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Fortunas Tochter

Fortunas Tochter

Titel: Fortunas Tochter
Autoren: Isabel Allende
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eine Falschmeldung«, warnte Jeremy sie.
    John Sommers erzählte ihnen die Einzelheiten der Begegnung zwischen Jacob Freemont und Eliza und ließ auch nicht aus, daß sie als Mann gekleidet war und sich so bequem darin bewegte, daß der Reporter anfangs nicht zweifelte, einen Jungen vor sich zu haben. Er fügte hinzu, er sei mit Freemont in das chilenische Viertel gegangen, aber sie hätten nicht gewußt, welchen Namen sie benutzte, und keiner konnte oder wollte ihnen ihre Adresse geben. Zweifellos sei Eliza nach Kalifornien gegangen, um ihren Liebsten zu treffen, aber etwas sei schiefgelaufen, und sie habe ihn nicht gefunden, denn der Grund ihres Besuches bei Freemont sei gewesen, von ihm etwas über einen Banditen ähnlichen Namens zu erfahren.
    »Das muß er sein. Joaquín Andieta ist ein Dieb. Aus Chile ist er vor der Justiz geflohen«, knurrte Jeremy Sommers.
    Es war nicht möglich gewesen, ihm den Namen von Elizas Liebstem zu verschweigen. Miss Rose mußte ihm auch gestehen, daß sie öfter Joaquín Andietas Mutter besuchte, um Neuigkeiten zu erfahren, und daß die arme Frau, die jedesmal ärmer und kränker aussah, überzeugt war, ihr Sohn sei tot. Es gebe keine andere Erklärung für sein langes Schweigen, versicherte sie.
    Sie hatte aus Kalifornien einen Brief mit dem Datum vom Februar 1849 erhalten, das war eine Woche nach seiner Ankunft, und darin hatte er ihr von seinem Plan geschrieben, zu den Lagerstätten aufzubrechen, und sein Versprechen wiederholt, ihr alle vierzehn Tage zu schreiben. Dann - nichts mehr. Er war spurlos verschwunden.
    »Findet ihr es nicht merkwürdig, daß Jacob Todd Eliza in Männerkleidern und ohne jeden Hinweis erkannt haben will?« fragte Jeremy. »Als er sie hier bei uns sah, war sie noch ein Kind. Wie lange ist das her? Mindestens sechs, sieben Jahre. Wie kam er überhaupt auf die Idee, Eliza sei in Kalifornien? Das ist doch absurd.«
    »Vor drei Jahren habe ich ihm erzählt, was passiert ist, und er versprach mir, sie zu suchen. Ich habe sie ihm genau beschrieben, Jeremy. Außerdem hat Elizas Gesicht sich nie sehr verändert; als sie fortging, sah sie immer noch wie ein Kind aus. Jacob Freemont hat sie eine ganze Zeit lang gesucht, bis ich ihm sagte, daß sie wahrscheinlich tot ist. Jetzt hat er mir versprochen, sich wieder darum zu kümmern, er denkt sogar daran, einen Detektiv anzuheuern. Ich hoffe, nach meiner nächsten Fahrt kann ich euch genauere Nachrichten mitbringen.«
    »Warum vergessen wir denn diese Sache nicht ein für allemal?« seufzte Jeremy.
    »Weil sie verdammt noch mal meine Tochter ist, Mensch!« rief der Kapitän zornig.
    »Ich fahre nach Kalifornien und suche Eliza!« unterbrach sie Miss Rose und stand auf.
    »Du fährst nirgendwohin!« schrie ihr älterer Bruder sie an.
    Aber sie war schon aus der Tür: sie würde ihre Adoptivtochter finden, und zum erstenmal seit vier Jahren gab es für sie einen Grund, weiterzuleben. Sie entdeckte staunend, daß ihre alten Kräfte ungebrochen waren und in einem geheimen Winkel des Herzens nur darauf warteten, ihr wieder zu dienen, wie sie ihr einst gedient hatten. Die Kopfschmerzen verschwanden wie durch Zauber, sie schwitzte und hatte rote Wangen vor Begeisterung, als sie die Dienstmädchen rief, die sie ins Zimmer der Schränke begleiten sollten, um passende Koffer zu suchen.
    Im Mai 1853 las Eliza in der Zeitung, daß Joaquín Murieta und sein Trabant Drei-Finger-Jack ein Lager von sechs friedlichen Chinesen überfallen hatten; sie hatten sie mit den Zöpfen zusammengebunden und geköpft, dann hängten sie die Köpfe an einen Baum wie ein Büschel Melonen. Straßen und Wege waren in der Hand der Banditen, keiner war darauf mehr sicher, wer sie benutzen mußte, schloß sich an große, gut bewaffnete Gruppen an, um halbwegs sicher vor Überfällen zu sein.
    Sie ermordeten amerikanische Goldgräber, französische Abenteurer, jüdische Händler und Reisende aller Rassen, aber Indianer oder Mexikaner griffen sie im allgemeinen nicht an, die übernahmen die Gringos. Die verängstigten Menschen verriegelten Türen und Fenster, die Männer wachten mit geladenem Gewehr, die Frauen versteckten sich, keine wollte Drei-Finger-Jack in die Hände fallen. Von Murieta dagegen hieß es, er mißhandle nie eine Frau und bei mehr als einer Gelegenheit habe er ein junges Mädchen davor gerettet, von den wüsten Strolchen seiner Bande entehrt zu werden.
    Die Gasthäuser verweigerten Reisenden oft die Unterkunft, weil sie fürchteten,
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