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Flying Moon (German Edition)

Flying Moon (German Edition)

Titel: Flying Moon (German Edition)
Autoren: Katrin Bongard
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brauchen sie wieder Statisten. Wie wär´s?«
    Meine Mutter verschaffte mir immer mal wieder Statistenjobs am Theater.
    »Wieso kann ich das nicht machen?«, maulte Lion.
    »Sorry, Lion, dafür suchen sie Dienstmädchen. Aber wenn du ...«
    »Schon gut.«
    Er schmollte etwas, aber das hielt er nie lange durch. Wir aßen und machten gemeinsam den Abwasch. Danach ging meine Mutter zum Arbeiten in ihr Zimmer.
    Lion sah mich an. »Auf den Schuppen?«
    »Unbedingt.«
    Wir gingen nach draußen zu dem Anbau, kletterten über eine alte Feuerleiter auf das Dach und setzen uns hinter den Baum, der das Gebäude überragte, damit uns vom Vorderhaus niemand sah. Doch es war eh dunkel. Ich atmete tief ein. Es war gut hier draußen zu sein, auf dem Schuppen, an einem der besten Plätze der Welt. Wir legten uns auf den Rücken und sahen in die Sterne, die langsam aus der Wolkendecke hervorkrochen. Ich spürte, wie meine Gedanken weit wurden. Als ob der Himmel alles in meinem Kopf sortierte und nur noch die klaren, schönen Gedanken übrig blieben.
    »Findest du es nicht auch unheimlich, dass das immer weiter geht.«
    »Was?«
    Lion zeigte nach oben. »Na, das Weltall. Dass es kein Ende gibt.«
    »Ich dachte, es wäre alles gekrümmt.«
    »Wie gekrümmt?«
    »Kein Ahnung. Sagen sie doch immer. Du wirfst eine Rakete hier hoch und ihre Bahn wird abgelenkt von den schwarzen Löchern und der schwarzen Materie.«
    Lion seufzte. »Wie Schule.«
    »Wie Schule?«
    »Na, die ist auch so eine schwarze Materie.« Lion drehte den Kopf zu mir und grinste. »Lenkt einen doch total von seinem Weg ab, oder?«
    Ich grinste zurück. »Ja, und die Lehrer sind die schwarzen Löcher.«
    »Nein, so viel Macht haben die nicht. Die sind nur Asteroiden. Irgendwelche Gesteinsbrocken, die nutzlos im All herumfliegen.«
    »Aber sie sollten dich nicht treffen.«
    Lion nickte, sah nach oben. Dann sprang er unvermittelt auf. »Ach, Mist.«
    »Was?«
    »Ich muss noch `ne Entschuldigung abgeben.«
    Er ging zum Rand des Daches und kippelte auf der Kante herum. »Meinst du, ich bin verletzt, wenn ich hier runterspringe?«
    Ich richtete mich beunruhigt auf. »Ist nicht nötig. Ich kann die Entschuldigung schreiben.«
    Er drehte sich um. »Für eine Woche?«
    »Verdammt, Lion!«
    Er kam zurück und kramte in seinen Hosentaschen. »Du kriegst auch was dafür.«
    Ich sah auf die kleine schwarze Kugel in seiner Handfläche. »Okay, ne Murmel?«
    »Nein, das ist für `nen Joint«, sagte er empört.
    Er kramte Tabak und Blättchen aus der anderen Tasche und hielt mir alles hin. Es war ein Vertrauensbeweis, aber ich war skeptisch.
    »Wo hast du das her?«
    »Schule.«
    »Ich dachte, du wärst nicht da gewesen.«
    »Pause.«
    Ich sah ihn an und wartete. Er verdreht die Augen. »Was denkst du denn. Die haben mir das geschenkt.«
    »Um dich abhängig zu machen?«
    »Na und? Ich bin von Mama abhängig, der Schule, den Lehrern, da macht das ja echt keinen großen Unterschied ...«
    »Doch!«
    »Und jetzt?« Er dreht das piece zwischen seinen Fingern, sah mich an, grinste schräg. Eigentlich war es schade, es wegzuwerfen und Lion würde auch ohne mich kiffen.
    »Okay, aber das bleibt eine Ausnahme!«
    »Natürlich.«
    Ich drehte den Joint, dann legten wir uns wieder auf den Rücken und rauchten ihn zusammen. Er schmeckte nach altem Tabak. Eigentlich sollte der Joint uns aufheitern, stattdessen Lion wurde immer stiller.
    »Vermisst du Pa?«, fragte er leise. »Meinst du, er ist tot?«
    »Das würden wir vermutlich sofort erfahren.«
    »Er ist nicht bei Facebook.«
    »Das heißt nicht, dass er tot ist.«
    Lion nickte nicht ganz überzeugt. Wir hatten Dad im Internet gegoogelt, wir hatten ihn auf diversen Seiten von Filmproduktionen gefunden, er arbeitete als Drehbuchautor, er lebte irgendwo in LA, aber weiter waren wir bisher nicht gekommen. Ich wusste, dass meine Mutter meinen Vater gebeten hatte, sich erst wieder zu melden, wenn sie sich mit uns neu eingerichtet hatte. Ich fand, wir waren gut eingerichtet, aber sie vertröstete uns ständig. Für Lion war es hart, er vermisste Dad. Ich kam besser damit klar, aber mich beschäftigte noch eine andere Sache. Meine Eltern hatten sich geliebt. Große Liebe. Das hatten beide jedenfalls immer erzählt. Dass eine große Liebe einfach so zerbrechen konnte, wollte ich einfach nicht glauben.
    »Warum hast du dich in Pa verliebt?«, hatte ich meine Mutter einmal gefragt.
    »Er hat diese sagenhaft blauen Augen und einen tollen Nachnamen.«
    Sie
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