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Franz Eberhof 05 - Sauerkrautkoma

Franz Eberhof 05 - Sauerkrautkoma

Titel: Franz Eberhof 05 - Sauerkrautkoma
Autoren: Rita Falk
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Burschen. Gut, das brauchen sie jetzt bei mir nicht, weil ich ja eh schon wach bin. Aber so heißt er halt, dieser Brauch. Und wie es sich dabei gehört, schießen sie mir zuallererst mal eine astreine Salve ab mit den Luftgewehren. Ich muss grinsen und geh dann mal in den Hof hinaus. Am ganzen Gartenzaun entlang schweben unzählige Luftballons in knallbunten Farben und allen erdenklichen Variationen. Und davor stehen sie dann, die werten Herrschaften. Der halbe FC Rot-Weiß ist anwesendund freilich auch die Herren Simmerl und Flötzinger. Der Wolfi ist da und der Rudi ja sowieso. Dann kommt der Papa aus dem Wohnhaus rübergesaust, den Leopold samt Busenfreund im Kielwasser, und jeder von ihnen hält einen Korb in der Hand. Einen Korb randvoll mit ganz frischen Kücherln. Aus’zogene heißen die hier bei uns. Und die Aus’zogenen von der Oma, die sind einfach der Hammer. Aus seinem Lieferwagen heraus zerrt der Simmerl jetzt Wurstsemmeln für ein ganzes Geschwader, und augenblicklich füllt sich mein Saustall mit Männern, Essen, Bier und einer unfassbaren Menge Schnaps. Wir schieben ein paar Möbel zur Seite und stellen dann mittig zwei Biergarnituren auf. So machen wir das immer, wenn’s mal was Größeres zu feiern gibt. Und sind wir doch einmal ehrlich: Gibt es im Leben eines Mannes überhaupt irgendwas Größeres als seine eigene Hochzeit? Nein! Eben. Die Stimmung ist auch gleich ziemlich gut, und wenn ich mir den einen oder anderen so anschau, dann liegt der Verdacht nahe, dass wohl schon ein bisschen vorgeglüht wurde. Wenigstens bei den Fußballern. Und ja, wie schon vermutet, sind sie direkt vom Vereinsheim aus zu mir her gekommen. Deswegen dauert es auch gar nicht sehr lange, und sie brechen wieder auf … Im Grunde waren die sowieso nicht wirklich wegen mir da. Ich hab auch weiter mit denen gar nichts zu tun. Weil die Fußballspiele von unserem Heimatverein – ja, wie soll ich sagen? – jetzt nicht so wirklich der Brüller sind. Aber die Spieler, die kommen halt praktisch sowieso, wenn’s was umsonst gibt, gell.
    Nachdem die Wurstsemmeln und auch die Kücherl alle verputzt sind, geht auch langsam das Bier zur Neige. Und so müssen wir notgedrungen zum Schnaps übergehen. In weiser Voraussicht und trotz des gesalzenen Preises hat der Leopold eine Kiste Zigarren besorgt. Und so hocken wir dann rauchend und saufend um den Biertisch herum undsind einfach nur irgendwie richtig gut drauf. Ein bisschen später singen wir dann. Der Keller Steff dröhnt uns aus den Boxen entgegen, und wir grölen mit: Bulldogfahrn! Noch etwas später kommt, was unausweichlich immer kommt: die früheren Zeiten. Die meisten von uns kennen sich ja schon aus dem Sandkasten raus. Und so reden wir quasi über wirklich alles, was damals halt so passiert ist. Wir reden über unsere Lagerfeuer und übers Zelten. Übers Fischen, draußen am alten Baggersee, das Wettschwimmen mit der Susi oder übers Eishockeyspielen im Winter. Darüber, dass uns dabei jedes Mal die Zehen abgefroren sind und trotzdem nie einer heim wollte. Wir reden über die erste Zigarette, dort hinterm Pfarrhaus, und den Durchfall, den wir daraufhin hatten. Und über unsere heiß geliebten Mopeds, darüber reden wir freilich auch. Und über jede verdammte Schraube daran. Und irgendwann kommen wir schließlich auf Freunde, die nicht mehr da sind. Und auf Ehen, die nicht mehr bestehen. Auf tote Mütter und nervtötende Kinder. Im Hintergrund läuft jetzt der Ambros, und der Rudi summt ganz leise mit.
    »Schön war das alles früher«, sagt der Flötzinger plötzlich und kämpft mit den Tränen. »Viel schöner als heute. Und auch so lustig. Heute ist eigentlich gar nichts mehr lustig.«
    »Jetzt mach dich mal locker, Mensch«, sagt der Rudi ganz leicht gereizt.
    »Ich soll mich locker machen, du Arschloch?«, schreit ihn der Flötzinger daraufhin an. »Das sagt einer, der weder Frau noch Kinder daheim hat! Und der noch nicht mal eine richtige Arbeit hat, wo dir am Abend alle Knochen wehtun! Ja, da kann ich mich auch hinhocken und klugscheißern, wenn ich so ein entspanntes Leben hätte.«
    »Flötzinger!«, sagt der Simmerl ganz ruhig und legt den Arm um den Freund. »Jetzt entspann dich ein bisschen.«
    »Ich bin total entspannt, Mann! Ich bin TOTAL entspannt,verstanden! Entspannter geht’s gar nicht mehr«, kreischt er jetzt fast wie ein Mädchen. Dann steht er auf, dass gleich der ganze Biertisch wackelt, und kommt zu mir rüber. Er bleibt direkt vor mir stehen und
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