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Flying Moon (German Edition)

Flying Moon (German Edition)

Titel: Flying Moon (German Edition)
Autoren: Katrin Bongard
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sagte es scherzhaft, über ihre Gefühle sprach sie nicht gern. Lion und ich hatten die sagenhaft blauen Augen geerbt und sie den Nachnamen behalten. Also kein Verlust für sie. Wirklich?
    »Ich werde verdammt noch mal nicht high von dem Joint«, sagte Lion und sah mich beunruhigt an. »Meinst du, das ist normal?«
    Ich grinste. »Tja, Lion, ich fürchte, da ist kein bisschen Droge drin.«
    Am nächsten Tag war Schule. Ich war wie immer zu spät, meine Liste von Verspätungen war gigantisch. Sophia saß schon auf ihrem Platz. Sie trug ihre langen Haare offen, sie lagen glatt auf ihrer Schulter und hatten einen Shampooglanz, den ich in der Werbung für einen Computertrick gehalten hätte. Hundert Bürstenstriche, ich scheiterte täglich daran, aber meine Haare waren auch nicht glatt und blond, sondern braun und wellig und eigentlich immer durcheinander. Ich schob mich neben Sophia und atmete aus. Pünktlich. Oder zumindest vor Schneider.
    »Moon!«
    »Was?«
    Sophia liebte meinen Namen. Sie fand ihn originell und cool. Ich fand, es war wie ein dicker Stempel auf meiner Stirn: Kind aus kreativ-chaotischem Elternhaus. Denn genauso war es.
    »Schau mal!«
    Sophia zeigte aus dem Fenster. Sie hatte diese kleinen roten Flecken um den Mund, die sie immer bekam, wenn sie aufgeregt war. Vielleicht ihre einzige Schwäche.
    »Was?«
    Ich konnte mir nicht vorstellen, was auf einem Schulhof Aufregendes passieren sollte. Schüler, die zum Eingang schlurften, ein paar Krähen, die sich bei den Mülleimern um weggeworfene Pausenbrote stritten.
    »Wo?«
    »Siehst du die?«
    Sophia zeigte auf zwei Typen mit Basecaps, die den Hof überquerten.
    »Na, und?«
    »Fräulein Parker, hier ist die Tafel.«
    Alle lachten. Sehr witzig.
    Ich hatte gar nicht bemerkt, dass Schneider gekommen war. Sophia flüsterte einfach weiter.
    »Es sind Leute vom Film. Sie waren gestern schon in der 11 und schauen an unserer Schule nach ...« Sie stockte.
    »Schauspielern?«, half ich nach, obwohl ich wusste, dass sie genau dieses Wort weise umschiffte. Schauspieler waren Profis, wir waren Schüler, die manchmal Schultheaterstücke aufführten.
    »Na ja, einer ist Regisseur und du und Karl, ihr seid doch bei Darstellendem Spiel. Ihr könntet mitmachen!«, sagte sie begeistert. Sophia war ein Film- und Theaterfreak und obwohl sie selber nie mitspielte, fand sie das natürlich aufregend. Ich schüttelte entschieden den Kopf. Auch ich liebte Theater, aber Film war etwas anderes. Vielleicht nicht für Sophia und alle anderen, aber für mich. Mein Vater war beim Film. Das war der Unterschied. Film, das war gefährliches Terrain. Meine Mutter hatte praktisch alles, was mit Film zu tun hatte, aus ihrem und damit auch unserem Leben verbannt. Kein Fernseher. Selten Kinobesuche. Wenn ich mich für Kino oder Film interessierte, dann wurde ich auf eine seltsame Weise untreu und meine Mutter nahm mir das übel. Das war nicht logisch, aber ich hielt mich besser daran.
    Sophia sah mich verständnislos an. »Aber Karl sagt, du bist die Beste bei DS.«
    »Karl ist nur nett.«
    Sie grinste. »Das stimmt allerdings.«
    Darstellendes Spiel fand in der Aula statt. Als Karl und ich den Raum betraten, saßen die beiden Filmleute schon auf einer der Bänke am Rand. Karl war vor einem halben Jahr mit Sophia zusammen gewesen, irgendwann hatte Sophia sich von ihm getrennt, die beiden waren Freunde geblieben und nun waren wir oft zu dritt zusammen. Ich war froh, dass Karl und ich zusammen bei DS waren. Wir verstanden uns gut und probten viel gemeinsam, auch wenn die Hälfte der anwesenden Mädchen mich dafür hasste. Karl war die Sorte Junge, die immer von Mädchen umschwärmt wurde und niemand, Sophia eingeschlossen, verstand, warum wir »nur« gute Freunde waren. Wir wussten es. Nach einer Nacht, in der wir fast miteinander geschlafen hätten, war uns klar geworden, dass wir bessere Freunde als Liebhaber waren.
    In der Aula war es ungewöhnlich voll, offenbar war der Kurs spontan auf dreißig Schüler angewachsen, die sich Hoffnungen auf eine Rolle in einem Kinofilm machten. Schneider, der auch DS unterrichtete, wirkte leicht überfordert und überließ alles den Filmleuten.
    »Ich bin Uli von Delling und Regisseur und das«, sagte der eine und deutete auf seinen Kollegen, »ist Gero, mein Regieassistent. Wir sind auf der Suche nach Darstellern für unser Filmprojekt Heimweh . Wir suchen noch einen Jungen und drei Mädchen und wollen diese Stunde für ein kleines Casting nutzen.«
    Gero
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