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Flucht vor den Desperados

Flucht vor den Desperados

Titel: Flucht vor den Desperados
Autoren: Caroline Lawrence
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Fuchsschwänze herab. Ein Schild auf seinem Schreibtisch verriet mir, dass es sich um MR RUFUS E. ARICK, RECORDER, handelte. »Hast du einen Claim, den du registrieren lassen möchtest?«
    »Nicht direkt, Sir«, sagte ich. Ich reichte ihm den Bogen Papier in meiner Hand. »Aber ich habe das hier.«
    Mr Rufus E. Arick runzelte die Stirn. »Das ist ein WAN-TE D-Plakat «, sagte er. »Walt Darmitage – alias Walt, der Schnitzer – wird in vier Staaten und Territorien wegen Mordes, Raub und Folterung gesucht. Die Belohnung beträgt 2000 Dollar .« Er schaute mich an. »Um deine Belohnung zu kassieren, musst du zum Marshal gehen. Der Nächste bitte.«
    »Warten Sie«, sagte ich. »Drehen Sie es um.«
    »Wie bitte?«
    »Schauen Sie sich die Rückseite des Plakats an.«
    Mr Rufus E. Arick drehte das Papier um. Dort, auf der Rückseite, hatte ich all die kleinen Schnipsel des Briefes, den ich zerrissen hatte, zusammengeklebt. Ich hatte alle Stücke gefunden, bis auf eines. Das fehlte ganz oben, aber an einer unwichtigen Stelle des Dokumentes. Es waren einige Blutflecken darauf, doch die Schrift konnte man noch lesen.
    Er schaute den zusammengeklebten Brief an. Dann schaute er mich an. Dann schaute er wieder den zusammengeklebten Brief an.
    »Mein Sohn, ist es das, was du mir geben wolltest? Ich bin mir nicht sicher, dass es sich hier um ein rechtskräftiges Dokument handelt.«
    »Schauen Sie hier«, sagte ich. »Es ist unterschrieben & bezeugt. Unterschrieben von Ethan Allen Grosh & bezeugt von Robert Pinkerton im November 1857.«
    Rufus E. Arick schüttelte langsam den Kopf. »Selbst wenn es rechtskräftig sein
sollte
, ist so viel Zeit vergangen: beinahe fünf Jahre. Du müsstest damit zwangsläufig vor Gericht gehen. So ein juristischer Prozess kann sichüber Monate hinziehen. Man wird bis zum bitteren Ende gegen dich kämpfen.«
    Ich fragte: »Wer ist man?«
    »Nun, die Hälfte aller Minenbesitzer von Virginia City. Dieser Brief bedroht sie alle. Die Einzigen, die dabei reich werden, sind die Anwälte.«
    Ich spürte, wie mir das Herz bis in meine Mokassins rutschte. Hatte ich mein Leben für nichts und wieder nichts riskiert?
    »Mach dir nichts draus, kleiner Kumpel«, sagte einer der zerzausten Silberschürfer. »So ist das Leben im Comstock. Am einen Tag heißt’s Bonanza, und am nächsten Borrasca.«
    »Ich kaufe den Brief«, sagte eine Stimme von der Tür aus.

KONTOBUCHBLATT 49

    Alle drehten sich um.
    Der Mann in der Tür trug einen schwarzen Gehrock & graue Hosen. Er war blond & glatt rasiert, abgesehen von seinen Koteletten. »Mein Name ist Billy Chollar«, sagte er, »und mir gehört die Chollar-Mine.«
    »Die Chollar-Mine«, flüsterte Dan De Quille mir zu, »liegt dreißig Meter von der Comstock-Ader entfernt, südlich von hier, nicht weit von der großen Grenze.«
    Billy Chollar sagte: »Mein Anwalt ist Mr William Morris Stewart. Er hat mir geraten, deinen Brief zu erwerben. Er vertritt mich derzeit in einem großen Fall und sagt, einen weiteren könnte ich nicht gebrauchen. Deshalb biete ich dir einen kleinen Abschnitt meiner Mine an. Er wird dir eine Dividende von mindestens 100 Dollar pro Monat einbringen. Selbst in Virginia genügt das, um gut zu leben.«
    Ich erwiderte: »Mein Pa hat gesagt, Anwälte sind die Gefolgschaft des Teufels.«
    Billy Chollar machte einen Schritt vorwärts & nahm seinen Hut ab. Er hatte kleine Tränensäcke unter denAugen, die ihn müde aussehen ließen. »Du müsstest deine Vorurteile bezwingen und selbst einen Anwalt engagieren«, sagte er, »wenn du deinen Anspruch durchsetzen wolltest. Und es müsste ein guter Anwalt sein. Du müsstest gegen mich und die anderen Minenbesitzer vor Gericht ziehen. Vielleicht wärst du am Ende der reichste Mann im gesamten Comstock-Gebiet – in zehn oder zwölf Jahren. Oder du würdest vollkommen verschuldet enden.« Chollar seufzte & blickte zu Boden. »Heute wünschte ich, ich hätte mich mit der Potosi Mining Company geeinigt. So wie die Dinge sich entwickeln, wird mein eigener Prozess gegen sie Jahre dauern.« Er hob seine müden blauen Augen und schaute mich direkt an. »Ich mache dir ein großzügiges Angebot.«
    Ich musterte seine Füße. Sie zeigten auf mich. Seine Schultern waren entspannt, und in seinen Händen hielt er seinen Hut. Keine Anzeichen für einen Bluff. Ich warf Jace einen Blick zu. Er blies Zigarrenrauch aufwärts in die Luft & nickte mir kurz zu.
    Es kam mir vor, als hörte ich die Stimme meines toten Pflegevaters
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