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Fotostudio Plange I (German Edition)

Fotostudio Plange I (German Edition)

Titel: Fotostudio Plange I (German Edition)
Autoren: Darius von Benin
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blockierten Stellplatz auf, denn unsere
Stadtoberen brauchten das Geld von den Parksündern. „Und als ich vorhin im Bad
war, fand ich das nasse Handtuch auf den Klodeckel! Das kann eigentlich nur
bedeuten, dass du dich gespült hast. Ansonsten macht eine Dusche in privatissimo vor dem Duschen im Schwimmbad einfach keinen Sinn!“
     
    „Oh!“ Er war anscheinend sprachlos.
     
    „Genau! Und drittens, mein Lieber, brauchte ich, wenn ich
früher Mathe lernen wollte, nur Zettel und Stift, mein Buch und einen
Taschenrechner, aber keinen Doppeldildo! Wenn du schon an die Spielkiste gehst,
dann solltest du wenigstens hinterher auch den Deckel schließen!“
     
    „Scheiße!“
     
    „Stimmt! Dein Verhalten ist wirklich Mist! Also? Wer ist
denn der Glückliche, der dich beglücken soll?“
     
    Außer einem Atmen war nichts zu vernehmen. „Ich bin wohl
im Arsch!“
     
    „Das würde ich jetzt zwar nicht sagen, du kannst dich
immer noch retten. Es liegt nur an dir!“
     
    In seiner Stimme lag Resignation, fast Verzweiflung.
„Wie?“
     
    „Marvin, ist doch ganz einfach: Ich koch dann halt für
drei! Du bringst ihn einfach mit!“
     
    „Mh, und was ist, wenn er nicht will?“ Er atmete tief
durch, suchte wohl nach den passenden Worten. „Es ist noch alles so neu für
ihn! Er ist sich unsicher, ob er oder ob er nicht …“
     
    „Kind! Du kennst mich! Ich werde ihm bestimmt nicht den
Kopf abreißen, höchstens ihm die Leviten lesen! Entweder, er empfindet
tatsächlich was für dich, dann wird er mitkommen, allein dir zuliebe, oder er
schlägt die Einladung aus, dann hat er dich und das Geschenk, das du ihm
bereiten wolltest, überhaupt nicht verdient.“
     
    „Meinst du wirklich?“
     
    „Ja!“ Diesmal atmete ich hörbar. „Ich erwarte euch dann
pünktlich um acht zum Essen! Und Marv, …“
     
    „Ja, Stef?“
     
    „Egal ob er mit zum Essen kommt oder nicht, ich hab dich
trotzdem lieb!“
     
    „Ich dich auch, Onkelchen, ich dich auch!“ Er legte auf.
     
    Ich starrte ins Leere und wusste nicht, wie viele
Personen am heutigen Abend um den Tisch sitzen würden. Ich würde mich
überraschen lassen müssen!
     
     
     
    Tja, lieber Leser, die Situation ist etwas verwirrend,
das gebe ich zu. Wie man der Schilderung des Telefonats unschwer entnehmen
kann, leben Marvin und ich unter einem Dach. Des Weiteren sind wir beide
offensichtlich verzaubert, homosexuell, warme Brüder oder wie man das auch
immer nennen mag. Um die Fäden etwas zu entwirren, müsste ich wohl etwas tiefer
in die Familiengeschichte gehen, aber Historie ist ja meistens langweilig,
oder? *fg

 
Essen beim Griechen
     
    Ihr wollt es ja nicht anders, also werde ich weiter
erzählen. Wo fange ich an? Am besten am Anfang! Also: Am Anfang war das Wort, …
     
    Nein, es wird jetzt keine Bibelstunde, aber am Anfang des
Zusammenlebens mit Marv stand wirklich das Wort, das ich meinen Bruder Klaus
vor knapp anderthalb Jahren gegeben hatte, mich nämlich um seinen adoptierten
Sprössling zu kümmern. Nein, es steckt jetzt keine Familientragödie mit
Krankheit, Tod oder Scheidung dahinter, auch waren mein Bruder und seine Frau
Claudia nicht mit der Erziehung ihres verzauberten Sohnes überfordert, also
auch kein Psychodrama, kein seelisches Horrorszenario, kein emotionaler
Gefühlsorkan, obwohl? Geheult haben wir beim Abschied dann doch alle wie die
Schlosshunde. Es war aber für alle Beteiligten die beste Lösung, den
sechzehnjährigen angehenden Wasserballstar in der Obhut seines schwulen Onkels,
sprich meiner Person, zu lassen.
     
    Aber, um das zu verstehen, muss ich das Rad der
Geschichte noch weiter zurückdrehen, mindestens um vier Jahre, denn damals,
nach dem Tod meines Vaters, betrat ich wieder die heimische Bühne, die ich fünf
Jahre zuvor mit einem großen Knall verlassen hatte beziehungsweise verlassen
musste.
     
    Ach was soll‘s: Fangen wir bei meinem alten Herrn an.
Wilhelm, mein Vater, war zwar das jüngste Kind seiner Eltern, aber er übernahm
dann in vierter Generation das Fotostudio Plange, da seine beiden älteren Brüder
im Krieg gefallen waren. Mit knapp 40 lernte er dann meine Mutter Karin kennen.
Nach vier Jahren Ehe wurde dann Klaus geboren, drei weitere Jahre später erblickte
ich schließlich das Licht der Welt.
    Klaus, der von jeher lieber mit Bauklötzen spielte, studierte
Bauingenieurwesen und wurde Tragwerkplaner; die alte Bezeichnung Statiker ist
wohl geläufiger. Ich hingegen entwickelte schon mit sieben meine
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