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Franklin Gothic Medium (German Edition)

Franklin Gothic Medium (German Edition)

Titel: Franklin Gothic Medium (German Edition)
Autoren: Stefanie Maucher
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Plätzen, den Bars und den exklusiven Restaurants der Metropole. Dahin, wo sich die wahren Leckerbissen herausgeputzt und mit Perlen behängt hatten, gerade so als legten sie großen Wert darauf auch dem Auge ein Festmahl zu bereiten. Wie in den blankgeputzten und dezent angestrahlten Auslagen der Metzgereien präsentierte sich die Ware als das, was sie war:  nichts weiter als Fleisch ; in jeglicher Form und Couleur.
    Es war ein ideales Jagdgebiet. Waren die Beutestücke nicht gerade in amouröser Stimmung und auf der Suche nach einem Partner für eine Nacht, so hatten sie meist kaum einen Blick für die Menschen oder gar den Jäger in ihrer direkten Umgebung übrig. Und jene, die es waren, würden ihren Blick ebenso beachtungslos über den unauffälligen Mann älteren Jahrgangs hinweg gleiten lassen; der harmlos wirkenden Fassade, hinter der sich der Franklin verbarg. Er verschwand in der Masse, als Paradebeispiel unscheinbarer Anonymität.
    Gerne verglich er sich mit den lauernden Großkatzen der afrikanischen Steppe; immer hungrig, allzeit auf der Jagd, nahezu unsichtbar umherschleichend zwischen den Herden graziöser Gazellen und dicker Elefantenkühe, den scheuen Antilopen und den vorwitzigen Affenbanden, welche, als würden sie den Tod nicht  fürchte n, in seiner Nähe herumtollten.
    So schweiften seine Gedanken und hungrigen Blicke suchend umher, als er in der Auslage eines kleinen Restaurants einen Leckerbissen erspähte, der seinen Gaumen beim ersten Anblick freudig hüpfen und ihm das Wasser im Munde zusammenlaufen ließ. Beleuchtet von sanftem, indirekten Licht und einer auf dem Tisch flackernden Kerze präsentierte sich ein femininer, asiatischer Gourmethappen, offensichtlich einsam und ohne Begleitung, auf appetitliche Art; in einem lilienweißen Kleid, welches ihn an den zarten Beigeschmack von Bambusbohnensprossen erinnerte, gekrönt von einer delikaten Sauce, süß-sauer wie der Tod, den er ihr nach seinem Festmahl schenken würde. In seinen maßlosen Imaginationen versuchte er nicht, sie in sein erlesenes
    Schlafzimmer zu locken, um sich an ihrem jungen Fleisch gütlich zu tun; all seine Vorstellungskraft zentrierte sich auf die Küche und ihren dem Bett um ein Vi elfaches überlegenen Spielraum.
    Er bevorzugte Beethoven zum Ausweiden; man sezierte nicht zu den Beatles, das war eine grundlegende Frage des musikalischen Geschmacks. Einzig die unsterbliche Schwere der Klassik verlieh diesem intimen Akt den angemessenen, feierlichen Rahmen. Im gedämpften Schein parfümierter Kerzen ließ er die Instrumente in seinen begnadeten Händen über die noch unbeschriebenen Landkarten der zuckenden Leiber gleiten; hier ein zurückhaltendes Adagio, dort ein in orgiastischer Hingabe gipfelndes Crescendo. Er war der Dirigent eines Orchesters des Schmerzes; ein wahres Genie im Erschaffen von Passion und Leidenschaft. Sein Beifall war das nasse Gurgeln; das ungläubige Keuchen im Erkennen der letzten Wahrheit; das verhallende Tropfen des roten Öles. Ganze Symphonien des Schmerzes hatte er schon komponiert! Er hatte ihnen in ihrer Einmaligkeit gelauscht und ihre ohrenbetäubende Schönheit gewürdigt, indem er das entnommene, adrenalingeschwängerte Fleisch in ebenso große, wenn auch kulinarische, Meisterwerke verwandelte und diese anschließend mit Genuss verzehrte. Seine Instrumente waren Tranchiermesser, Fleischerhaken und ein gut geschärftes Beil. In seinen Töpfen und Pfannen wurden die saftigen Filetstücke, manchmal auch die zarten Rippchen, würziger Bauchspeck oder eine weingetränkte Leber, in kleine Festmahle verwandelt. In Köstlichkeiten, die auf kleiner Flamme köchelten und ihren vollen Geschmack entfalteten, während er die Beilagen sorgfältig wusch und sch älte und das Fleisch dazu sang.
    Beschwingt betrat er das kleine Restaurant, schenkte der Bedienung ein freundliches Lächeln und setzte sich an einen Tisch in einer kleinen, schlecht beleuchteten Nische, der ihm einen guten Ausblick auf das Objekt  seiner Begierde bot. Er hatte nicht vor hier etwas zu essen, was schließlich seinen Hunger auf das bevorstehende Mahl schmälern oder verderben könnte. Doch um sich seine Daseinsberechtigung, sein Platzrecht für seinen Jägerhochstand, zu erkaufen, orderte er sich ein Glas Rotwein; ebenso schwermütig wie die Auserwählte an Tisch 3. Gerne hätte er ihr aufmunternd zugeprostet, doch noch wollte er sich nicht ins Zentrum ihrer Aufmerksamkeit rücken. Für einen freundschaftlichen Umtrunk war
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