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Fortunas Odyssee (German Edition)

Fortunas Odyssee (German Edition)

Titel: Fortunas Odyssee (German Edition)
Autoren: Eliane Reinert
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Sie darauf reagiert…«
    »Und was machen Sie?«, fragte ich im Aufstehen.
    »Ich helfe den Leuten, auf eine Reise zu gehen…«
    »Wissen die hinterher noch, wie viel Geld sie in der Brieftasche hatten?«, unterbrach ich ihn grob.
    Zu meinem Erstaunen änderte sich nichts an seinem Gesichtsausdruck.
    »Sie können gehen, um Ihr Hab und Gut sicher aufzubewahren. Gehen Sie und kommen Sie zurück, wann immer Sie wollen. Ich habe es im Leben zu etwas gebracht, bin finanziell gut gestellt und habe es nicht nötig, jemanden zu berauben.« Er rückte sich auf dem Sessel zurecht, schaute mir in die Augen und fügte hinzu: »Ich bin ein ehrlicher Mensch.«
    In diesem Moment steckte ich meine Hand in die Tasche, um zu fühlen, ob sich der Lottozettel noch dort befand.
    »Was kostet mich denn so eine Reise?«, fragte ich, während meine Hand schützend den Zettel umklammerte.
    »Sie müssen nichts bezahlen.«
    Ich grinste, um ihn zu provozieren. Es war logisch, dass er viel für diese dubiose Reise verlangen würde, von der ich nicht einmal wusste, wohin sie ging und ob ich sie überhaupt antreten wollte.
    Aber dann setzte ich mich wieder hin und schlug vor:
    »Wenn sie mir gefällt, zahle ich. Wenn nicht, dann nicht. Abgemacht, Hexer?«
    »Abgemacht! Aber ich weise Sie darauf hin: Wie erfolgreich diese Reise wird, hängt einzig und allein von Ihnen ab.«
    Ich ergänzte in Gedanken: ›Erfolgreich wird sie für ihn, wenn er mir unterdessen den Lottozettel klaut.‹
    Er drückte auf einen Knopf, und der Sessel lehnte sich nach hinten. Er bat mich, die Augen zu schließen und bis dreißig zu zählen.
    Von diesem Augenblick an veränderte sich mein Leben schlagartig.
    »Ihre Stirn ist gerunzelt. Entspannen Sie sich.«
    Ich machte es mir bequem, entspannte mich und begann zu zählen.
    »Eins, zwei, drei, vier, …«
    Kapitel 1
    Ich öffnete meine Augen und befand mich an einem anderen Ort. Es war ein kleiner Raum mit alten Möbeln und tapezierten Wänden, an denen Sepia-Fotos hingen. Dort war es nicht besonders hell, und ich rieb mir die Augen, um zu sehen, was sich hier abspielte.
    Als ich aus dem grünen Kunstledersessel sprang, kündigte die Uhr mit lauten Schlägen an, dass es sechs Uhr war. Mir war nur nicht klar, ob morgens oder abends. Es war eine wundervolle Standuhr, deren dunkles mit Öl behandeltes Holz matt glänzte.
    Mein Blick ging zum Fenster mit den verschlossenen Vor-hängen, und ich dachte einen Augenblick daran, es zu öffnen.
    Stattdessen ging ich langsam zur Tür und reckte meinen Hals, so weit wie möglich. Ich hörte Schritte und wich zurück. Jemand ging im Flur schnell an mir vorbei.
    Dann streckte ich meinen Kopf heraus und sah zwei Türen, von denen eine geöffnet war; dort trat gerade eine Frau ein.
    Sie summte ein Lied, und ich folgte ihrem Gesang. Die Frau stand am Waschbecken einer kleinen Küche und bewegte jedes Mal den Kopf, wenn sie den Refrain wiederholte. Das rötliche Haar fiel bis auf den Rücken. Man sah, dass sie eine schlanke Frau mit einer Wespentaille war.
    Auf dem Herd stand ein Topf, in dem Eier kochten, daneben ein Kessel, den sie jetzt nahm, um sein Wasser in einen Stofffilter zu gießen. Kaffeegeruch erfüllte die Küche. Ich atmete tief ein, hielt aber ganz schnell die Hand vor den Mund. Sie könnte mich schließlich hören, und was würde ich ihr dann erzählen?
    Was hatte ich in diesem Haus zu suchen?
    Was wollte ich in dieser frühen Morgenstunde in ihrer Küche?
    Aber sie bemerkte meine Anwesenheit nicht und drehte sich erst um, als ein Kind die Küche betrat.
    »Guten Morgen, Fred, ist dein Bruder Tim schon wach?«
    »Guten Morgen, Mama… uaahhh«, er gähnte und sagte dann: »Ja er ist im Bad.«
    In diesem Moment wurde mir klar, dass ich vor meiner Mutter und meinem Bruder stand. Instinktiv öffnete ich die Arme, um sie an mich zu drücken, aber sie reagierte nicht.
    Dann schaute ich zu meinem Bruder herüber, der zu diesem Zeitpunkt zehn Jahre alt sein musste. Er hatte braune Haare und seine grünen Augen ähnelten denen unseres Vaters. Ich ging auf ihn zu und wiederholte die Geste.
    »Fred!«, rief ich aus Leibeskräften, aber vergeblich - er reagierte nicht.
    Plötzlich trat ein Mann ein, schaltete ein altes Kofferradio ein und setzte sich an den Tisch.
    Mir kamen die Tränen, als ich meinen Vater sah, jung und gut aussehend, mit seinen grünen Augen und den dunklen Haaren. Er war Mitte dreißig, sah aber jünger aus.
    Ich legte meine Hände auf seine Schultern, so wie
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