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Franklin Gothic Medium (German Edition)

Franklin Gothic Medium (German Edition)

Titel: Franklin Gothic Medium (German Edition)
Autoren: Stefanie Maucher
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Anstellung vorbereitet hatte, ein offenkundig sehr spiritueller Mensch war, der aus Glaubensgründen sein Fleisch im eigenen Haus schächtete um sicherzustellen, dass es koscher und rein war. Und solange er die Überreste der Kadaver selbst beseitigte und ihr Gehalt das einer durchschnittlichen Putzfrau weiterhin deutlich überstieg, würde sie auch ferner kein Problem damit haben. Ihre Reinigungskraft erleichterte Franklin das Leben doch sehr. Ebenso wie die hilfreichen Dienste seines privaten Chauffeurs; einem alten Haitianer, der nach dem Großen Beben 2010 als Flüchtling ins Land gekommen und seitdem mehrfach mit den Behörden in Konflikt geraten war. Der Haitianer stand ihm als Fahrer auf Abruf bereit und auf seine Verschwiegenheit konnte er sich voll verlassen. Zumindest solange er dessen Passion für seine Religion hin und wieder mit der Spende etwas menschlichen Blutes oder einem übriggebliebenen Herz förderte. Zudem hatte der alte Voodoo-Schamane die Putzfrau mit dem Fluch der versiegelten Lippen belegt; indem er eines ihrer Kopftücher, an dem noch ein paar ihrer Haare klebten, einem prächtigen Hahn um den Hals band, diesem den Schnabel zunähte und ihn dann bei Vollmond opferte, dabei lauthals aber völlig unverständlich sang und sich mit Hahnenblut bespritzte. Nicht das Franklin an derlei Hokuspokus glauben würde, aber schaden konnte es zweifelsohne auch n icht.
    Es hatte Zeiten in Franklins Leben gegeben, in denen sein Vermögen kaum das eines Bettlers überstiegen hatte. Doch viele Opfer hinterließen viel Vermögen. Und da sie es in dem alten Brunnenschacht hinterm Haus, in den er ihre abgenagten Knochen warf, wohl kaum noch brauchen würden, eignete er sich, wann immer sich die Gelegenheit dazu ergab, diskret so viel wie möglich davon an. Die Wirtschaftskrise, der endgültige Zusammenbruch der Banken und Börsen und die Einführung des Gold-Dukaten als Weltwährung simplifizierte den Vermögenstransfer in ebenso großem Maße, wie er dafür sorgte, dass das Kapital einfach zu finden war. Man sollte nicht für möglich halten, wie viele Menschen ihr Erspartes unter ihrer Matratze verstecken! Außerdem, wenn man dem Fleisch nicht bereits bei der Vorspeise die Zunge entnahm, verriet es ohnehin meist ganz von selbst, wo die güldenen Talerchen zu finden waren.
    Er war weit gekommen, seit er diese Einnahmequelle für sich entdeckt hatte. Vom mittellosen Hungerleider hatte er es zum wohlhabenden Mann mit einem schönen Haus und einer vollen Speisekammer gebracht. Und so legte er sich, zufrieden und sorglos, in sein Himmelbett und schlief den Schlaf der Gesättigten.
     
     
     
     
     
     
     
    Kapitel 4 - Realität
    Im Herzen eines Menschen ruht der A nfang und das Ende aller Dinge.                                                            (Leo Nikolajewitsch Graf Tolstoi)
     
    Fou-Mai erwachte. Orientierungslos; frierend; gepeinigt.
    Zitternd versuchte sie sich aufzurichten, doch ein stechender Schmerz in ihrem Oberschenkel zwang sie dazu, sich umgehe nd wieder zu horizontalisieren. Außerdem hatte sie  das Gefühl, ein glühendes Geschoss würde pfeilgleich ihren Lendenbereich durchbohren. Sie fühlte sich wie eine Schiffbrüchige; als hätte sie Äonen treibend in einem feindlichen Eismeer verbracht. Hilflos und allein in einem Ozean, in dem urzeitliche Monstrositäten mit verteufelt großen Zähnen ihr unheiliges Dasein fristeten. Langsam ließ der Schmerz nach. Nun endlich schienen die Wellen sie an den Strand gespült zu haben und einen Moment lang lag sie nur da und lauschte dem Tosen der Brandung. In einem beruhigenden Rhythmus rollten die Wellen heran, das gleißende Licht der Sonne zauberte rote Wirbel auf die Innenseite ihrer fest zusammengekniffenen Augenlider und sie konnte die würzige, mineralhaltige Luft des Meeres riechen.
    Langsam öffnete sie ihre Augen. Dies stellte sich als geradezu fataler Fehler heraus, denn die Realität sprengte binnen eines Lidschlags die Vision und das warme Licht der Sonne verwandelte sich in das kalte Strahlen einer nackten Neonröhre. Die sanfte Meeresbrise, wesensgleich einer Stinkbombe, wurde zum eisenhaltigen Dunst des  Blutes, dem Pesthauch des bevorstehenden Todes. Entsetzt erkannte sie das Lied des Meeres; es war ihr Eigenes. Das Rauschen in ihren Gehörgängen stammte vom Schlag ihres Herzens. Und nun, da ihre Gehörmuscheln abhandengekommen waren, schien die Welt um sie herum in Watte
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