Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Forstchen, William

Forstchen, William

Titel: Forstchen, William
Autoren: William R. Forstchen
Vom Netzwerk:
gebaut für einen Hordenreiter, und Lauf und Schaft erreichten beinahe einen Meter achtzig Länge. Was jedoch besonders Hans’ Aufmerksamkeit erweckte, war die Mechanik des Verschlusses.
    Erneut blickte er Ha’ark an.
    »Nur zu, du darfst es in die Hand nehmen.«
    Hans packte die Waffe und spürte einen richtigen Nervenkitzel. Aufs Neue hielt er eine Waffe in der Hand, und einen flüchtigen Augenblick lang fühlte er sich frei, nur um dann erneut die Augen auf Ha’ark zu richten und dort den kühlen Ausdruck des Prüfens und der Vorsicht zu erkennen, bereit zu einer Blitzreaktion, falls Hans auch nur den kleinsten Fehler machte. Hans hob die Waffe höher, um sie genauer zu betrachten. Sie wog mindestens achtzehn bis zwanzig Pfund, aber er wusste, dass solche Gewichte eine Frage des Maßstabs waren. Für einen Hordenkrieger war dieses Gewehr bequem zu halten. Hans nahm den Verschluss in Augenschein; er erinnerte ihn an den eines preußischen Zündnadelgewehrs, und er packte das Schloss und zog es nach hinten. Eine glänzende Patronenhülse fiel auf den Boden der Jurte, und Hans rammte das Schloss nach vorn. Er warf einen weiteren Blick auf den Bantag. Zum ersten Mal, seit man ihn gefangen genommen hatte, hielt Hans eine echte Waffe in den Händen. Wäre nur der Lauf kürzer gewesen, dann könnte ich damit ausholen …
    »Träume nicht mal davon«, sagte der Bantag aalglatt. »Obwohl ich mit dir reden möchte, töte ich dich, falls du die falsche Bewegung machst.«
    Hans erblickte das Glitzern eines Dolchs in der linken Hand des Bantag, bereit zum Stoß.
    Hans lächelte.
    Er öffnete den Verschluss wieder. Der Mechanismus arbeitete glatt. Das war Präzisionsarbeit, und Hans spürte, dass dieses Gewehr viel besser war als alles, das die Rus derzeit herstellen konnten. Übrigens war es auch besser als alles, was er auf der Erde gesehen hatte. Bei diesem Gedanken lief es ihm kalt über den Rücken … Die Bastarde sind uns mit diesem Ding voraus! Was wissen sie sonst noch, wovon wir keine Ahnung haben?
    Bei geöffnetem Verschluss hob er das Gewehr höher und drehte es, um in den Lauf zu blicken. Anhand des fahlen, reflektierenden Lichts, das durch die Mündung fiel, erblickte er die engen Spiralbahnen des gezogenen Laufs. Die Bahnen waren schmaler und enger gezogen als bei einer Springfield oder auch bei Hans’ altem Sharps-Karabiner. Während er Ha’ark im Auge behielt, legte er die Waffe bei offenem Verschluss an und blickte am Lauf entlang. Ungeachtet des Gewichts war das Gewehr gut ausgewogen, und er zielte auf die flackernde Lampe, die im Mittelpunkt der Jurte hing. Die Waffe wies nur eine einzige hintere Zielerfassung auf, und als er mit zusammengekniffenem Auge hindurchblickte, bemerkte er, dass es sich dabei um ein justierbares Guckloch handelte, das man zur Anpassung an verschiedene Schussdistanzen vor- und zurückschieben konnte. Die einzige Waffe mit einer solchen Guckloch-Visierung, die Hans zuvor jemals gesehen hatte, war das Sharps-Präzisionsgewehr, mit dem Berdans Scharfschützen ausgestattet worden waren.
    Die in die Zielerfassung einradierte Schrift war für Hans nicht zu entziffern, aber er vermutete, dass jede der Neigungsmarken für ungefähr hundert Meter stand, da man die Flugbahn über annähernd diese Distanz justieren musste, um das Absinken der Kugel auszugleichen.
    »Seltsam. Die Schwerkraft muss auf diesem Planeten etwas geringer sein«, sagte Ha’ark. »Mir ist aufgefallen, dass die Zielerfassung hier nicht ganz präzise arbeitet.«
    Hans blickte ihn erstaunt an. Er hatte Ferguson darüber reden hören und erinnerte sich noch daran, dass er sich selbst ein bisschen leichter gefühlt hatte, als er zum ersten Mal diesen Planeten betrat. Er hatte jedoch nie weiter darüber nachgedacht.
    Hans legte das Gewehr auf den Boden und hob die Kugel auf. Es handelte sich eindeutig um eine Messingpatrone mit einem Kaliber von ungefähr fünfzig, aber die Kugel war hart und spitz. Er spürte, dass sie mehr Wucht ins Ziel brachte als die alte Minikugel der Springfield.
    »Von woher hast du das Gewehr mitgebracht?«, fragte Hans.
    »Von meiner Heimatwelt.«
    Hans sagte nichts.
    »Darin liegt zum Teil der Grund, warum ich mit dir reden möchte. Ich stamme wie du nicht von diesem Planeten. Ich bin durch den Tunnel aus Licht gekommen.«
    »Und du hattest dabei schon dieses Gewehr?«
    »Auch ich war Soldat, obwohl ich es damals nicht sein wollte. Und du?«
    »Ein Soldat. Wie wir hierhergekommen sind …«
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher