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Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Titel: Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho
Autoren: Unbekannter Autor
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auf uns. Ich duckte mich unter dem Speer weg und trat sofort zu. Ich erwischte den Angreifer in der Brust und schleuderte ihn zurück. Er riss das Schwert hoch, um mich aufzuspießen, doch ich sprang zur Seite weg und schlidderte dabei in den Schlamm.
    Sekundenlang erhellte sich der Himmel auf gespenstische Weise, während ich mich wieder zu meinem Soldaten umdrehte. Aus seinem Hals sprudelte Blut, und sein Kopf baumelte schief auf der Seite. Er war von hinten gefällt worden. Mir wurde der Arm aus dem Gelenk gerissen, so heftig wurde ich zur Seite katapultiert.
    Wieder schlug der Blitz ein. Der Regen prasselte mittlerweile so laut, dass nichts anderes mehr zu hören war. Durch das stroboskopartige Licht sah ich einen Mann in den Kreis der Schilde treten und sie auseinander reißen. Das Haar stand ihm zu Berge, und seine dichten schwarzen Locken schienen in den wenigen Sekunden, in denen er die von RaEm konstruierte moderne Maschinerie einriss, noch voller zu werden.
    »Verräter!«, kreischte sie und in diesem Moment schlug der Blitz ein.
    Er schlug in eine der Stangen, sprang unten auf die Lade über und von dort aus zur zweiten Stange und zu dem Schildkreis weiter, wo Dion stand. Er zuckte durch seinen Körper, ließ ihn wie eine Marionette zappeln und verschwand dann im Boden.
    Nichts flog in die Luft. Die Seuche blieb eingesperrt.
    Dion hatte uns, warum auch immer, gerettet.
    »Tötet sie!«, kreischte RaEm. Ich schaute gar nicht erst auf, um festzustellen, wen sie damit meinte. Ich packte Cheftu am Arm und zog ihn strauchelnd hinter mich. Überall sirrten Pfeile durch die Luft, Pfeile, die nicht mehr in den Himmel, sondern auf die Menschen gerichtet waren. Die Giborim stürzten vor, die neuen pelestischen Schwerter gezückt.
    Das Klirren von Metall auf Metall wetteiferte mit dem Heulen des Sturms.
    Ägypter und Israeliten bekämpften einander auf dem Tempelberg. Schreie, Stöhnen und das Scheppern der Waffen erfüllten die elektrisch knisternde Luft. Doch nachdem keine Pfeile mehr in den Himmel flogen, um den Sturm anzulocken, zog er schnell über uns hinweg. Cheftu und N’tan bahnten sich einen Weg durch die Kämpfenden, also zog ich den Kopf ein und lief ihnen hinterher. Immer mehr Priester schienen sich aus dem Tumult zu lösen, während die Stammesangehörigen und Cheftu den Golddraht von den Stangen holten, die von den Priestern neu angeordnet wurden.
    Andere Priester bauten das Zelttabernakel wieder auf, um weitere Blitzschläge abzuwenden und ihren wertvollsten Besitz zu schützen. RaEm hatte die Lade an ihrem Platz gelassen, sie hatte einfach alles im Umkreis niedergerissen. Die Priester holten die Schilde herunter und rückten die Lade gerade, deren Cherubim wie ein einziges, vierflügliges Wesen aussahen. Doch darüber wollte ich mir keinesfalls den Kopf zerbrechen.
    Statuen bewegten sich nicht; daher auch die Redewendung still wie eine Statue. Dies war bestimmt ein Traum. Eine Halluzination.
    Dion lag leblos am Boden. Das Tabernakel wurde wieder aufgerichtet, die Soldaten kämpften, und mittendrin lag Dion.
    Zögernd fasste ich nach seinem Hals und versuchte, den Puls zu ertasten. Immer wieder zuckte der Himmel auf, doch ich kam beim Zählen bis »acht«, ohne dass es donnerte.
    Dion schlug die Augen auf und schnappte nach Luft. Dass sich mir die Haare aufstellten, hatte nichts mit der statischen Aufladung in der Luft zu tun. »Wo ist RaEm?«, fragte er.
    Diese Hexe.
    »Sag du es mir.«
    Er schnappte noch mal nach Luft. »Unter der Stadt. In den Höhlen. Versteckt sich.« Ich blickte auf den Mann hinab, dessen Tod ich nur wenig bedauert hätte, und begriff, dass er niemals sterben würde. Genauso wenig wie Cheftu. Ich ließ ihn liegen und eilte auf der Suche nach dem Eingang zu den Höhlen durch das Schlachtengetümmel. Noch einmal würde sie nicht davonkommen. Nicht noch einmal.
    Ich hielt inne und lauschte auf Schritte. Nichts. Kein anderer Atem, nur meiner. Ich ließ mich hinab und folgte dann dem Pfad durch alle Windungen und Wendungen. Unter einem weiteren von Menschen gehauenen Bogen hindurch in eine weitere Kammer. Ich war inzwischen durch so viele gekommen, dass ich nicht mehr sagen konnte, ob ich mich vorwärts oder im Kreis bewegte. Kannte ich diesen Raum bereits?
    Stattdessen stand ich an einem ganz anderen Ort, als ich geglaubt hatte. Ich bewegte mich nicht im Kreis. Ich war in einem Labyrinth! Ich hob die brennende Öllampe hoch, die ich aus einem der vorigen Räume mitgenommen hatte,
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