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FOOD CRASH

FOOD CRASH

Titel: FOOD CRASH
Autoren: Felix zu Löwenstein
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Düngemitteln, damit die Erträge steigen, und mit immer mehr chemischem Pflanzenschutz, damit die Ernten vor Schädlingen und Verderb geschützt werden.
     
    Ist das nicht glasklar gedacht? Schlagend logisch? Unwiderlegbar richtig? Wer wollte sich dem verweigern? Ja, ist es nicht geradezu unverantwortlich, vor diesen Tatsachen und den daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen die Augen zu verschließen?
     
    Wem diese ebenso glatte wie schlichte Argumentationskette genügt, kann an dieser Stelle mein Buch zuklappen und seinen Anschaffungspreis abschreiben. Zur inhaltlichen Feinabstimmung reicht dann die Lektüre der Homepages der obengenannten Unternehmen, die sich gerne und kompetent um des Problems Lösung kümmern werden.
     
    Dass ich dennoch weiterschreibe, zeigt Ihnen, dass ich die Dinge anders sehe. Es zeigt Ihnen, dass ich die Lösung des Problems für sehr viel komplexer halte, weil auch das Problem selbst sehr viel komplexer ist. Und es zeigt Ihnen, dass ich die Vorstände von BASF , Bayer oder Monsanto nicht für geeignet halte, einen Ausweg aus den Sackgassen von Landwirtschaft und Ernährung zu finden. Sie selbst haben diese Sackgassen angelegt, und ihr Motiv ist es, darin dennoch Gewinnchancen für ihre Aktionäre zu finden.
     
    Ich will Sie einladen, in vier Schritten zu einer Perspektive zu kommen, die eine völlig andere ist als die, die auf dem Podium in der Berliner Kongresshalle eingenommen wurde.
     
    Im dritten Kapitel soll der Frage nachgegangen werden, ob das Welternährungsproblem tatsächlich ein Produktivitätsproblem ist. Ob es also auf einer zu geringen Produktion je Hektar [6] Ackerfläche beruht. Möglicherweise werden wir dabei entdecken, dass schon das Wort »Welternährung« das Problem so falsch beschreibt, dass daraus die falschen Schlussfolgerungen gezogen werden.
    Im vierten Kapitel will ich die Landwirtschaft unter die Lupe nehmen, die BASF -Mann Marcinowski beschreibt, um darzulegen, weshalb die Hungernden dieser Welt ihre Hoffnung nicht auf die großen Unternehmen setzen können.
    Das fünfte Kapitel beschreibt einen Gegenentwurf: eine Landwirtschaft der »Ökologischen Intensivierung«, die ein gangbarer Weg für die Zukunft unserer Lebensmittelerzeugung ist – ein Weg, den nicht zu beschreiten wir uns nicht leisten können.
    Und ganz am Ende, im sechsten Kapitel, soll es um die Instrumente gehen, um die Hebel, mit denen eine falsche Agrar- und Lebensmittelwirtschaft aus den Angeln gehoben und in einen zukunftsfähigen Zustand gebracht werden kann. Und schließlich darum, welchen Beitrag Sie dazu leisten müssen.
    Vielleicht legen Sie das Buch jetzt erst mal weg und holen sich – je nach Tageszeit – eine gute Tasse Tee oder ein Glas Rotwein. Dann kommen Sie wieder, blättern um, und dann legen wir zusammen los.

[home]
    3.
    Hunger auf der Welt:
Geht’s wirklich nur um die Produktionsmenge?
    Gewalt macht hungrig:
Kriege und Konflikte
    Es gibt eine Geschichte, die gerne erzählt wird, um zu illustrieren, wie wichtig die Errungenschaften der modernen Landwirtschaft sind.
    Es ist die Geschichte der Iren, die in den 40er und 50er Jahren des 19. Jahrhunderts ihr Vaterland verließen und sich daranmachten, in den Vereinigten Staaten von Amerika zu einer der stärksten Einwanderergruppen zu werden. [7] Sie waren im Wesentlichen Hungerflüchtlinge. In Irland zu bleiben war für sie keine Alternative, obwohl sie wie alle Iren die Grüne Insel heiß und innig liebten. Denn dort gab es nicht genug zu essen für alle. Der Feind, der sie aus dem Land vertrieb, war unsichtbar klein. Er befiel das wichtigste Nahrungsmittel, die Kartoffel. Er ließ das Kraut so früh verdorren, die Pflanze so früh absterben, dass in der Erde kaum mehr als walnussgroße Knollen entstehen konnten. Und die begannen im Lager dann auch noch zu faulen, so dass auch bei strengster Rationierung der Winter kaum vorbei war, als aus den Erdmieten und Kartoffelkellern schon nichts mehr zu holen war. Der Feind hieß
Phytophtora infestans,
»potato blight« auf Englisch. Wir beschreiben seine Wirkung im Namen mit »Kraut- und Knollenfäule«.
    Die Schlussfolgerung und Lehre daraus: Hätten die Iren damals schon Wirkstoffe wie Mancozeb, Maneb oder Fluazinam gehabt – oder wie sonst noch die Fungizide (Pilzbekämpfungsmittel) heißen, dann hätten sie nicht gehungert und, wer weiß, John F. Kennedy wäre nie nach Berlin gekommen.
    Das ist die Version, die ich schon in manchem Vortrag von
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