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Formbar. Begabt

Formbar. Begabt

Titel: Formbar. Begabt
Autoren: Juna Benett
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Jan und rührt sich nicht. Wie kann das sein?
    War ich so betrunken, dass mir einige Sekunden fehlen? Zugegebenermaßen weiß ich nicht genau, was ich in Form dieser farbenfrohen Cocktails zu mir genommen habe, aber war es genug Alkohol, um ein – wenn auch kurzes – Blackout zu provozieren? Hat mich jemand unter Drogen gesetzt? Ich wälze die Gedanken umher, komme aber nur zu dem unbefriedigenden Schluss, dass ich wirklich weniger vertrage als erwartet. Über dieser Erkenntnis schlafe ich ein.
    Mit leichten Kopfschmerzen wache ich am nächsten Morgen auf und setze mich mit einer Tasse Kaffee an den Rechner. Die unerfreuliche Situation des gestrigen Abends steckt mir in den Knochen, und ich bin mir durchaus bewusst, dass ich allein durch Denise' dramatischen Auftritt gerettet wurde. Wäre sie nicht aufgetaucht und hätte Jan aus dem Verkehr gezogen: Die unvergessliche Blamage wäre mir sicher gewesen. Nie wieder werde ich ihm unvorbereitet unter die Augen treten.
    Bei der Suchmaschine meines Vertrauens gebe ich »geistreiche Fragen« ein:
    Was war zuerst, Huhn oder Ei?
    Äh, nein. Damit werde ich sein Herz mit Sicherheit nicht gewinnen.
    Vielleicht ist der Begriff »geistreich« zu philosophisch. Ich versuche es mit »gute Fragen beim Flaschendrehen«. Mann, muss ich verzweifelt sein.
    Was ist dein Traum vom vollkommenen Glück?
    Zu abgehoben. Ich will mir seinen Blick gar nicht vorstellen, wenn ich ihn mit dieser Frage belästige. Das Internet war auch schon mal hilfreicher.
    Plötzlich fällt mir eine Frage ein, die weder extrem tiefgründig (»Wenn du eine Sache auf der Welt ändern könntest, was wäre es?«) noch total oberflächlich (»Was ist deine Lieblingsfarbe?«) ist.
    Wovor hast du Angst?
    Wieso habe ich gestern nicht daran gedacht? Nicht so leicht, dass man sich die Antwort aus dem Handgelenk schütteln kann, aber auch nicht zu persönlich, sodass er es als Angriff auf seine Privatsphäre sehen könnte. Die perfekte Frage. Leider findet meine Recherche ein Tag zu spät statt. Ich hätte mich früher vorbereiten müssen! Aber was soll's, immerhin bin ich dieses Mal haarscharf an der Oberblamage vorbei geschlittert. Ab sofort bin ich für jedes Gespräch gerüstet.
    Mit mir zufrieden verbringe ich den Rest des Sonntags im gemütlichen Gammellook mit einem Buch auf der Couch. Meine Leseorgie wird nur durch das gemeinsame Abendessen unterbrochen, bei dem ich meinen besorgten Eltern ein paar vage Informationen über die Party gebe. Die wesentlichen Aspekte wie z.B. einen schwarzhaarigen Typen oder ein buntes Getränk lasse ich natürlich aus.

***
    Der Mensch ist ein Herdentier, das nur innerhalb einer Gruppe existieren kann. Sein ganzes Leben ist geprägt von sozialen Strukturen und Interaktionen.
    Nur durch die Anerkennung des Kollektivs fühlt er sich bestätigt und erlangt dadurch Sicherheit. Auf sich allein gestellt fehlt dem Menschen Halt und Beständigkeit.
    Ich hingegen schöpfe meine Stabilität aus dem Wissen der eigenen Überlegenheit heraus und bin unabhängig, unbeeinflussbar durch die Einwirkung anderer.

4
    Sorglos
    Ferien! Das ist der erste Gedanke, der sich in meinem Kopf formt, als ich am Montagmorgen nicht vom Klingeln des Weckers, sondern vom Gezwitscher der Vögel vor meinem Fenster geweckt werde. Zwei Wochen lang weder frühes Aufstehen noch Hausaufgaben. Ich glaube, ich bin im Himmel! Dafür aber auch zwei Wochen lang keinen Jan. Diesem Umstand stehe ich mit gemischten Gefühlen gegenüber. Einerseits stellt sein Anblick das Highlight meines Schultages dar, andererseits scheint unsere Bekanntschaft unter keinem guten Stern zu stehen. Kann man jemanden nicht mögen, ohne ihn zu kennen? Habe ich ihn womöglich zu offensichtlich bewundert? Fühlt er sich belästigt? Wahrscheinlich ist es sinnvoll, uns zwei Wochen ausnahmsweise nicht zufällig über den Weg zu laufen.
    Ein Blick zur Uhr lässt mich aus dem Bett springen und in hektische Betriebsamkeit verfallen. Am frühen Mittag werde ich zum Zelten abgeholt und habe bisher nichts gepackt.
    Zuerst widme ich mich im Bad meiner Morgentoilette inklusive einer ausgiebigen Dusche. Wer weiß, wann ich das nächste Mal die Gelegenheit dazu habe? Immerhin werden wir drei Tage in der Wildnis verbringen! Na gut, eigentlich zelten wir auf einem Campingplatz mit sanitären Anlagen und einem kleinen Café. Ansonsten wäre ich kaum freiwillig dabei. Trotzdem sollte ich mir Gedanken machen, welches Gepäck das naturnahe Leben erleichtern kann.
    Ich
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