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Flucht im Mondlicht

Flucht im Mondlicht

Titel: Flucht im Mondlicht
Autoren: N. H. Senzai
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Leistung, Anh. Als Gewinnerin des zwei ten Preises erhältst du ein Jahresabonnement der Zeitsch rift der Société Géographique, eine Geschenkpackung Kodak-Filme und einen Familienpass für das Exploratorium.«
    »Super!«, sagte Anh. »Aber keine Flugtickets«, flüsterte sie Fadi zu.
    Er schwieg. Es ist eher unwahrscheinlich, dass zwei von derselben Schule gewinnen . Er schluckte.
    Miss Bethune blätterte die Seite um und fuhr fort. »Den ersten Platz errang Marcus Salle aus der siebten Klasse der Kifer-Junior-Highschool in Belmont. Nun zum großen Sonderpreis …«
    Das ist die Reise , dachte Fadi. Meine Chance , nach Peschawar zu kommen!
    »Der große Sonderpreis geht an Filbert Dewbury aus der elften Klasse der Calvert-Highschool in San José.«
    Was? Nein! Fadi saß mit aufgerissenen Augen da. Ihm wurde kalt und seine Brust schnürte sich zusammen. ICH hätte doch gewinnen müssen! Er rang nach Luft.
    »Fadi, ist mit dir alles in Ordnung?«, fragte Anh leise. »Du siehst gar nicht gut aus.«
    Fadi kam die Galle hoch. Er hatte das Gefühl, sich gleich übergeben zu müssen. Er schloss die Augen und sank in sich zusammen. Er hatte verloren, und Mariam mit ihm.
    »Fadi … Fadi …« Er nahm Anhs besorgte Stimme nur dumpf und undeutlich wahr, als würde sie durch einen Tunnel sprechen.
    »Fadi, was hast du?« Miss Bethune eilte herbei.
    »Das ist für ihn schwer zu verkraften«, hörte er Anh antworten.
    »Du hast eine lobende Erwähnung erhalten, Fadi, von Clive Murray persönlich«, sagte Miss Bethune.
    Fadi schlug überrascht die Augen auf. »Was gewinne ich?«, fragte er hastig.
    Miss Bethune runzelte die Stirn. »Es geht doch nicht bloß darum, etwas zu gewinnen, Fadi.«
    »Doch«, sagte er tonlos. »Sie verstehen nicht. Es geht darum, diese Flugtickets für die Fotoreise zu gewinnen.«
    Sichtlich irritiert überflog Miss Bethune noch einmal die Seite. »Ich fürchte, du hast keinen Preis gewonnen, Fadi.«
    Fadi lehnte sich zurück. Die kalte Erstarrung, die seinen Körper gelähmt hatte, schlug in kochend heiße Wut ihm. Warum habe ich nicht gewonnen? Das ist so ungerecht! Er schlug mit der Faust auf den Tisch und rannte aus dem Raum. Er hörte, dass Miss Bethune und Anh ihm nachriefen, aber das war ihm egal.

Badal
    Fadi zog sich in die Jungentoilette zurück und schloss sich für den Rest des Nachmittags in eine Kabine ein. Er zog die Füße auf den Toilettensitz hoch und blieb still wie eine Statue sitzen, ganz benommen vor Schock, Kummer und Enttäuschung. Nach etwa einer Stunde wurden seine Waden taub. Er stellte die Füße wieder auf den schmutzigen Fußboden, starrte auf die Toilettenpapierfetzen und ein paar Münzen, die dort herumlagen, und versuchte an etwas anderes zu denken.
    Ihm fiel ein, dass Claudia und ihr Bruder sich während ihres heimlichen Aufenthalts im Metropolitan-Museum auch auf einer Toilette versteckt hatten. Doch Claudias Geschichte war gut ausgegangen, während bei ihm alles schieflief. Claudia hatte im Museum ihren Spaß gehabt und das Rätsel um die Statue schließlich mithilfe von Mrs Basil E. Frankweiler gelöst. Und dann war sie mit ihrem Bruder gesund und wohlbehalten nach Hause zurückgekehrt. Bei Mariam und ihm war alles anders gekommen als erhofft. Ich habe sie schon wieder im Stich gelassen .
    Ein paar Sekunden bevor das letzte Läuten den Schultag beendete, schlich er sich hinaus und lief zum Spielplatz der Grundschule hinüber. Er setzte sich auf eine Bank gegenüber dem Klettergerüst und beobachtete ein paar Zweitklässler, die mit dem Kopf nach unten daran hingen, wie Faultiere. Etwas Rosarotes fiel ihm ins Auge – eine Hello-Kitty-Brotdose, die auf dem Bürgersteig lag. Da wurde er so traurig und wütend, dass er die Augen schließen musste. Nach seiner Flucht aus dem Atelier hatte er sich nur noch verkriechen wollen. Er wollte weder Anh noch sonst wem, den er kannte, über den Weg laufen, schon gar nicht in der Cafeteria. Und heimgehen wollte er auch nicht. Er würde Noor sagen müssen, dass er verloren und ihr Geld vergeudet hatte.
    In seine Wut und Enttäuschung mischte sich Scham, als ihm klar wurde, wie idiotisch er sich benommen hatte. Nicht zu fassen, dass ich wie eine Heulsuse aus dem Atelier gerannt bin! Und ich war sehr unhöflich zu Miss Bethune . Aber vor allem konnte er immer noch nicht fassen, dass er verloren hatte. All meine Gebete und meine ganze Geduld waren umsonst .
    »He, Fadi«, rief eine vertraute Stimme von der anderen Seite des
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