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Fortunas Tochter

Fortunas Tochter

Titel: Fortunas Tochter
Autoren: Isabel Allende
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Leibbinde plattgedrückt worden waren, noch dieselben waren wie früher, klein und fest, mit rosigen Erdbeeren.
    Sie löste ihre Mähne, die sie seit vier Monaten nicht geschnitten hatte, und kämmte sie zu einem festen Schweif im Nacken, schloß die Augen und schüttelte den Kopf und hatte ihre Freude an dem Gewicht und der animalisch lebendigen Geschmeidigkeit ihres Haares. Sie war überrascht von dieser fast unbekannten Frau mit Rundungen auf Schenkeln und Hüften, einer schmalen Taille und auf dem Schamhügel diesem krausen Dreieck, das in seiner Struppigkeit so ganz anders war als das glatte, elastische Kopfhaar. Sie hob einen Arm, um seine Länge zu messen, seine Form zu beurteilen, von weitem auf die Nägel zu schauen; mit der anderen Hand strich sie sich über die Seite, das Relief ihrer Rippen, die Achselhöhle, den Umriß des Armes.
    Sie verhielt an den empfindsamsten Stellen des Handgelenks und des zweigeteilten Ellenbogens und fragte sich, ob Tao das gleiche Kitzeln an den gleichen Stellen empfand. Sie berührte ihren Hals, zeichnete die Ohren, den Bogen der Augenbrauen, die Linie ihrer Lippen nach; mit einem Finger fuhr sie sich im Mund herum und dann über die Brustwarzen, die sich bei der Berührung mit dem warmen Speichel aufrichteten. Sie strich fest mit den Händen über die Gesäßbacken, um ihre Form in sich aufzunehmen, und dann nur leicht, um die Glätte der Haut zu spüren. Sie setzte sich auf ihr Bett und betastete sich von den Füßen bis zu den Leisten und wunderte sich über den kaum wahrnehmbaren goldenen Flaum auf ihren Beinen. Sie spreizte die Schenkel und berührte die geheimnisvolle Spalte ihres Geschlechts, weich und feucht; sie suchte die Knospe der Klitoris, den Mittelpunkt ihres Verlangens und ihrer Verwirrungen, und als sie darüberstrich, erschien sofort und unerwartet das Gesicht Tao Chi’ens. Es war nicht Joaquín Andieta, an dessen Züge sie sich kaum noch erinnern konnte, sondern ihr treuer Freund, der kam, ihre fiebrigen Phantasien mit einer unwiderstehlichen Mischung aus glühenden Um– armungen, sanfter Zärtlichkeit und gemeinsamem Lachen zu nähren. Danach roch sie an ihren Händen und bewunderte den starken Geruch nach Salz und reifen Früchten, den ihr Körper ausströmte.
    Drei Tage nachdem der Gouverneur einen Preis auf den Kopf Joaquín Murietas ausgesetzt hatte, ankerte im Hafen von San Francisco der Dampfer »Northerner« mit zweihundertfünfundsiebzig Sack Post und Lola Montez an Bord. Sie war die berühmteste Kurtisane Europas, aber weder Tao Chi’en noch Eliza hatten je ihren Namen gehört. Sie waren zufällig am Kai, weil sie eine Kiste mit chinesischen Arzneien abholen wollten, die ein Matrose aus Shanghai mitgebracht hatte. Sie glaubten zuerst, der Grund für den Karnevalstrubel seien die Postsäcke, niemals zuvor war eine so reichhaltige Ladung ange– kommen, aber das festliche Feuerwerk belehrte sie eines besseren. In dieser Stadt, die an jede Art Wunder gewöhnt war, hatte sich eine hauptsächlich aus Männern bestehende Menschenmenge versammelt, um die unvergleichliche Lola Montez zu sehen, die, vom Trommelwirbel ihres Ruhms angekündigt, über den Isthmus von Panama angereist war. Sie entstieg dem Landungsboot auf den Armen von zwei glücklichen Matrosen, die sie mit ehrfürchtigen Verbeugungen, wie sie einer Königin würdig gewesen wären, behutsam auf festem Land absetzten. Und königlich war auch die Haltung der berühmten Tänzerin, mit der sie die Hochrufe ihrer Verehrer entgegennahm. Das Spektakel verwunderte Eliza und Tao Chi’en, die nichts über Herkunft und Ruf der Schönen wußten, aber die Zuschauer klärten sie rasch auf. Die Montez war Irin, von plebejischer wie unehelicher Geburt, die sich für eine vornehme Ballerina und spanische Schauspielerin ausgab. Sie tanzte wie ein Dorftrampel, und von einer Schauspielerin besaß sie nichts außer einer maßlosen Eitelkeit, aber ihr Name beschwor ausschweifende Bilder großer Verführerinnen herauf von Dalila bis Kleopatra, und deshalb waren wildbegeisterte Massen herbeigeeilt, um ihr zuzujubeln. Sie kamen nicht ihrer zweifelhaften künstlerischen Begabung wegen, sondern um dieses Inbild verblüffender Boshaftigkeit, legendärer Schönheit und stürmischen Talents von nahem zu erleben. Ohne weitere Talente außer Unverschämtheit und Verwegenheit füllte sie Theater, verschwendete Unsummen, sammelte Schmuck und Liebhaber, erlitt epische Wutanfälle, hatte der Prüderie den Krieg erklärt und
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