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Fotostudio Plange I (German Edition)

Fotostudio Plange I (German Edition)

Titel: Fotostudio Plange I (German Edition)
Autoren: Darius von Benin
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wir nach
vernünftigen Schulen für unsere drei Jungs. Bei den Zwillingen war das kein
Problem, aber bei Marvin war es …“
     
    Ich blickte sie fragend an. „Schwieriger?“
     
    Sie nickte und umfasste die Hand meines Bruders, nach
einem Schluck Bier meinte er: „Wir waren ja zuerst bei der deutschen Schule,
aber die war ihm nicht sportlich genug. Wir suchten weiter! Er machte dann eine
Art Probetag an einem Sportgymnasium mit. Ziemlich tolle Anlagen, eigenes
Olympiabecken, vier Sportplätze, sogar eine Eishalle. Das Schulgeld schreckte uns
zwar erst ab, aber im Endeffekt ist das zweitrangig. Wir wollen ja nur das
Beste für unsere Söhne. Tja, aber nach dem Tag war er zu nichts mehr zu
gebrauchen. Er machte dicht, wurde bockig und versaute uns die restlichen Tage.
Es wurde so schlimm, wir mussten einfach vorher abreisen, sonst wäre es auf
Mord und Totschlag hinaus gelaufen.“
     
    Die Bedienung brachte das Essen und wir stocherten in den
griechischen Köstlichkeiten. Ich blickte die beiden an. „Lasst uns essen, bevor
es kalt wird!“
    Schweigend speisten wir und vermieden es, uns dabei
anzusehen. Ich machte mich gerade über das Bifteki her, als ich das Messer
fallen ließ. „Habt ihr euch mal gefragt, warum er nicht auf die deutsche Schule
wollte, sondern lieber auf diese Sportakademie?“
     
    Mein Bruder blickte mich fragend an. „Er ist ein
hervorragender Schwimmer und ein ausgezeichneter Handballer! Also ist das doch
nur natürlich!“
     
    „Falsch, lieber Bruder! Er ist ein guter Schwimmer, aber
kein neuer Mark Spitz! Er spielt gut Handball, ist aber kein neuer Jo Deckarm!
Und was macht man daraus? Die Synthese aus beidem ergibt einen hervorragenden
Wasserballer! Und das ist er! Das hat er sogar schriftlich, dass er da zu den
Besten zählt!“
     
    Klaus wurde ungeduldig. „Auf was willst du hinaus?“
     
    „Bruderherz! Machen wir uns nichts vor! Marvin ist ein
ganz normaler Schüler, wo liegt sein Durchschnitt? Wenn ich mich an das letzte
Zeugnis erinnere, bei zwei Komma sechs! Sport und Mathe sehr gut, der Rest
normal und in Englisch? Mit Müh und Not gerade noch eine Vier! In Australien
spricht man aber nun einmal Englisch. Egal ob er auf eine deutsche Schule geht
oder nicht, die Hauptunterrichtssprache ist und bleibt Englisch, also sackt er
unweigerlich in seinen Noten ab. Seine sportlichen Leistungen bringen ihn daher
auf dem deutschen Gymnasium auch nicht über die Runden, also bleibt eine Schule
mit Schwerpunkt Sport. Aber auch da ist er nur einer unter vielen guten
Sportlern.“
     
    „Was soll das bedeuten, lieber Schwager? Du sprichst in
Rätseln!“
     
    „Hier ist er der Star, naja, eher ein PRIMUS INTER PARES,
wenn ihr so wollt. Er hat hier eine gewisse Stellung, einen gewissen Rang in
der schulischen Hackordnung und ihr wollt ihn nun aus seiner gewohnten Umgebung
herausreißen. Dass das nicht einfach ist, dürfte doch so klar sein wie das Amen
in der Kirche. Vor zwei Monaten hat er den Sprung in den Leistungskader
geschafft, aber nicht als Schwimmer, sondern als Wasserballer. Das kann auch
die sportlichste Schule am anderen Ende der Welt nicht wettmachen!“
     
    Claudia nickte. „Langsam verstehe ich, worauf du hinaus
willst. Wenn man jetzt noch bedenkt, dass er wahrscheinlich …“
     
    Man konnte die Aufregung in Klaus Stimme spüren.
„Wahrscheinlich was? Was ist mit Marvin? Was ist er?“
     
    „Verzaubert!“ „Schwul!“ Der erste Begriff kam von mir,
der zweite Ausdruck von Claudia, aber beide fielen zur gleichen Zeit.
     
    „Was?“
     
    „Klaus, sei mir bitte nicht böse, wenn ich das jetzt als
dein schwuler Bruder sage, aber es gibt viele Parallelen zwischen mir damals
und Marvin heute. Hast du in letzter Zeit mal einen Blick in sein Bücherregal
geworfen? Da steht einiges von dem, was ich damals auch gelesen habe, als ich
unsicher war, ob ich Fisch oder Fleisch bevorzuge!“
     
    „Woher wisst ihr das?“
     
    „Sorry, aber ich hab bei ihm im Zimmer hochgezogen und
sein Regal steht neben dem Fenster, ein Blick und man sieht das.“ Die
Merkwürdigkeiten der letzten Monate ließ ich in diesem Moment lieber unerwähnt.
     
    „Als Mutter hab ich auch so etwas geahnt. Seit seiner
Konfirmation hatte er eine Freundin nach der anderen, manchmal kannten wir ja
noch nicht mal ihren Namen, und jetzt ist er seit fast einem halben Jahr solo?!
Außerdem … er hat sich erheblich verändert, in allem. Du kriegst das ja nicht
richtig mit, auch dann nicht, wenn du mal
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