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FOOD CRASH

FOOD CRASH

Titel: FOOD CRASH
Autoren: Felix zu Löwenstein
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wieder zugenommen haben. Gemessen am durchschnittlichen täglichen Verbrauch liegen sie in der Größenordnung von gut zwei Monaten. Nur wenig größer sind die Vorräte des wichtigsten Grundnahrungsmittels, dem Reis. Oder, anders ausgedrückt: Würde ab sofort auf der Welt nur noch Getreide verbraucht und nirgends geerntet, dann wäre in zwei Monaten Ladenschluss.
    Diese Rechnung zeichnet ein grobes, aber dennoch unübersehbar düsteres Bild. Vor allem im Zusammenhang mit drei weiteren Entwicklungen:
    Das Wachstum der Weltbevölkerung, von der geschätzt wird, sie werde von jetzt 6,9 Milliarden auf über 9 Milliarden Erdenbürger bis Mitte dieses Jahrhunderts ansteigen.
Die Hinwendung von immer mehr zu Wohlstand kommenden Volkswirtschaften zu unserem »westlichen« Lebensstil, der sehr viel mehr landwirtschaftliche Produktionsfläche, Wasser- und Energieeinsatz pro Kopf erfordert.
Und die zunehmende Verwertung landwirtschaftlicher Erzeugnisse für industrielle und energetische Zwecke.
    Der Weltmarktführer für Chemieprodukte, BASF in Ludwigshafen, betreibt einen gut gemachten Internetauftritt für seine Landwirtschaftssparte: www.agrar.basf.de . Hier kann man einen kleinen Film sehen, in dem ohne viel Schnörkel gesagt wird, um was es angesichts dieser Herausforderungen geht: »Nun wird es Zeit, über Produktivität zu sprechen«, [4] heißt es dort in frischem Ton. Diese Schlussfolgerung ist so einsichtig und so zwingend, dass sie den Punkt bildet, auf den irgendwann jedes Gespräch zu diesem Thema kommt.
     
    Eckart Guth ist ein wichtiger Mann. Er ist ständiger Vertreter der EU -Kommission bei den Internationalen Organisationen in Genf. Doch als ich ihn zum ersten Mal sah, saß er auf der Kante eines Podiums, in dessen Mitte die wirklich Wichtigen saßen. Das war am 17. Januar 2009, im Berliner Kongresszentrum, wo ein Kongressprogramm absolviert wurde, das die Internationale Grüne Woche in Berlin begleitet. Aus gegebenem Anlass war es in diesem Jahr dem Thema »Welternährung« gewidmet.
    Da mir auf einer Messe jede Gelegenheit, zu sitzen, recht ist und ich obendrein auf die im Veranstaltungstitel angekündigten »Innovativen Lösungen bei begrenzten Ressourcen« neugierig war, hatte ich mich in dem riesigen Saal niedergelassen. Weit unten auf dem Podium, durch eine Leinwand porenscharf vergrößert, saß die Phalanx der großen Macher und mächtigen Experten: Vorstände der weltgrößten Agrarkonzerne: Kali und Salz (Düngemittel), AGCO (Landmaschinen), Archer Daniels Midland (Verarbeitung landwirtschaftlicher Rohstoffe), BASF (Pflanzenschutzmittel und Gentechnik), die Chefs der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie und des Deutschen Bauernverbandes. Kein einziger Vertreter einer Entwicklungshilfeorganisation war vorgesehen! Das war aber auch nicht nötig, denn die geballte Wirtschaftsmacht des Podiums hatte alles gut im Griff. Die Mahnung des EU -Vertreters: »Wir dürfen das Thema hier nicht nur als Geschäftsmodell verstehen«, kam irgendwie deplaziert rüber. Genau darum und um nichts anderes ging es – ums
Geschäft.
BASF -Vorstand Stefan Marcinowski fasste es in seinem Impulsreferat handlich zusammen: Wir müssen, so erklärte er uns, eine zweite »Grüne Revolution« anzetteln: Mit Hilfe von Gentechniksaatgut, Düngemitteln, Pestiziden [5]  – den Betriebsmitteln, die eine moderne Landwirtschaft braucht, um produktiv zu sein. Und dazu einen funktionierenden Welthandel, damit die Lebensmittel von dort, wo man produktiv ist (also z.B. bei uns), reibungslos zu denen kommen können, die sie für ihre wachsenden Ernährungsansprüche brauchen.
    Damit ist eigentlich alles gesagt: Wenn es zu wenig zu essen gibt, dann muss mehr erzeugt werden. Dafür müssen mehr Dünger, mehr Pestizide und leistungsfähigeres Saatgut eingesetzt werden. Kurz: Wo zu wenig Output ist, da muss mehr Input geleistet werden.
     
    Die Logik der Konzerne ist scheinbar zwingend. Ich bringe sie noch einmal auf den Punkt: Schon heute erleben wir eine Unterversorgung der Märkte, weshalb Menschen hungern. Die Zahl der Menschen steigt unerbittlich an. Sie essen mehr tierische Proteine, wofür mehr Futter erzeugt werden muss. Die Agro-Treibstoffe brauchen rasant mehr Fläche, sonstige nachwachsende Rohstoffe auch. Die Agrarfläche ist aber kaum noch auszuweiten. Also müssen wir mehr auf derselben Fläche erzeugen. Das geht nur mit Sorten, die gentechnisch an die veränderten Ansprüche angepasst sind. Und mit
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