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Franklin Gothic Medium (German Edition)

Franklin Gothic Medium (German Edition)

Titel: Franklin Gothic Medium (German Edition)
Autoren: Stefanie Maucher
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später noch genug Zeit! Dezent versuchte er einen Blick auf ihre Speisenwahl zu erhaschen; Filet Mignon, was ihn gleichermaßen beruhigte wie erregte, da es sich vorteilhaft auf ihren Geschmack auswirken würde. Er bewunderte ihre feingliedrigen Hände, die sie zum Zerlegen des Fleisches und Heben des Weinglases verwendete, und stellte sich vor, sie paniert mit einem Curry-Dip zu verzehren. Und während sich die wohlige Wärme der Vorfreude in seinem Gedärm eine Heimstatt schuf, begann sein unermüdliches Hirn mit der Ausarbeitung eines perfiden Planes.
    Der Abend glitt dahin wie eine wurmstichige Barke unter den Brücken Venedigs; für das künftige Mahl angenehm und kurzweilig, doch für ihn selbst quälend langsam und zäh wie Fleisch zweifelhaften Ursprungs. Nachdem eine subjektive Ewigkeit verstrichen war hatte sie, endlich, das beendet, was wohl ihr letztes Abendmahl gewesen sein dürfte. Erleichtert bemerkte Franklin, wie sie die Rechnung beglich und nach ihrem Mantel griff. Er ließ ihr den Vorsprung von einer halben Minute, die er nutzte um der Kellnerin eine Dukate für den Wein auf den Tisch zu legen, bis er sich geschmeidig wie ein Panther erhob und ihr in die kal te Nachtluft folgte. Beutezeit!
    Gerade noch konnte er sehen, wie ihr wehender Mantel um die nächste Straßenecke verschwand. Gemächlichen Schrittes folgte er ihrer Fährte, in diskretem Abstand. Er blieb in angemessener Entfernung stehen sobald sie irgendwo verharrte, sei es um die Auslage eines Schaufensters zu bewundern oder um sich an der Melodie eines Straßenmusikanten zu erfreuen. Bald verließen sie die belebten Straßen, näherten sich den Wohngebieten mit ihren Parks und Freizeitanlagen, welche um diese Tageszeit einsam und verlassen den Rufen der Eulen lauschten. Unauffällig rückte er etwas weiter auf, beschleunigte seine Schritte nur ein wenig, jedoch genug um den Abstand zwischen ihnen stetig zu verringern. Bald war sie nur noch ein paar Meter vor ihm, noch immer arglos, nichtsahnend, versunken in ihren eigenen Rhythmus, der sie vorantrieb. Die Melodie ihrer Absätze auf dem rissigen Asphalt versetzte ihn in die notwendige Trance, den finalen Schritt zur Erlegung des Futtertieres zu tun: der Panther setzte an zum Sprung und riss sie von hinten hinab ins Dunkel. Mit ein paar schnellen Schritten schloss er zu ihr auf, und packte sie, gerade als ihre Sinne erwachten und sie sich alarmiert zu ihm umdrehen wollte, an ihrem langen, schwarzen Haar, umschloss mit der anderen Hand ihren Mund, damit sie nicht schreien konnte und zerrte sie von dem ohnehin nur spärlich beleuchteten Weg ins Dickicht. Dann, dort in den Büschen jenseits des Lichts, umschloss er mit seinen lederbehandschuhten Händen ihren zarten Hals und nahm ihr das Bewusstsein, doch nicht, zu mindest noch nicht, ihr Leben.
    Franklin erlebte einen winzigen, nostalgischen Augenblick, als er anschließend in seine Tasche griff und eine kleine, technische Errungenschaft herauszog; dachte an die Beuten, die er in jungen Jahren erlegt, sorgfältig gefesselt, geknebelt und im Schatten dunkler Büsche versteckt hatte; um wenig später, noch immer im Schutz der Nacht, mit einem geeigneten Transportmittel zurückzukehren. Stets von der Angst begleitet, die Beute könnte entdeckt worden oder gar doch noch entwischt sein. Die Logistik war damals ein schwieriger Faktor bei der Nahrungsbeschaffung gewesen und seine Mittel begrenzt. Heute, in Zeiten in denen er ein wohlhabender Mann war, stellte der Transport der Beute keinerlei Problem mehr dar. Doch auch ein Teil der Aufregung und des Nervenkitzels war mit ihm verschwunden. Seine Stimme klang gedämpft, als er die Koordinaten seiner Position in das winzige Mobilfunkgerät flüsterte. Mit einem “Paket zur Abholung bereit” beendete er das kurze Gespräch und ließ das Telefon in der Innentasche seines Mantels verschwinden. Es dauerte nicht lange, bis eine schwarze Limousine an dem von ihm angegebenen Ort hielt und ein geschäftiger Fahrer hilfsbereit heraussprang, um ihm beim Einladen seiner grausigen Fracht zu helfen.
    Grausig war auch die Erscheinung des Chauffeurs selbst; wirre, ungepflegte Dreadlocks ringelten sich unter einer Wollmütze hervor; eine Kette baumelte um seinen dürren Hals, an der Knochen, die Pfote eines Hasen, kleine bemalte Steine mit okkulten Symbolen und eine Hühnerkralle hingen. Sein Blick erschien nicht nur auf Grund der Dunkelheit finster und strafte das fröhliche Aussehen seines verwaschenen Bob
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