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Fortunas Tochter

Fortunas Tochter

Titel: Fortunas Tochter
Autoren: Isabel Allende
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sowieso gefunden, das war vorher– bestimmt.«
    »Komm mir nicht mit der Geschichte von der Reinkarnation…«
    »Genau. In jeder Reinkarnation werden wir uns wiederfinden, bis wir unser Karma erfüllt haben.«
    »Klingt beängstigend. Jedenfalls werde ich nicht nach Chile zurückgehen, aber ich werde mich auch nicht länger verstecken, Tao. Von jetzt an will ich ich sein.«
    »Du bist immer du gewesen.«
    »Mein Leben ist hier. Das heißt, wenn du willst, daß ich dir weiter helfe.«
    »Und Joaquín Andieta?«
    »Vielleicht bedeutet der Stern auf seiner Stirn, daß er tot ist. Stell dir vor, ich habe diese schreckliche Reise vergeblich gemacht.«
    »Nichts ist vergeblich. Im Leben kommt man nirgends an, Eliza, man geht nur.«
    »Wie wir zusammen gegangen sind, das war nicht übel. Begleite mich, ich will ein Bild von mir machen lassen, das ich Miss Rose schicken werde.«
    »Kannst du auch eins für mich machen lassen?«
    Sie gingen zu Fuß und Hand in Hand zum Union Place, wo sich mehrere Photographengeschäfte etabliert hatten, und wählten das ansehnlichste aus. Im Fenster waren Abenteurer aus dem Jahr 49 ausgestellt: ein junger Mensch mit blondem Bart und entschlossenem Gesicht, Hacke und Schaufel in der Hand; eine Gruppe Goldgräber, sehr ernst, den Blick fest auf die Kamera gerichtet; Chinesen am Ufer eines Flusses; Indianer, mit feinma– schigen Körben beim Goldwaschen; Familien von Pionie– ren in Pose vor ihren Wagen. Daguerreotypien waren Mode geworden, sie waren die Verbindung zu den fernen Angehörigen, der Beweis, daß sie hier das Abenteuer des Goldes erlebten. Es hieß, in den Städten im Osten ließen sich Männer, die nie in Kalifornien gewesen waren, mit Goldgräberwerkzeug abbilden. Eliza war überzeugt, daß die großartige Erfindung der Photographie die Maler endgültig entthront hatte, die selten wirklich Ähnlichkeit erzielten.
    »Miss Rose hat ein Gemälde von sich mit drei Händen, Tao. Das hat ein berühmter Künstler gemalt, aber ich erinnere mich nicht an den Namen.«
    »Mit drei Händen?«
    »Na ja, der Maler hat zwei gemalt, aber sie hat die dritte dazugesetzt. Ihr Bruder ist fast umgefallen, als er es sah.«
    Eliza hatte vor, ihr Photo in einen feinen Rahmen aus vergoldetem Metall und rotem Samt zu setzen, für Miss Roses Schreibtisch. Sie hatte Joaquín Andietas Briefe mitgenommen, damit sie auf der Photographie verewigt wurden, bevor sie sie zerstörte. Inwendig glich das Geschäft den Sofitten eines kleinen Theaters, es gab Vorhänge mit blumengeschmückten Gartenhäuschen und Seen mit Fischreihern, griechische Säulen aus Pappe, Rosengirlanden und sogar einen ausgestopften Bären.
    Der Photograph war ein flinkes Männchen, das stotterte und wie ein Frosch über die Versatzstücke in seinem Studio hüpfte. Als die Einzelheiten geklärt waren, postierte er Eliza vor einen Tisch, die Liebesbriefe in der Hand, und schob ihr einen Metallstab auf einem Ständer in den Rücken mit einer Stütze für den Hals, sehr ähnlich dem, mit dem Miss Rose sie bei den Klavierübungen geplagt hatte.
    »Das ist, damit Sie sich nicht bewegen. Schauen Sie in die Kamera und atmen Sie nicht.«
    Das Männchen verschwand unter einem schwarzen Tuch, einen Augenblick später blendete sie ein Blitz, und ein brenzlicher Geruch brachte sie zum Niesen. Für das zweite Photo ließ sie die Briefe beiseite und bat Tao Chi’en, ihr beim Umlegen des Perlenhalsbandes behilflich zu sein.
    Am Tag darauf ging Tao frühmorgens die Zeitung kaufen, wie immer, wenn er die Praxis öffnete, und sah die Schlagzeile, die über sechs Spalten hinwegging: Joaquín Murieta war getötet worden. Er kehrte nach Hause zurück, das Blatt gegen die Brust gepreßt, und fragte sich, wie er das Eliza sagen sollte und wie sie es aufnehmen würde.
    Am Morgen des 24. Juli, nachdem sie drei Monate blindlings herumtappend durch Kalifornien geritten waren, gelangten Captain Love und seine zwanzig Söldner in das Tal von Tulare. Sie waren es inzwischen reichlich satt, hinter Phantomen herzujagen und falschen Fährten zu folgen, die Hitze und die Moskitos hielten sie bei allerschlechtester Laune, und sie begannen sich allmählich gegenseitig zu hassen. Drei Sommermonate aufs Gerate– wohl durch diese ausgedörrten Hügel zu reiten, mit einer glühenden Sonne über den Köpfen, war reichlich viel verlangt für die paar Dollar. Sie hatten in den Dörfern die Anschläge gesehen, die 1000 Dollar Belohnung für die Gefangennahme des Banditen
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