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Flucht vor den Desperados

Flucht vor den Desperados

Titel: Flucht vor den Desperados
Autoren: Caroline Lawrence
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Woche.«
    Jace grinste. »Nein. Heute ist erst Montag. Und es ist Mittagszeit. Was hältst du von einer Tasse schwarzen Kaffee & einem Stück Torte?«
    Ich sagte: »Bee.«
    »Wie bitte?«, fragte Jace.
    Ich sagte: »Hieß das kleine Mädchen Bee Bloomfield?«
    »Ich bin mir nicht sicher«, sagte Jace. »Aber da kommt sie ja. Du kannst sie selber fragen.«

KONTOBUCHBLATT 47

    »So«, sagte Sam Clemens, als der Arzt den Wildlederärmel abschnitt, »dann sieht es wohl so aus, als hätte ich mich geirrt. Die kleine Smith & Wesson kann also doch treffen.«
    »Ja, das kann sie«, sagte ich. »Und es tut höllisch weh, verdammt. Entschuldigt mein Temperament. Aber egal, mit Ihnen spreche ich nicht. Sie sind ein verlogener heuchlerischer Schurke.«
    Wir befanden uns im Anbau der
Territorial Enterprise
auf der A Street. Sam Clemens war auf dem Weg gewesen, den angeblichen Einsturz zu untersuchen und hatte mich zusammen mit Jace & Stonewall & Bee Bloomfield gesehen. Er hatte ihnen gesagt, dass sie mich hierherbringen sollten. Außerdem hat er Horace, den Druckerteufel, losgeschickt, um den Doktor zu holen.
    Ich lag auf zerknitterten Laken auf einem der Stockbetten. Jace & Stonewall und einige Zeitungsleute umringten mich, während der Doktor meinen Arm untersuchte. Auch Bee Bloomfield war da. Sie hielt die Schüssel für den Doktor.
    »Warum nennst du mich einen verlogenen heuchlerischen Schurken?«, fragte Sam Clemens. »Ich gestehe, ich kann heuchlerisch sein, und es ist ja bekannt, dass ich auch schon mal gelogen habe, aber warum ein Schurke?«
    Ich sagte: »Weil Sie Walt, dem Schnitzer, meinen echten indianischen Namen und alle möglichen anderen Sachen verraten haben.«
    Sam Clemens sagte: »Er drohte, mir ein Ohr abzuschneiden, wenn ich ihm nicht ein paar Informationen über dich gäbe. Ich dachte, dein indianischer Name würde von allem, was ich ihm verraten konnte, noch am wenigsten Schaden anrichten.«
    »Das war aber falsch gedacht«, erklärte ich Sam Clemens. »Walt, der Schnitzer, hat so getan, als wäre er mein Vater. Und weil er meinen indianischen Namen kannte, hätte er mich beinahe überzeugt.«
    »Wie lautet denn dein indianischer Name?«, fragte Poker Face Jace. »Das würd ich gerne wissen.«
    Sam Clemens öffnete den Mund, aber ich fuhr dazwischen: »Wagen Sie’s bloß nicht!«
    »Trink das hier«, sagte der Doktor und reichte mir ein Glas mit einer blassgelben Flüssigkeit.
    »Was ist das?«
    »Laudanum. Das nimmt den Schmerz, während ich nach der Kugel suche.«
    Der Doktor hob meinen Kopf, Bee setzte mir das Glas an die Lippen & half mir beim Trinken. Es schmeckte merkwürdig & brachte meinen Mund zum Kribbeln.
    »Wie hast du herausbekommen, dass Walt gelogen hat?«, fragte Poker Face Jace.
    Ich legte mich zurück aufs Kissen. »Er hat sich den Nacken gerieben & den Kopf geschüttelt«, erzählte ich. »Aber der entscheidende Hinweis war, dass er aufgehört hat, auf seinem Tabak herumzukauen. Da wusste ich, dass er blufft.«
    »Bravo«, sagte Jace. »Du lernst schnell. Ich brauchte eine Stunde, um das herauszufinden.«
    »Ich bin ein guter Lügner«, bemerkte Sam Clemens. »Ich habe eine Geschichte über sechzehn Heuwagen geschrieben, obwohl es nur einen gegeben hat. Aber ein Schurke bin ich nicht.«
    Irgendwie wurde mir warm, und es kam mir vor, als würde ich schweben. »Sie haben komische Ohren«, sagte ich zu Sam Clemens. »Und gar keine Ohrläppchen.«
    »Was ist mit meinen Ohren?«, fragte Bee, warf ihre Locken zurück und wandte ihr Gesicht ins Profil.
    »Die drehen sich im Kreis«, sagte ich.
    »Ich denke, das Laudanum wirkt nun«, sagte der Doktor. »Jetzt werde ich mal nach der Kugel suchen.« Er lächelte mich an. »So, junger Mann, ich habe gehört, dein Name ist Pinkerton, genau wie meiner.«
    »Sie sind ein Pinkerton?«, fragte ich.
    »Jawohl, bin ich. Doktor Thomas H. Pinkerton. Und du bist mit den Pinkertons aus Chicago verwandt?«
    »Das dachte ich zumindest«, sagte ich. »Doch jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher.«
    Mir war übel. Aber das konnte durchaus daran liegen, dass Doc Pinkerton auf der Suche nach einer Metallkugel in meinem Arm herumstocherte.
    »Lass dich davon nicht betrüben«, sagte Sam Clemens.»Du bist nicht der Erste und wirst auch nicht der Letzte sein, der nicht weiß, wer sein Vater ist.«
    »Eins weiß ich aber«, sagte ich, »dass ich mich wie ein Pinkerton
fühle
. Ich meine, ich löse gerne Rätsel und kriege raus, was hinter den Dingen
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