlen, wenn Sie aufsteigende Tonleitern
singen.« Sie sagte: »Wenn Sie Ihren Kehlkopf ganz oben im Hals halten können, müsste Ihre Stimme immer zwischen dem G und dem eingestrichenen C liegen. Das sind ungefähr 160 Hertz.«
    Brandy Alexander und ihr Aussehen verwandelten den Rest der Welt in virtuelle Realität. Sie veränderte ihre Farbe mit jedem neuen Blickwinkel. Ein Schritt von mir, und sie wurde grün. Rot beim nächsten Schritt. Sie wurde silbern und golden, und dann war sie hinter uns verschwunden.
    »Armes, fehlgeleitetes Ding«, sagte Schwester Katherine und spuckte auf den Betonfußboden. Sie beobachtete mich, wie ich mir den Hals verrenkte, um durch den Flur zurückzuschauen, und fragte, ob ich Familie hätte.
    Ich schrieb: ja, da gibt es meinen schwulen Bruder, aber der ist an Aids gestorben.
    Und sie sagt: »Nun, das ist ja wohl auch besser so, oder?«
     
    Springt zu der Woche nach Manus’ letztem Besuch, und »letzter« heißt »endgültig letzter«, als Evie im Kranken - haus vorbeischaut. Evie sieht sich die Hochglanzfotos an und spricht mit Gott und Jesus Christus.
    »Weißt du«, erzählt mir Evie über einen auf ihrem Schoß liegenden Stapel von Vogues und Glamours hinweg, die sie mir mitgebracht hat, »ich habe mit der Agentur gesprochen, und die meinten, wenn wir dir ein neues Portfolio erstellen, würden sie erwägen, dich für Händesachen wieder zu nehmen.«
    Evie meint, als Handmodel; für Cocktailringe modeln, für diamantene Tennisarmbänder und solchen Scheiß.
    Als ob ich das hören wollte.
    Ich kann nicht sprechen.

    Alles, was ich essen kann, ist Flüssiges.
    Niemand sieht mich an. Ich bin unsichtbar.
    Ich möchte nur, dass mich jemand fragt, was passiert ist. Danach mache ich weiter mit meinem Leben.
    Evie sagt zu dem Zeitschriftenstapel: »Ich möchte, dass du bei mir in meinem Haus wohnst, wenn du rauskommst.« Sie zieht den Reißverschluss ihrer Segeltuchtasche auf meiner Bettkante auf und langt mit beiden Händen hinein. Evie sagt: »Das wird lustig. Du wirst sehen. Ich hasse es, so ganz allein zu leben.«
    Und sagt: »Ich habe deine Sachen schon in mein Gästezimmer geschafft.«
    Immer noch mit den Händen in ihrer Tasche, sagt Evie: »Ich bin auf dem Weg zu einem Dreh. Hast du zufällig noch irgendwelche Einlasskarten, die du mir leihen kannst?«
    Mit Bleistift schreibe ich auf meinen Block:
    ist das mein pullover, den du da anhast? Und ich wedele ihr den Block um die Nase.
    »Ja«, sagt sie, »aber ich wusste, dass du nichts dagegen haben würdest.«
    Ich schreibe:
    aber das ist größe sechs.
    Ich schreibe:
    und du hast größe neun.
    »Hör zu«, sagt Evie. »Mein Termin ist um zwei Uhr. Am besten komme ich noch mal vorbei, wenn du besser drauf bist.«
    Zu ihrer Armbanduhr sagt sie: »Es tut mir schrecklich leid, dass es so kommen musste. Aber es konnte ja keiner was dafür.«

    Jeder Tag im Krankenhaus läuft folgendermaßen:
    Frühstück. Mittagessen. Abendessen. Dazwischen kommt Schwester Katherine.
    Im Fernsehen gibt es einen Sender, wo rund um die Uhr nichts als Infomercials laufen, und da sind wir zusammen, Evie und ich. Mächtig Kohle machen wir da. Für diese Geschichte mit der Snack Factory legen wir ein ganz breites Promi-Repräsentantinnen-Lächeln auf, so eins, wo man sein Gesicht zu einem Riesenheizgerät macht. Wir tragen paillettenbesetzte Kleider, die, wenn man sie ins Scheinwerferlicht taucht, mit solchem Geflacker aufblitzen, als würden einen Millionen Reporter fotografieren. Echt glamourös. Ich stehe da in meinem zwanzig Pfund schweren Kleid, habe dieses Mordslächeln im Gesicht und lasse tierische Abfälle in den Plexiglas-Trichter auf der Oberseite der Num Num Snack Factory fallen. Der Automat spuckt wie verrückt kleine Kanapees aus, und Evie muss ins Studiopublikum stapfen und Leute dazu bringen, die Kanapees zu essen.
    Die Leute essen alles, um ins Fernsehen zu kommen.
    Dann, als die Kamera aus ist, sagt Manus: »Lass uns segeln gehen.«
    Und ich sage: »Klar.«
    Aber auch zu blöd, dass ich nicht gemerkt habe, was da die ganze Zeit lief.
     
    Springt zu Brandy auf einem Klappstuhl hinter der Tür in der Praxis der Sprachtherapeutin, wie sie sich die Fingernägel mit der Reibefläche eines Streichholzbriefchens feilt. Mit ihren langen Beinen könnte sie ein Motorrad in zwei Hälften quetschen, und das gesetzliche Mindestmaß ihrer Hautfläche ist in Leopardenmuster-Stretchfrottee
eingeschweißt und schreit
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