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Franklin Gothic Medium (German Edition)

Franklin Gothic Medium (German Edition)

Titel: Franklin Gothic Medium (German Edition)
Autoren: Stefanie Maucher
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gepackt zu sein, gedämmt bis zum Unhörbaren, einzig das unerträgliche Dröhnen ihres eigenen Lebenssaftes blieb. Mit dem Erkennen der grausigen Melodie kam schlagartig auch die Erinnerung und traf sie mit der Wucht eines Vorschlaghammers, der dem bröckelnden Mauerwerk ihrer geistigen Gesundheit einen irreparablen Schaden zu fügte.
    Ein gellender Schrei entfuhr ihrem zungenlosen Mund und ihre Hände glitten suchend zu den fehlenden Ohren. Entsetzen ungeahnten Ausmaßes machte sich in ihr breit. Sie war gefangen in einem skurrilen Alptraum, in dem klassische Musik und sanfter Kerzenschein den Schmerz der Amputationen und ihre Schreie begleitet hatten. Wieder sah sie das scharf geschliffene, im Kerzenlicht schimmernde Messer, geschwungen wie einen Taktstock, vor ihren Augen tanzen, bevor es in ihr Fleisch drang. Sie erfasste wie ihr Schlächter an ihrem Ohrläppchen geknabbert hatte und glaubte erneut den Gestank ihrer in der Pfanne schmorenden Zunge riechen zu können. Während seines grausigen Tuns betrieb er leichte und höfliche Konversation; als wäre es völlig normal und absolut nebensächlich, dass er sie am Rande ihrer ei nseitigen Unterhaltung auffraß.
    Irgendwann musste sie das Bewusstsein verloren haben, denn inzwischen befand sie sich nicht mehr in dieser Küche des Grauens. Wo sie nun war, konnte sie nur vermuten. Der Raum war nicht besonders groß, komplett mit weißen Fliesen ausgekleidet und der Boden notdürftig mit ein wenig Stroh ausgelegt. In der Ecke stand ein Eimer; wahrscheinlich sollte sie darin ihre Notdurft verrichten. Ihr schwante, dass sie für diesen Eimer wahrscheinlich noch dankbar sein würde; war doch die Dauer ihres ungeplanten Aufenthalts äußerst ungewiss. Sie fröstelte; es war kalt in diesem Loch! Die Bewegung folterte sie erneut, doch um sich zu wärmen und selbst ein wenig Trost zu spenden, zog sie die Beine an den Körper. Fest schlang sie die Arme darum, senkte ihren rauschenden Kopf dazwischen und ließ ihren warmen Atem in die so entstandene Körperhöhle strömen. Und während ihr strudelnder Geist der Abwärtsspirale des Wahnsinns folgte taten es ihre verzweifelte n Tränen dem Odem gleich.
    Dann öffnete sich die Tür.
     
     
     
    Kapitel 5 - Eifersucht
    Wenn ein Mann will, dass seine Frau zuhört, braucht er nur mit einer anderen zu reden.                                              (Liza Minnelli)
    Unzufrieden betrachtete Naomi ihre vor ihr auf der Staffelei stehenden Klecksereien. Sie war eine nur mäßig begabte Künstlerin und die Malerei nicht mehr als ein Hobby von ihr, doch an guten Tagen gelangen ihr Bilder, auf denen sich zumindest das Motiv, welches sie abbilden wollte erkennen ließ. Heute war offensichtlich keiner dieser Tage. Das Stillleben, welches eine Vase mit weißen Rosen und Lilien darstellen sollte, erinnerte in seiner Formlosigkeit viel eher an die Seele eines Pudels, die zum Himmel aufsteigt. Frustriert nahm sie einen großen Pinsel, wischte damit einmal kreuz und einmal quer über die ohnehin bereits ruinierte Leinwand und warf danach zornig ihr malerisches Werkzeug gegen die bis dahin weiß e Wand ihres kleinen Hobbyraumes. Noch wütender starrte sie danach auf den Fleck, der nun die Wand zierte und der mehr Ausdruck zu haben sc hien, als das misslungene Bild.
    Doch eigentlich galt Naomis Wut viel weniger dem Fleck an der Wand und viel mehr dem Umstand, dass ihre Liebste die ganze Nacht nicht nach Hause gekommen war.
    Am Abend zuvor hatten sie sich heftig gestritten. Es war nicht die erste Debatte die sie und Fou-Mai geführt hatten, seit ihre anfangs kameradschaftliche Freund- und Wohngemeinschaft sich in eine Liebesbeziehung gewandelt hatte. Ebenso wenig, wie es das erste Mal war, dass aus der anfänglichen Diskussion ein handfester Streit wurde, der darin gipfelte, dass Fou-Mai davon stürmte. Mit wehenden Haaren, aufgebracht wie ein sich in der Karibik zusammenbrauender Wirbelsturm; gleichermaßen eine Spur der Verwüstung hinter sich zurücklassend. Doch dass sie sich danach, offensichtlich, nicht wieder beruhigt hatte, war bisher noch nie vorgekommen. Normalerweise klang der “Orkan Fou-Mai” so zügig ab wie er aufzog und selten dauerte es länger als ein paar Stunden, bis die temperamentvolle Asiatin reumütig nach Versöhnung verlangte. Doch diesmal war sie weder nach Hause zurückgekommen, noch hatte sie wenigstens angerufen. Ja, im Streit hatte sie nicht einmal ihr Mobiltelefon
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