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Fotostudio Plange I (German Edition)

Fotostudio Plange I (German Edition)

Titel: Fotostudio Plange I (German Edition)
Autoren: Darius von Benin
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achten
und im richtigen Moment den Auslöser zu betätigen.
    Die ersten vier Versuche gingen total in die Hose, es war
nur das Blau des Beckens zu erkennen. Die Experimente fünf bis neun waren schon
besser, ich erwischte ein paar Körperteile meines Neffen, aber nicht das, was
ich wollte, nämlich sein Gesicht. Beim zehnten Versuch war ich zu früh auf dem
Auslöser, ich erwischte nur seine Arme und etwas Stirn. Beim elften Durchgang
war ich zu langsam, das Bild seiner eng anliegenden Badehose hatte zwar was Erotisches,
aber das konnte man schlecht in einen Kalender für seine Eltern kleben. Das
zwölfte Bild war ebenfalls Mist, nach der nächsten Aufnahme meinte ich nur nach
dem Auftauchen: „BINGO!“
     
    Eine Wiederholung war leider nicht möglich, denn in
diesem Moment schaltete das Deckenlicht auf Notbeleuchtung um. Nötigenfalls
müsste ich am Computer einige Retuschen machen, aber ich hoffte inständig, dass
das nicht der Fall sein würde.
     
    Notgedrungen machten wir uns, beladen mit der Ausrüstung,
auf in Richtung Umkleidekabine. Bis auf die Wasserspuren der Mannschaft war sie
leer, außer uns keine Menschenseele. Gegenüber den Spinden waren eine Bank und
die obligatorische Hakenreihe, wie in jeder Sporthalle. An einem Haken hatte
ich vorhin meine Jacke aufgehangen, sie hang immer noch jungfräulich da. Dort
deponierten wir die Ausrüstung und, während Marvin sich an seinem Schrank zu
schaffen machte, suchte ich das Duschzeug in meinem Beutel.
    An nichts Böses denkend warf ich meine Badeshorts auf die
Bank und ging in die Dusche. Der Wasserstrahl war angenehm warm. Marvin folgte
mir kurze Zeit später. Das Tapsen seiner Badelatschen in den Wasserpfützen
vernahm ich zwar, aber ich hatte die Augen geschlossen. Ich blickte kurz auf,
er hatte die Brause mir gegenüber gewählt. Ich sah ihn zum ersten Mal seit
seinem Kleinkindalter nackt. Nettes Kerlchen, schoss es mir durch den Kopf,
wohldefinierter Körper, der Schwanz, vom Wasser noch eingeschrumpelt, lag, bis
auf einen kleinen Haarkranz, frei. Er rasiert sich! Der Kleine sieht zum
Anbeißen aus! Nein! Er ist dein Neffe! Nein! Nein!
    Aus Angst vor einer natürlichen Reaktion meinerseits
drehte ich mich um und nahm das Duschzeug. Ich drückte erneut auf den Knopf,
der verebbte Wasserstrahl nahm an Intensität wieder zu und ich rieb mich ein,
spülte mir das Chlor vom Körper. Ich griff nach dem Shampoo, um Selbiges in den
Haaren zu verteilen. Mit dem Rücken zu ihm meinte ich: „Du Marvin, mir ist was
Dummes passiert. Ich hab mein Handtuch vergessen. Kannst du mir eins leihen?“
     
    „Klar, Onkel Stefan! Meine Tasche steht draußen. Bedien
dich einfach!“
     
    „Äh, danke! Aber bitte tu mir ein Gefallen, ja?“
     
    „Welchen?“
     
    „Wenn wir bald zusammenwohnen, vergiss bitte den Onkel!
Da komm ich mir so alt vor! Stefan reicht vollkommen!“
     
    „Wieso meint ihr Schwulen eigentlich, mit knapp 40 ist
man alt? Das werde ich nie verstehen! Du bist nicht … Egal! Wenn wir unter uns
sind, sind wir Stef und Marv, in der Öffentlichkeit Stefan und Marvin und, wenn
es förmlich sein muss, dann bist du weiterhin mein Onkel! Einverstanden?“
     
    „Ok! Marv!“ Ich grinste, der Kleine hatte es wirklich
drauf.
     
    Ich brauste mich ab und verließ, ohne mich umzudrehen,
die Dusche. Nur als in der Tür stand, schaute ich mich noch einmal kurz zu ihm
um. Der kleine Marvin war nicht mehr ganz so klein! Was hatte er gemacht? Oder
gedacht? Nein! Nein! Nein!
    Ich ging an seine Tasche und griff mir ein Handtuch, er
hatte drei dabei. Föhnen oder nicht? Nein, besser nicht! Nur nicht so lange
hier in der Umkleide bleiben, fuhr es mir durch den Kopf. Marvin würde ja
gleich die Umkleide betreten. Ein Handtuch hatte ich bei ihm nicht gesehen, er
würde also nackt, wie Gott ihn erschaffen, den Raum wieder betreten. Das Wasser
in dem Raum nebenan war verstummt, Schritte waren noch nicht zu vernehmen. Was
macht er wohl? Ich trocknete mich schnell ab und zog mich rasch an.

     
    „Marv! Ich bring die Sachen schon mal zum Wagen und rauch
mir eine! Beeilst du dich!“
     
    „Alles klar! Lass dir Zeit mit deinem Lungenbrötchen!“
Das tat ich dann auch!
     
     
     
    Die Zeit verging und ehe ich mich versah, stand er eines
Dienstagabends mit Koffer und Schultasche vor der Tür. Die Woche des
Zusammenlebens war gekommen. Obwohl er zwar alles von den Besuchen bei mir
kannte, zeigte ich ihm noch einmal alles, sicher ist sicher. Sein Zimmer hatten
wir noch nicht
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