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Franklin Gothic Medium (German Edition)

Franklin Gothic Medium (German Edition)

Titel: Franklin Gothic Medium (German Edition)
Autoren: Stefanie Maucher
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Marley T-Shirts Lügen. Seine Füße waren ungewaschen und an ihren Sohlen klebten noch die Blutspuren einer nächtlichen Opferung. Meist steckten sie in billigen Sandalen, die er ebenfalls mit mysteriösen Zeichen beschmiert hatte, doch heute brauchte er den Schutz des okkulten Schuhwerks nicht; das Opferblut war mächtiger und bot seinen Füßen mehr Schutz, als es die billigen Sandalen vermochten. Gleichgültig, als würde er die Koffer eines Reisenden verladen, wuchtete der Fahrer das fest verschnürte, doch eindeutig menschliche Paket in den Kofferraum. Gleich darauf hielt er dem Jäger, respektvoll und hö flich, die Türe des Wagens auf.
    Zurückgelehnt in die schwarzen Ledersitze spürte Franklin, wie die Anspannung von ihm abfiel, welche die Jagd stets begleitete. Das sanfte Schaukeln der Räder, die sich Kilometer um Kilometer durch die Nacht fraßen, ließ eine hypnotische Ruhe über ihn kommen. Ebenso konstant ließen seine Erinnerungen die Räder der Zeit zurücklaufen; hin zum Anfang von Allem, zu der Frau, zu seinem eigenen inneren Tod und seiner Wiedergeburt als wahrer, wenn nicht gar einzig wahrer Gourmet. Zurück zu seiner Gefährtin, die entkräftet vom Hunger und zu vielen Entbehrungen die Geburt ihres Erstgeborenen nicht überlebt hatte. Zurück zu den leeren, toten Brüsten, die ihrem Kind keine Nahrung geben konnten, zum ohnmächtigen Gefühl des eigenen Hungers. Seine Erinnerungen führten ihn zu dem nicht verstummenden Geschrei dieses winzigen Bündels, dessen heranwachsender Leib mehr Kräfte verzehrt hatte, als die von Franklin geliebte Frau besaß. Er erinnerte sich an den unbändigen Hass, den dieses kleine Wesen, das ihm alles genommen hatte was ihm lieb war und doch weiter schrie und schrie und immer mehr wollte, in ihm auslöste. Und er erinnerte sich an den scharfkantigen Stein, den er benutzte, um zuerst dem Geschrei und anschließend seinem Hunger ein Ende zu bereiten. Doch an all das dachte er nur einen Sekundenbruchteil, bevor er sich in der Erinnerung an die darauf folgende, ekstatische Explosion seiner Geschmacksnerven und die lebensverändernde Erweiterung seines kuli narischen Horizontes verlor.
    Aus diesen angenehmen Träumen erwachte er, als der Wagen endlich sein Ziel erreicht hatte und vor einem herrschaftlichen, von Zypressen und süß duftenden Fliederbüschen umgebenen Anwesen stehen blieb. ”Wir sind da Sir”, sagte der Fahrer, abermals höflich die Türe aufhaltend und anschließend das Mitbringsel seines Fahrgastes ausladend. “Soll ich es gleich in der Küche abstellen?“
     
     
     
     
     
     
     
    Kapitel 2 - Ouvertüre
    Bei einem Festmahl sollte man mit Verstand essen, aber nicht zu gut, und sich aber nicht mi t zu viel Verstand unterhalten. (William Somerset Maugham)
    Er gönnte sich eine Menthol-Z igarette und blies den erfrischenden Rauch über das reglose Gesicht seiner Beute. Man konnte ihm vieles nachsagen, nur Herzlosigkeit nicht; davon besaß er nämlich Unmengen in seinen mannshohen Gefrierschränken. Aus einer Flasche auf der Anrichte grinste ihn ein zwergenpenisgroßer Tequilawurm dümmlich an und einen Moment verzog er sein Gesicht zu einer Grimasse, die wohl ebenfalls ein Lächeln darstellen sollte, bevor er sich einen großen Schluck des hochprozentigen Inhalts in ein Glas schüttete.
    Genüsslich nippte er an dem Getränk und goss dann den Rest in den leicht geöffneten Mund seines noch immer in gnädiger Bewusstlosigkeit dahindämmernden Opfers. Wie erwartet fing dieses daraufhin an zu husten als wäre es ein defekter Wasserspeier. Nachdem der Hustenanfall abgeklungen und es ihm gelungen war umsichtig zu verhindern, dass seine desorientierte Mahlzeit bei ihrem krampfartigen Erwachen schmerzhaft den Boden küsste, was womöglich besonders schmackhafte Partien mit Hämatomen verdorben hätte, zückte er ein großes Messer. Er wedelte ein paarmal damit vor den Augen der Auserwählten herum, was ihm schlagartig ihre volle Aufmerksamkeit sicherte. Er liebte dieses große Messer. Zwar konnte er auch mit einem kleinen Messer problemlos in Sekundenschnelle töten, doch hatte sich im Lauf seiner Jahre in diesem Geschäft immer wieder herausgestellt, dass größere Messer eindeutig eine größere psychologische Wirkung auf die Beute haben als kleine. Mit dem Versprechen, es würde ihr nichts geschehen solange sie sich ruhig verhielte, glatt gelogen aber dennoch wirkungsvoll, beruhigte er sie, so dass er ihre Fesseln lösen und sie sich aufsetzen
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