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Fortunas Odyssee (German Edition)

Fortunas Odyssee (German Edition)

Titel: Fortunas Odyssee (German Edition)
Autoren: Eliane Reinert
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des Lebens. Arme Menschheit!«
    Angesichts seiner eleganten Erscheinung fand ich seine Bemerkung scheinheilig, musste aber zugeben, dass sein Blick und sein Lächeln auf einen zufriedenen Menschen hindeuteten.
    Ich schaute wieder zu den Menschen auf der Straße und versuchte, mich in sie hineinzuversetzen. Wie oft hatte ich selbst Leute nach Äußerlichkeiten beurteilt, und wie oberflächlich waren meine Gedanken gewesen die diese Äußerlichkeiten für relevanter hielten als Menschen mit ihren Hoffnungen. Träumen und Ideen. Nun war es an mir, zu fühlen wie diese Leute, die sich keine Träume gestatteten, sondern täglich durch das Leben hasteten, nicht gegen die Zeit, sondern gegen sich selbst.
    »Kommen Sie rein. Wollen Sie nicht der erste Kunde des Tages sein? Ein Privileg, das ich täglich nur einmal vergebe!«, er lachte herzlich erfrischend.
    ‹Wie bitte? Erster Kunde des Tages? Und wessen Kunde überhaupt?› dachte ich, als er in den Laden ging.
    Zu meiner Überraschung kam seine Stimme aus dem Laden wie eine Antwort auf meine Gedanken.
    »Kommen Sie rein. Verlieren Sie nicht noch mehr Zeit. Zeit ist ein kostbares Gut, nicht ersetzbar im Gegensatz zu Gold oder Geld.«
    Da erschrak ich, versuchte, klar zu denken - wusste dieser eigenartige Gentleman etwas von meinem Glück - nein, das konnte nicht sein:
    Als nächste Weihnachtsgans fungierte wohl ich, denn ich reckte indiskret meinen Hals, um zu sehen, wie es drinnen aussah. Am Ende siegte meine Neugier über meine Vorurteile.
    Der Raum lag im Halbdunkel, es roch angenehm und alles wirkte gepflegt. Es kam mir vor, als sei er gerade renoviert worden; ich meinte sogar, den Geruch von frischer Farbe in der Nase zu spüren.
    Bei meinem Eintritt begannen Lampen zu strahlen, die einen großen, kaum möblierten Saal erleuchteten, an dessen Decke ein riesiger Kristallleuchter hing. Es gab außerdem einen weißen Kamin und einige Dekorationsobjekte, die dem Raum einen modernen Eindruck verliehen – im krassen Gegensatz zum überladenen Schaufenster, das ich gerade gesehen hatte.
    Vor dem Kamin standen zwei rote Sessel mit goldenen Füßen und dazwischen ein kleiner Glastisch. Der Saal vermittelte ein elegantes Ambiente.
    Ich ging einige Schritte und bewunderte das gelungene Landschaftsbild neben dem Kamin, als plötzlich wieder dieser Mann erschien, passiv und noch immer lächelnd.
    Als der Schreck vorbei war, versuchte ich, mich mutig und ausgeglichen zu zeigen und sicher aufzutreten. Er deutete auf einen Sessel und setzte sich auf den anderen.
    Ohne Zögern setzte ich mich, um mir selbst zu beweisen, dass ich mich von nichts und niemandem beeindrucken ließ, erst recht nicht vor diesem seltsamen Mann.
    »Ich glaube nicht an Hexen oder irgendwelchen Hokuspokus, stellte ich unmissverständlich fest. Der Sessel schien mich förmlich zu umarmen. Er war so bequem, dass sich mein Unbehagen ins Diametrale wandelte.
    , fragte ich mich in Gedanken.
    Der dunkelhäutige Mann beobachtete mich und schien irgendeine Reaktion zu erwarten.
    »Sie können Ihren Chef, den Hexer rufen, ich bin bereit«, gab ich mit rauer Stimme und erhobenem Kopf von mir.
    Zu meiner Überraschung brach diese Schießbudenfigur in lautes Gelächter aus. Er warf dabei seinen Kopf zurück und zeigte seine makellosen Zähne.
    Wut stieg in mir auf …
    »Ich habe weder einen Chef noch bin ich ein Hexer. Ich veranstalte Reisen. Nicht mehr.«
    »Wie bitte? Und warum steht auf dem Schild etwas von einer Reise mit dem Hexer?«
    »Um die Neugier der Leute zu wecken. Aber wenn Sie wollen, können Sie mich ruhig Hexer nennen.«
    »Was? Wollen Sie mich auf den Arm nehmen?«
    »Warum sollte ich das tun? Das ist schließlich mein Beruf, und Sie sind heute mein erster Kunde.«
    Ich starrte ihn an, und als er es wohl am wenigsten erwartete, öffnete ich meinen Mund, um ihn zu beleidigen.
    »Was? Ihr erster Kunde? Halten Sie mich für einen Idioten? Ich möchte Ihren Chef kennenlernen und ihm ein paar Fragen stellen!«
    Er schaute mich ruhig an, und mein Gesicht wurde rot.
    »Das Wort Hexer sollte nur Neugier wecken, das habe ich doch erklärt. Immerhin haben
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