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Flucht - Ein Kay-Scarpetta-Roman

Titel: Flucht - Ein Kay-Scarpetta-Roman
Autoren: Patricia Cornwell
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kitschig sind, dass man sie höchstens dem lieben Gott durchgehen lässt. Beryl Madison hätte niemals nach Hause zurückkehren sollen.
    Glänzend wie schwarzes Glas kam ein nagelneuer lTD Crown Victoria langsam auf den Parkplatz gefahren. Weil ich den gewohnten verbeulten Plymouth erwartet hatte, fuhr ich zusammen, als das elektrische Fenster des neuen Ford nach unten summte. »Warten Sie auf den Bus, oder was?«
    Eine verspiegelte Sonnenbrille reflektierte mein überraschtes Gesicht. Elektronisch gesteuert sprang die Türverriegelung mit einem entschlossenen Klicken auf, und Lieutenant Pete Marino versuchte, ein gleichgültiges Gesicht aufzusetzen.
    »Ich bin beeindruckt«, sagte ich, während ich es mir im luxuriösen Inneren des Wagens bequem machte.
    »Gehört mit zu meiner Beförderung.« Er trat aufs Gaspedal und jagte den Motor im Stand hoch.
    »Nicht schlecht, was?«
    Nach all den Jahren mit abgehalfterten Arbeitskleppern hatte Marino es endlich zu einem Prachthengst gebracht.
    Ich bemerkte das Loch im Armaturenbrett, als ich meine Zigaretten herausholte.
    »Haben Sie da Ihr Blaulicht reingesteckt oder bloß Ihren Elektrorasierer?«
    »Ach, Mist«, schimpfte er, »irgendein Penner hat meinen Zigarettenanzünder geklaut. In der Waschstraße. Mein Gott, ich hatte den Wagen erst einen Tag, können Sie sich das vorstellen? Ich fahr also rein, und die Bürsten brechen doch einfach die Antenne ab! Ich schimpfe natürlich wie blöd herum, bin ganz damit beschäftigt, die Sache klarzustellen und den Pennern die Hölle heiß zu machen ...«
    Manchmal erinnerte mich Marino an meine Mutter.
    »... und erst später bemerke ich, dass der verdammte Zigarettenanzünder verschwunden ist.«
    Er hielt inne und kramte in seinen Taschen, während ich meine Handtasche nach Streichhölzern durchwühlte.
    »Hey, Chief, ich dachte, Sie wollten das Rauchen aufgeben«, sagte er ziemlich sarkastisch und ließ mir ein Plastikfeuerzeug in den Schoß fallen.
    »Tu ich auch«, murmelte ich. »Morgen.«
    In der Nacht des Mordes an Beryl Madison war ich ausgegangen. Hatte eine viel zu lange Oper über mich ergehen lassen, gefolgt von ein paar Drinks in einem allzu hochgelobten englischen Pub.
    Der pensionierte Richter, der mich eingeladen hatte, machte im späteren Verlauf des Abends der Bezeichnung »Euer Ehren« nicht mehr allzu viel Ehre. Ich hatte meinen Pager zu Hause gelassen.
    Weil die Polizei mich nicht hatte erreichen können, hatte sie Fielding, meinen Stellvertreter, zum Tatort gerufen. Deshalb war es jetzt das erste Mal, dass ich das Haus der ermordeten Autorin betreten sollte. Windsor Farms war nicht gerade die Art von Gegend, in der man etwas so Abscheuliches vermuten würde. Große Häuser standen zurückgesetzt von der Straße auf makellosen, parkähnlich gestalteten Grundstücken. Die meisten besaßen Alarmsysteme, und alle waren mit Klimaanlagen ausgestattet, so dass niemand ein Fenster zu öffnen brauchte. Mit Geld kann man sich zwar nicht die Ewigkeit, aber zumindest einen gewissen Grad an Sicherheit erkaufen. Ich hatte noch nie einen Mordfall in den Farms auf den Seziertisch bekommen.
    »Offensichtlich hat sie irgendwoher Geld gehabt«, stellte ich fest, als Marino an einem Stoppschild anhielt. Eine Frau mit schneeweißen Haaren, die mit ihrem ebenso weißen Malteserhündchen spazieren ging, schaute uns schief an. Der Hund schnüffelte an einem Grasbüschel herum, bevor er das unvermeidbare tat.
    »Was für ein erbärmlicher kleiner Mopp«, sagte Marino und verfolgte die Frau und den Hund mit einem geringschätzigenBlick. »Ich hasse solche Köter. Kläffen sich die Lunge aus dem Leib und pinkeln überall hin. Wenn ich mir jemals einen Hund anschaffe, dann muss es schon einer mit Zähnen sein.«
    »Manche Leute brauchen einfach nur jemanden, der ihnen Gesellschaft leistet«, erwiderte ich.
    »Na ja.« Dann knüpfte er an meine Bemerkung von vorhin an. »Beryl Madison hatte Geld, und das meiste davon steckt in ihrer Hütte. Sollte sie Ersparnisse gehabt haben, dann hat sie den Kies da drunten mit den Schwulen in Queer West durchgebracht. Wir sind immer noch dabei, ihre Papiere durchzusehen.«
    »Ist irgendetwas davon schon vollständig ausgewertet?«
    »Sieht nicht so aus«, antwortete er. »Wir haben herausgefunden, dass sie gar nicht mal so schlecht war als Schriftstellerin. Kohlemäßig, meine ich. Es scheint so, als hätte sie einige Pseudonyme verwendet. Adair Wilds, Emily Stratton, Edith Montague.« Die
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